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Ruf der verlorenen Seelen

Ruf der verlorenen Seelen

Titel: Ruf der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derting Kimberly
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Ziehen zu ignorieren, als sie in
Seattle wieder anlegten, so nah bei der Leiche. Und auf der
Heimfahrt wurde es nicht besser. Genau wie auf der Fähre
spürte sie ein Unbehagen, das sie einfach nicht loswurde.
    Chelsea brachte Violet nach Hause, und als Violet ausstieg,
hupte sie zum Abschied.
    Violet lachte, etwas zu laut vielleicht, wie um die Spannung
zu vertreiben, die mit jeder Minute schwerer zu ertragen war.

    Als Jay endlich anrief, hatte Violet schlechte Laune. Sie überlegte,
ob sie ihm erzählen sollte, was in Seattle passiert war,
aber eigentlich wollte sie sich nur zusammenrollen und das
Ganze vergessen. Am liebsten hätte sie es ungeschehen gemacht.
    Jay spürte, dass etwas los war, aber er war klug genug, sie
nicht zu bedrängen. Violet brauchte ihre Zeit.
    Sie wusste, dass sie ihm irgendwann davon erzählen würde.
Aber noch nicht jetzt.
    Jetzt musste sie sich erst mal ausruhen. Und vergessen.

3. Kapitel

    Die Dunkelheit war erdrückend, überwältigend. Sie hatte
Angst zu ersticken. Aber noch unerträglicher war die Kälte.
    Wieder tastete sie um sich, wie sie es seit Stunden – oder
Tagen – tat, seit sie gefangen war. Die Zeit hatte jede Bedeutung
verloren, Sekunden verwandelten sich in Minuten und
Stunden. Und Tage.
    Es war nutzlos, vergebens. Sie kam hier nicht raus und das
wusste sie, aber ihr Überlebensinstinkt hinderte sie daran, aufzugeben
und ihr Schicksal anzunehmen.
    Es gab kein Licht. Kein Fitzelchen. Nicht mal einen Schimmer.
    Und kein Licht bedeutete keine Öffnung.
    Sie suchte dennoch, sie konnte nicht aufgeben, sie tastete
mit den Fingerspitzen über alles Erreichbare – den Boden, die
Wände, die Ecken. Sie kannte das alles schon in- und auswendig,
ihre Haut war rau vom Befühlen des harten Metalls.
    Wieder erfasste sie Panik und sie schrie, schlug mit den Fäusten
gegen die Wände. Die Stimme, die aus ihr kam, war ihr
selbst fremd. Eine kleine, schwache Stimme. Sie klang nach jemandem,
der sich mit dem Tod bereits abgefunden hat.
    Die Dunkelheit umfing sie und füllte ihre Lunge, bis sie
kaum noch atmen konnte und schreien unmöglich war. Die
fremde Stimme wurde zu einem Krächzen und hallte um sie
herum, bis sie nach Luft schnappte … nach sauberer Luft … undunkler Luft .
    Sie ließ sich in die Ecke sinken, schlang die Arme um die
Knie und schaukelte hin und her.
    Es war so dunkel.
    Und sie war so allein. Und hatte so schreckliche Angst.
    Sie weinte in das Nichts zwischen ihren Beinen und ihrer
Brust, ihr Schluchzen wurde zu einem fast unhörbaren Wimmern,
als sie sich zusammenrollte.
    Sie wollte nach Hause.

    Nur langsam wurde Violet wach. Sie schluchzte, weinte in ihr
feuchtes Kissen, presste es an sich und versuchte, das Grauen
zu ersticken.
    Sie war verwirrt und wie gelähmt. Erst konnte sie sich an den
Traum nicht erinnern, der so ganz anders war als frühere Albträume,
und sie wusste auch nicht mehr, weshalb sie geweint
hatte. Doch als sie dalag und versuchte, sich zu beruhigen,
kamen nach und nach einzelne Bruchstücke zurück.
    Die erstickende Dunkelheit.
    Die Angst. Schiere Panik.
    Die entsetzliche Ohnmacht.
    Der Hoffnungsschimmer, schwach und flüchtig.
    Als wäre sie lebendig begraben. Eingeschlossen in eine Finsternis,
aus der es kein Entrinnen gab. Violet war völlig aufgewühlt
von dem Traum, obwohl sie sich sagte, dass es nur das
war, ein schlimmer Traum.
    Aber sie konnte nicht daran glauben. Das war kein gewöhnlicher
Traum gewesen.
    Und sie wusste auch, warum. Die Stimme. Das war nicht ihre
eigene Stimme gewesen. Sie war klein und schwach gewesen.
Die Stimme von jemand anders.
    Sie machte die Augen zu und versuchte, die Bilder zu entschlüsseln.
Warum hatte sie geträumt, sie wäre eine andere
Person, die allein in der Dunkelheit gefangen war?
    Und weshalb hatte es sich so echt angefühlt?
    Sie kannte die Antwort. Natürlich. Schon im Traum hatte
sie es gewusst. Und jetzt, da sie zwischen Gewissheit und Verdrängen
der Wahrheit schwankte, zerstörte es ihre zaghaften
Versuche, im Lot zu bleiben.
    Es hatte sich echt angefühlt, weil es echt war.
    Jemand war eingesperrt. Allein und verängstigt.
    Sie blinzelte, versuchte, das Bild zu verscheuchen, aber ohne
Erfolg.
    In dem Stahlcontainer war ein Mensch.
    Sie schüttelte den Kopf, obwohl niemand sie sehen konnte.
Die Stimme in ihrem Innern ließ sich nicht zum Schweigen
bringen. »Nein«,

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