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Ruf der Dunkelheit

Ruf der Dunkelheit

Titel: Ruf der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Rauch
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„Frühstück ist fertig.“ Dankbar nahm ich das Glas an mich und setzte es an die Lippen. Gierig trank ich davon und spürte, wie das Brennen etwas nachließ. Ich beobachtete Julian, wie er das Glas in der Hand hin und her schwenkte, es nachdenklich betrachtete und schließlich zögernd einen Schluck davon nahm. Ein Keuchen kam aus seiner Kehle und seine Gesichtszüge verhärteten sich, während er die Augen schloss und den gesamten Inhalt in einem Zug trank.
    Ich hörte das Knacken von Glas, Scherben fielen auf den Küchenboden, zerbarsten in winzig kleine Stücke und Julian zuckte zusammen. Er schüttelte sich kurz und starrte auf seine Hand, in der unzählige Glassplitter steckten und das Blut aus den Schnittwunden quoll. Sofort stürzte ich auf ihn zu und umschloss vorsichtig seine Hand. „Ich …“, stammelte er unbeholfen, „ich war gerade wie weggetreten. Tut … tut mir leid.“
    Ich schüttelte den Kopf, während ich damit begann, ihm die Splitter aus dem Fleisch zu ziehen. „Hör auf, dich zu entschuldigen. Wir fangen ja gerade erst an; das wird schon. Und das nächste Mal … nimmst du lieber nichts Zerbrechliches.“ Ich sah zu ihm auf und rang mir ein Lächeln ab, ehe ich den Handfeger unter der Spüle hervorholte und die Scherben auf dem Fußboden zusammenkehrte.
     
    Am späten Nachmittag saß ich am See und war in ein Buch vertieft, als Julian plötzlich neben mich trat. „Was liest du da?“, wollte er wissen und ich sah zu ihm auf. „Ich habe ein paar von Max´ Büchern mitgenommen. Vielleicht findet sich in diesen alten Aufzeichnungen irgendwo ein Ansatz, wie man eine solch extreme Blutgier in den Griff bekommt.“
    Julian schien kurz zu überlegen, zuckte jedoch dann die Schultern. „Na ja, schaden kann es bestimmt nicht.“ Er lächelte schief und beugte sich zu mir herunter. „Aber findest du nicht, an so einem schönen Sommertag wie heute, sollte man auch ein bisschen Spaß haben?“ Sein warmer Atem striff meinen Nacken, während er mir die Worte ins Ohr raunte. Ich sog scharf Luft ein, als er mir einen Kuss in den Nacken hauchte, doch schon in der nächsten Sekunde packte er mich so überraschend, dass ich erschreckt das Buch fallen ließ, während er mich hochhob, über seine Schulter warf und Richtung See rannte. Plötzlich dämmerte mir, was er vorhatte und ich begann, lachend und glucksend zu protestieren. Doch er ignorierte mein Jammern und Flehen und watete mit schnellen Schritten in die Fluten. Er hob mich von seiner Schulter, hielt mich aber weiter umklammert und warf mich ins Wasser. Mit einem kurzen Aufschrei traf ich auf der Wasseroberfläche auf. Die kühle Gischt umfing meinen Körper, zog mich abwärts und als ich die Augen öffnete, sah ich Julian, der ebenfalls untergetaucht war. Sein Gesicht näherte sich meinem, bis ich seine Lippen auf meinem Mund spürte. Wir küssten uns, während wir auftauchten und das Wasser in perlenden Rinnsalen an uns herunter lief.
    „Du bist ja verrückt!“, lachte ich, als er seine Lippen von meinen löste und verpasste ihm einen Stoß in die Rippen. Dabei vergaß ich wieder mal, dass ich eigentlich stärker war, als er. Mit betont gequältem Gesichtsausdruck rieb er sich die schmerzende Stelle. „Deswegen brauchst du mich nicht gleich zu verprügeln!“, entgegnete er gespielt beleidigt, doch um seine Mundwinkel zuckte ein Grinsen.
    „Ich würde sagen, wir sind quitt“, erwiderte ich lachend und begann, aus dem Wasser zu waten. „Da wäre ich mir nicht so sicher!“ Julian hielt mich an der Schulter fest, wirbelte mich zu sich herum und küsste mich stürmisch. Seufzend umklammerte ich ihn und glitt zurück ins Wasser.
     
    Spätnachts saßen wir auf der Terrasse und blickten auf die tiefschwarze Wasseroberfläche. Nur der Mond spiegelte sich milchig darauf. Ich ging kurz in die Küche, um Julians nächste Ration zu holen. Mit der Blutkonserve in der Hand trat ich neben ihn. „Hier, diesmal habe ich darauf verzichtet, es in ein Glas zu füllen.“
    Obwohl er lächelte, verdunkelten sich seine Augen während er danach griff. Seine Finger zitterten leicht, als er den Verschluss abriss. Doch dann führte er die Öffnung zu seinem Mund und sog gierig daran. Ich beobachtete ihn die ganze Zeit über. „Und?“, fragte ich zögernd, „wie … fühlst du dich?“
    Julian antwortete nicht gleich. Er ließ seinen Blick kurz in die Ferne schweifen und sah mich nicht an. „Es fühlt sich auf der einen Seite so gut an. So … richtig. Es

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