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Ruf der Daemmerung

Titel: Ruf der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riana O Donnell
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wollte seine Hand nehmen und ihn ebenfalls auf die Füße ziehen - aber dann sah sie, dass er noch damit beschäftigt war, ihren erschlafften Körper bequem ins Moos zu betten.
    »Wie ... wie ist das möglich, ich ...«, stammelte Viola. Sie hatte schon von Astralreisen und Out-of-Body-Erlebnissen gehört und gelesen, aber sie hatte das nie wirklich glauben können. Und jetzt gab es sie plötzlich zweimal! Sie schaute auf ihre Hände und bewegte sie vor ihrem Gesicht. Alles war normal, sie hatte nicht das Gefühl, ein Geist zu sein. Und dennoch lag da ihr lebloser Körper im Moos ...
    »Nicht mehr dran denken!«, sagte Ahi leise. »Fürchte dich nicht. Sonst zieht deine Angst dich zurück. Komm einfach. Wir werden bald zurück sein ...«
    Ahi war jetzt auch aufgestanden und nahm ihre Hand. Er führte sie zum Ufer, aber diesmal nahmen sie nicht die Barke. Viola meinte ein Lachen zu hören und sah dann das schieferfarbene Pferd im See verschwinden. Ob Lahia sie belauscht hatte? Oder war sie das Willkommenskomitee? Viola hätte sich einen wohlwollenderen Empfang erhofft als ausgerechnet den durch die Jägerin. Aber Lahia ließ sich vorerst auch nicht mehr sehen. Überhaupt zeigten sich weder Mensch noch Tier, als Ahi Viola nun sanft ins Wasser zog. Es war kühl, aber angenehm, einladend. Viola betrat es ohne Furcht.
    »Wir müssen zunächst durch die Gärten ...«, sagte Ahi.
    Tatsächlich durchquerten sie erst seichtes Wasser, dessen Grund mit üppigem Grün bewachsen war. Die Pflanzen schienen nach ihnen zu greifen ... Viola meinte, früher einmal vor Schlingpflanzen am Boden von Gewässern gewarnt worden zu sein. Aber Ahi wehrte sie spielerisch ab. Er schwamm jetzt und hielt Viola dabei an der Hand. Sie selbst war zu fasziniert, um sich aufs Schwimmen zu konzentrieren. Zu seltsam und berauschend schön war der Weg durch das klare Wasser, in das Sonnenstrahlen tauchten wie goldenes Licht. Viola hatte das Gefühl, die Pflanzen am Boden müssten Schatten werfen, aber so stark war die Sonne hier nicht mehr. Sie bemerkte jetzt auch eine Strömung - wohl die gleiche, die vor Kurzem ihr Boot hinausgezogen hatte. Der Sog bewegte die Schlingpflanzen und Viola wurde fast schwindelig vom gleichmäßigen, trägen Tanz der Wassergräser.
    »Spürst du den Rhythmus?«, fragte Ahi. »Er ist Teil des Liedes ... Hör genau hin. Es kann etwas dauern, bis du verstehst ...«
    Ahis Stimme schien in ihrem Kopf zu erklingen. Unter Wasser konnte man doch nicht sprechen! Viola war verwundert. Aber eigentlich war es auch egal. Auf jeden Fall hörte sie jetzt Musik! Sehr fremdartige Musik, vielleicht am ehesten vergleichbar der australischen Didgeridoos. Aber dann mischten sich auch perlende Klänge hinein.
    »Hörst du es? Das sind wir. Die Amhralough. Sie machen Musik. Sie werden auf mich warten ...« Über Ahis Gesicht spielte ein Lächeln, aber kein besorgtes, wie sonst, wenn sein Volk nach ihm rief. Eher schien sich Vorfreude zu regen. Ahi und Viola waren jetzt tiefer im See und der üppige Bewuchs des Bodens wich immer öfter Felsen, auch Gebilden, die Dolmen oder Ruinen glichen. Ahi schüttelte jedoch den Kopf.
    »Nein, wir bauen nicht, Viola. Wir richten nichts auf, wir verändern nichts. Wir sind nur da - wir singen ...«
    Und dann tat sich der Blick auf eine Art Felsengrotte auf, in der Viola Gestalten erkannte. Sie erschrak zunächst, aber die Frau, die ihr entgegenkam, lächelte. Sie bewegte auch die Lippen, aber Viola konnte sie nicht hören.
    »Du musst erst Teil des Kreises werden«, sagte Ahis Stimme in ihrem Kopf. »Komm, setz dich zu uns, hör die Musik, lass dich treiben ...«
    »Kann ich nicht irgendetwas tun?«, Viola formulierte die Frage in ihrem Kopf und war nicht wirklich verwundert, als sie die Worte dabei zu hören meinte. Wie konnte sie Teil von etwas werden, indem sie einfach nur da saß? »Soll ich ... was weiß ich, eine Trommel schlagen oder so was?« Sie sah jetzt, dass jedes der Wesen im Kreis ein Instrument spielte. Auf Ahi selbst wartete etwas, das entfernt an eine Harfe erinnerte. Er ließ Viola los und griff danach, woraufhin sich flirrend leichte, hohe Klangfolgen in die tiefen Grundtöne des Liedes mischten.
    »Sei einfach nur da!«, meinte Ahi.
    Viola versuchte es. Aber es dauerte lange, bis sich ihr der Rhythmus der Musik wirklich erschloss und sie begann, auf ihm dahinzutreiben. Vorerst hatte sie zu viel damit zu tun, die Wesen zu sondieren, die sich hier zu einer so offensichtlich friedlichen und

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