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Ruf der Dunkelheit

Ruf der Dunkelheit

Titel: Ruf der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Rauch
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ich den Wagen wendete und auf den schmalen Waldweg fuhr, der zurück in die Zivilisation führte. 
    Die ganze Fahrt über grübelte ich und fragte mich, ob ich mir vielleicht zuviel von dieser Sache versprach. Julian wirkte unglücklich und orientierungslos. Trotzdem hielt ich weiter an der Hoffnung fest, dass sich in ein paar Tagen vielleicht alles zum Besseren entwickeln würde. Ein Reh sprang ein paar hundert Meter vor mir über die Straße, als ich der Gabelung in die Stadt folgte.
    Ich erreichte die Landstraße und hielt während der Fahrt nach dem vereinbarten Treffpunkt Ausschau. An einer verlassenen Tankstelle, außerhalb des nächstgelegenen Ortes, wollte Chandler auf mich warten. Nach ein paar Meilen tauchte mein Ziel auf der rechten Seite auf und ich drosselte das Tempo, ehe ich die heruntergekommene Einfahrt passierte. Es schien, als hätte sich hierher schon lange niemand mehr verirrt, den alle Fensterscheiben des kleinen Kassenhäuschen waren zerbrochen und der Rost nagte an allem, was aus Metall gefertigt war. Ich parkte neben Chandlers Van und sprang vom Fahrersitz. Der marode Teer knirschte, während ich um das Auto herumlief. In diesem Moment öffnete sich die Fahrertür und ich wurde mit einem kurzen Nicken begrüßt. „Tamara?“ Er musterte mich von Kopf bis Fuß, während er zögernd einen Schritt auf mich zu machte. Ich nickte und deutete mit dem Kinn auf seinen Wagen. „Hast du genug mitgebracht?“
    Mit einem breiten Grinsen öffnete er die Schiebtür des Vans und gab so den Blick auf die weißen Kühlboxen frei, die er zwischen die Sitze gestapelt hatte. „Genau die Menge, die Max bei mir bestellt hat.“ Er nahm eine der Boxen heraus, drückte sie mir in die Hände und schnappte sich selbst eine. Während wir die Blutkonserven in den Kofferraum meines Wagens luden, spürte ich Chandlers neugierige Blicke auf mir. Ich wandte mich ihm zu und zog stumm eine Augenbraue nach oben. „Ist irgendwas?“, fragte ich argwöhnisch. Er räusperte sich kurz und druckste herum, ehe er endlich damit rausrückte.
    „Hm … nö … also na ja, du … deine Augenfarbe, so was hab ich noch nie gesehen.“ Seine Neugier schien ihm jetzt sichtlich unangenehm zu sein. Ich musste schmunzeln. Die meisten unserer Art, die mich nicht kannten, reagierten mit Neugier und Misstrauen auf mich. Schließlich hatten alle anderen grüne Augen. Nur Julian und ich fielen mit dem violetten Glanz unserer Iris damit aus der Norm.
    „Na ja, es könnte daran liegen, dass ich die einzige mit dieser Augenfarbe bin“, erwiderte ich mit einem schiefen Lächeln. Zwar hatte sich auch Julians Iris verändert, doch seine Augen waren extrem dunkel, fast schwarz geworden, der violette Schimmer war nur bei Tageslicht zu sehen. Meine Augen hingegen strahlten in einem reinen Purpur. Dass manche von uns das beängstigend fanden, konnte ich ihnen noch nicht einmal verübeln. Chandler atmete sichtlich auf, als er bemerkte, dass ich ihm wegen seiner Neugier nicht böse war und fuhr damit fort, meinen Kofferraum zu beladen. 
    Als Chandler davongefahren war und ich die Kofferraumklappe zuschlug, hielt ich plötzlich inne und zuckte kurz zusammen. Hinter mir ertönte ein lautes Motorengeräusch. Sofort wirbelte ich herum und sah, wie ein schwarzer Jeep mit getönten Scheiben auf das Grundstück der verwahrlosten Tankstelle bog. Ich sog scharf Luft ein und jeder meiner Muskeln spannte sich automatisch an.
    Der Jeep kam ein paar Meter vor meinem Wagen zum Stehen und es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis sich die vorderen Türen öffneten. Ich konnte schon von dieser Entfernung riechen, dass es sich um Meinesgleichen handelte. Doch ihr Geruch war fremd und so ging ich unmittelbar in Abwehrstellung, als drei schwarz gekleidete Gestalten langsam auf mich zutraten. Zwei von Ihnen schwangen eine Eisenstange, was wohl zu ihrem einschüchternden Auftreten gehören sollte.
    „Na, so ganz alleine hier draußen im Nirgendwo?“, durchschnitt die übertrieben höflich klingende Stimme des Mittleren die Stille. Ich knirschte unwillig mit den Zähnen und aus meinem Kiefer traten meine Fänge, während ich meinen Blick fest auf die Drei geheftet hielt.
    „Was will denn ein so zartes Persönchen wie du, mit so viel Blut?“, hakte der Flankierte nach und schnalzte anzüglich mit der Zunge. „Das geht dich einen Scheißdreck an!“, zischte ich, kaum lauter als das Flüstern des Windes. Ich wusste, sie würden mich auch so verstehen. Der Linke ließ die

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