Ruf der Wildnis
Curly, daß diese das Gleichgewicht verlor, taumelte und zu Boden fiel. Sie kam nicht mehr hoch. Darauf hatten die Huskies gewartet. Sie stürzten sich heulend über sie her, und die Hündin wurde, vor Schmerz jaulend, unter einem Knäuel struppiger Hundeleiber begraben.
So plötzlich und unerwartet war dies alles geschehen, daß Buck der Atem wegblieb. Er sah, wie Spitz voll Schadenfreude seine scharlachrote Zunge herausstreckte, er sah, wie François eine Axt ergriff und in die kämpfende Meute sprang. Drei Männer, mit Knütteln bewaffnet, halfen ihm, sie auseinander zu treiben. Nach ein paar Minuten war der Platz leergefegt, nur Curly lag schlaff und leblos, eine blutige Masse, auf dem weißen, zertrampelten Schnee, buchstäblich in Stücke zerrissen. Das Halbblut stand daneben und fluchte wütend.
Buck konnte diesen Anblick niemals mehr vergessen, selbst im Traum noch wurde er von ihm verfolgt. Jetzt wußte er, wie es hier war: keine Ritterlichkeit, kein ehrliches Spiel. Wer am Boden lag, kam nicht mehr auf, war erledigt. Sich nicht unterkriegen zu lassen, das war die Hauptsache. Spitz stand noch immer da, ließ seine Zunge heraushängen, und Schadenfreude glänzte aus seinen Augen. Von diesem Augenblick an haßte ihn Buck mit einem bitteren, nie endenden Groll. Spitz hatte einen Todfeind erhalten.
Noch ehe Buck sich von dem schrecklichen Ende Curlys erholt hatte, wurde er aufs neue beunruhigt. François schnallte ihm wie einem Pferd Riemen und Seile an. Und wie ein Pferd spannte man ihn mit den anderen Hunden vor einen Schlitten. Er mußte François in den Wald ziehen und mit einer Ladung Brennholz zurückkehren. Er war zum Arbeitstier geworden. Seine Würde war schwer verletzt, aber er war zu klug, sich dagegen aufzulehnen. Er unterwarf sich und tat sein Bestes, obwohl ihm alles neu und fremd war. François war ein strenger Herr und verlangte unbedingten Gehorsam, den er sich mit seiner Peitsche verschaffte.
Dave war ein erfahrener Zughund und schnappte sofort nach Buck, wenn dieser etwas falsch machte, während Spitz, der als Leithund ganz vorne ging, nur drohend knurrte oder sich so geschickt mit seinem Gewicht in die Stange warf, daß Buck in die richtige Spur zurückgezogen wurde. Buck lernte leicht, und unter der Aufsicht seiner Kameraden und des Halbblutes machte er schnell Fortschritte. Nach seiner ersten Fahrt schon wußte er, daß er bei »Brr!« stehenbleiben, bei »Hüh!« anziehen mußte. Er lief die Kurven in einem großen Bogen aus und hielt sich von den Kufen fern, wenn der beladene Schlitten bergab schoß.
»Drei sehr gute Hunde«, sagte François zu Perrault. »Dieser Buck, er zieht wie der Teufel. Ick lehre ihm so schnell wie nur etwas.«
Nachmittags brachte Perrault, der es mit der Abreise sehr eilig hatte, noch zwei Hunde. Billie und Joe hießen sie, zwei Brüder und richtige Eskimohunde.
Obwohl Söhne derselben Mutter, unterschieden sie sich wie Tag und Nacht. Billies größter Fehler war seine übermäßige Gutmütigkeit, während Joe gerade das Gegenteil war, unfreundlich und verdrossen. Er knurrte ständig und hatte einen bösen Blick. Buck nahm sie als Kameraden auf, Dave beachtete sie nicht, Spitz ging sofort daran, ihnen seine Führerschaft zu zeigen. Billie kam ihm schwanzwedelnd entgegen, aber als sich die scharfen Zähne von Spitz in seine Flanken gruben, suchte er jaulend das Weite. Bei Joe versagte diese Methode, und als ihn Spitz umkreiste, wirbelte er herum und bot ihm keine Blöße. Er zeigte seine Zähne, sträubte das Fell, legte die Ohren zurück und knurrte wütend. Seine Augen funkelten so angriffslustig, daß sich Spitz zurückzog, sich dafür aber an dem harmlosen Billie schadlos hielt.
Gegen Abend führte Perrault noch einen Hund herbei, einen alten Husky, lang, hager und dürr, über und über mit Narben bedeckt, mit nur einem Auge, das so furchtlos blickte wie zwei gesunde.
Er hieß Solleks, der Brummige, und diesen Namen trug er mit Recht. Wie Dave verlangte er nichts, er gab nichts und erwartete auch nichts. Und als er sich langsam und bedächtig in ihrer Mitte niederließ, ließ ihn sogar Spitz in Frieden.
Er hatte eine Eigentümlichkeit, und Buck hatte das Pech, als erster damit Bekanntschaft zu machen. Er konnte es nicht vertragen, wenn jemand auf seiner blinden Seite auf ihn zukam. Dieses Vergehens machte sich Buck, ohne es zu wissen, schuldig. Erst als Solleks auf ihn loswirbelte und seine Schulter drei Zoll lang aufschlitzte, dämmerte ihm diese
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