Ruf der Dunkelheit
ein, ehe ich ihm antwortete: „Es geht ihm nicht gut. Es kommt mir so vor, dass es schlimmer wird - je stärker er versucht, dagegen anzukämpfen. Aber immerhin konnte ich ihn davon überzeugen, dass wir es nun endlich auf meine Weise versuchen.“
„Und wie sieht dein Plan aus?“ Seine Stimme hatte einen misstrauischen Klang und ich konnte es ihm nicht verübeln. Es fiel mir mittlerweile selbst schwer, daran zu glauben, dass Julian bald wieder der Alte sein würde.
„Er soll menschliches Blut trinken, regelmäßig – so wie ich.“ Ich biss mir kurz auf die Lippen, ehe ich weiter sprach. „Ich hoffe, dass das seinen Zustand soweit stabilisiert, dass er nicht ständig von seiner Gier kontrolliert wird. Ich denke darüber nach, ob wir dafür nicht eine Weile die Stadt verlassen werden. Dann kann er sich voll und ganz auf unser Vorhaben konzentrieren.“
„Hmmm, das klingt vernünftig. Wir können nur hoffen, dass es funktionieren wird.“ Er schien kurz zu überlegen, ehe er weitersprach. „Falls du noch nicht weißt wohin – mir gehört ein Sommerhaus an einem kleinen See mitten im Wald. Es liegt sehr abgeschieden, in einem Wald in South Carolina.“
Ich nahm sein Angebot dankend an, so musste ich wenigstens nicht erst mit Julian nach Italien fliegen. Ich hatte nämlich eigentlich unser Häuschen in den Bergen der Toskana im Sinn gehabt, aber mir erschien es einfacher, ein paar Stunden mit dem Auto zu fahren, als mit Julian in einen, mit Menschen gefüllten Flieger zu steigen.
„Ist bei dir alles in Ordnung, Max?“ In seiner Stimme schwang während unseres Telefonats ein Unterton mit, den ich nicht richtig deuten konnte. Es folgte eine kurze Pause. Offenbar hatte ich mit meiner Vermutung richtig gelegen, irgendetwas beschäftigte ihn. „Ach, es ist nichts … nur …“ Er suchte nach den richtigen Worten.
„Ja?“
„In letzter Zeit spielen mir meine Gedanken immer wieder einen Streich. So wie eine Art …Tagtraum. Und jedes Mal sehe ich ihr Gesicht vor mir …“ Seine Stimme brach ab.
„Valentinas Gesicht?“, hakte ich nach und war irritiert. Was war so schlimm daran?
„Nein …“ Ein gequältes Stöhnen drang durch den Hörer, „Margarethas.“ Ich hörte, wie er geräuschvoll ausatmete und sich dann bemühte, seine Stimme betont heiter klingen zu lassen. „Aber du weißt ja, wie das ist … es gibt Zeiten, da wird man mal mehr, mal weniger stark von seinen inneren Dämonen verfolgt.“ Ein kurzes Lachen erklang, das mich beruhigen sollte.
Ich beschloss allerdings, nicht nachzubohren. Vielleicht bildete ich es mir ja auch nur ein. Schließlich kämpfte ich jeden Tag selbst gegen einen Teil meiner Persönlichkeit an, genauso wie Julian. Ich wollte nichts in Max´ Worte interpretieren, denn schließlich musste ich mich auf das konzentrieren, was vor mir lag.
Max verabschiedete sich von mir und bat mich, ihn regelmäßig über den Stand der Dinge zu informieren. Julians Zustand schien auch an ihm nicht spurlos vorüber zu gehen. Schließlich teilten sie dasselbe Schicksal. Beide wurden vor etwa dreihundert Jahren von Damian in Vampire verwandelt und dann zu abscheulichen Taten gezwungen, von denen manche sie bis zum heutigen Tag verfolgten. So schien es auch nach dieser langen Zeit immer noch mit Margarethas Tod zu sein. Sie war Max´ große Liebe, als er noch ein Mensch gewesen war. Doch dann schlug ihr Verlobter ihn halbtot, nachdem er hinter ihre Affäre gekommen war und er konnte von Damian nur gerettet werden, indem er ihn zum Vampir machte.
Es hatte allerdings seinen Preis, dass Max dem Tode von der Schippe gesprungen war, denn von nun an musste er Damian dienen und seine Heimat, und damit auch Margaretha verlassen. Die Sehnsucht nach seiner Menschlichkeit hatte ihn schließlich so zerfressen, dass er den Plan fasste, zu fliehen. Doch damit nahm das Unglück seinen Lauf.
Damian beauftragte Julian, der Max bei ihm verraten hatte, Margaretha zu entführen und verlangte anschließend von ihm, sie zu töten. Julian hingegen erfuhr erst nach seiner Tat, wer das Mädchen wirklich gewesen war und von diesem Tag an gingen Max und er getrennte Wege. Damian schickte Max fort und Julian floh Hals über Kopf.
Ich fuhr erschreckt zusammen, als die Tür ins Schloss fiel. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich den Aufzug gar nicht gehört hatte. „Wie ist es gelaufen?“, wollte ich wissen, als Julian in der Tür erschien. Seinem Blick nach zu urteilen, hätte er sich den Ausflug
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