Ruf der Vergangenheit
der Erfolg war größer, als Nikita erwartet hätte. „Mein Vorschlag wäre, weiterhin bei dem Verfahren zu bleiben – es ist schon viel ruhiger im Netz.“
„Stimmt“, warf Henry ein. „Keine Gewaltausbrüche mehr.“
Nikita war es nicht gelungen, herauszufinden, wer die vor Kurzem aufgetretene Welle von mörderischer Gewalt in Gang gesetzt hatte, aber sehr wahrscheinlich befand sich der Urheber unter den Anwesenden. Falls es die Leute zurück in den eisernen Griff von Silentium hatte treiben sollen, war das gelungen. Aber die blutigen Vorkommnisse hatten ein Echo im Medialnet hinterlassen – nichts, was in dieses geschlossene System hineingelangte, wurde je wieder daraus getilgt.
Das schienen die anderen Ratsmitglieder vergessen zu haben, sie aber nicht. Nikita war bereits gerüstet für den Augenblick, in dem sie den Preis für diese grausame Strategie würden zahlen müssen.
4
Sechs Stunden nach seinem frühen Anruf bei ihr führte Dev Ashaya Aleine hinunter in den Krankenhaustrakt. Ashayas Gefährte Dorian begleitete sie, sein Mund war ein einziger harter Strich. „Wenn jemand Ekaterina aus dem Labor geholt hat, bevor es zerstört wurde, befand sie sich wahrscheinlich über fünf Monate in den Händen des Rats.“
Ashaya gab einen erstickten Laut von sich, und Dorian fluchte leise. Er zog sie an sich und drückte einen Kuss auf die schwarzen Locken. „Entschuldige Shaya.“
„Schon gut.“ Sie holte tief Luft. „Du hast ja Recht.“
„Und falls es so war“, sagte Dev, „wissen sie alles, was sie jemals getan hat.“
Ashaya nickte. „Ming LeBon wäre sicher in ihren Geist eingedrungen. Er steckt hinter der Zerstörung des Labors – nur er kann sie gefangen genommen haben.“
Die Gewalt, mit der man sich ihres Geistes bemächtigt hätte, wäre allumfassend, dachte Dev zornig. Dem Opfer bliebe kein Ausweg, kein Ort, um wenigstens noch den Anschein aufrechtzuerhalten, alles sei in Ordnung.
„Warum hat man sie vor Ihrer Türschwelle abgeladen?“, fragte Ashaya mit zitternder Stimme. „Als Drohung?“
„Eher als Hohn.“ Dev kannte seine Feinde genau. „Psychologische Kriegsführung.“
Dorian nickte. „Vielleicht möchte Ming Sie dazu bringen, etwas Unüberlegtes zu tun.“
„Sämtliche Shine -Kinder sind in Sicherheit“, sagte Dev, das hatte er in den vergangenen Stunden nachgeprüft. „Leider existiert immer noch eine Grauzone, von uns bereits erfasste Kinder, die unsere Hilfe aber noch nicht angenommen haben.“ Der letzte Maulwurf des Rats hatte das ausgenutzt und Kinder für die Experimente abgefangen, die bereits Kontakt zu den Shine -Beratungsstellen gehabt hatten, aber noch nicht im sicheren Hort der Organisation angelangt waren.
Jedes dieser toten Kinder bescherte Dev unruhige Nächte. Denn Shine sollte Sicherheit bringen, die Verlorenen der Vergessenen aufspüren, die von ihnen getrennt worden waren, als der Rat der Medialen ihre Vorfahren verfolgte. Doch statt eines sicheren Hafens hatten die Kinder den Tod gefunden … während die Aufsichtsratsmitglieder von Shine tatenlos dasaßen und die Köpfe in den Sand steckten.
Dev hätte sie für ihre Blindheit umbringen können, für ihre Weigerung, einzusehen, dass das Ausmerzen erneut begonnen hatte – manche meinten sogar, es wäre ihm beinahe gelungen. Ein Mitglied des Aufsichtsrats hatte einen Herzinfarkt erlitten, nachdem Dev ihnen Fotos der ermordeten Kinder vorgelegt hatte. Mehrere hatten am Rande eines Nervenzusammenbruchs gestanden.
Es hatte sich ihm später aber auch niemand widersetzt, als er gehandelt und den Maulwurf gestellt hatte. „Hier entlang“, sagte er und bog auf einen Flur ein, auf dem kein Laut zu hören war.
„Tally meinte, Sie hätten beim letzten Mal die Rekrutierung gestoppt.“ Dorian sah ihn an, die klaren blauen Augen funkelten unter dem weißblonden Haar. „Werden Sie es diesmal wieder so halten?“
„Nur ein Maulwurf der Medialen könnte die Kinder ausfindig machen“, sagte Dev mit ausdrucksloser Stimme. „Und dieser Mann ist tot.“
Ashaya blinzelte und sah Dorian an, sagte aber nichts. Ihr Gefährte nickte. „Gut so.“
Dev legte seine Hand auf den Sicherheitsscanner der Tür. „Ohne deutliche Hinweise für Schwierigkeiten kann ich das Programm nicht schon wieder einfrieren – wir haben unsere Gründe, so viel Zeit und Geld darauf zu verwenden, Nachkommen der Rebellen zu finden. Einige der Kinder werden wahnsinnig, weil sie sich für Menschen halten.“
Nach hundert
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