Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
gelernt. Keine voreiligen Schlüsse zu ziehen oder Urteile zu fällen.“
„Oh Armand.“ Mir flossen Tränen über die Wangen, auch wegen dem, was ich ihm jetzt zu sagen hatte. Wo sollte ich nur anfangen? „Es ist so viel passiert, seit du … verschwunden warst.“
Er nickte und ermunterte mich, einen Teil von dem zu erzählen, was mir auf der Seele brannte, denn dass auch ich es in diesen Wochen nicht immer leicht gehabt hatte, war ihm klar. Trotzdem fand ich nur schwer einen Anfang.
„Wir sind nicht für das geschaffen, was wir versucht haben, zu sein, Armand.“
In seinen Augen funkelte es, doch er schwieg. Das machte mir Angst. Er war so verändert. Ich konnte nur ahnen, was ihm alles wiederfahren war, doch ich war sicher, dass er jetzt, nach all dem, nie mehr derselbe sein konnte und wusste nicht, ob ich ihn fürchten oder weiterhin rückhaltlos lieben sollte. Ich atmete tief durch, versuchte, in mir selbst Ruhe zu schaffen, doch mein Herz überschlug sich fast.
„Ich habe nach deinem Verschwinden, als ich nach Miami gezogen bin, gespürt, wie sehr ich es vermisst habe, ganz und gar Vampir zu sein. Wir sind nicht für menschliche Werte geschaffen, Armand. Und manchmal tun sie uns und denen, die wir lieben auch gar nicht gut.“
Er blickte mich fragend, aber aufmerksam an. Widersprach nicht und versuchte auch nicht, meine Worte zu zerreden.
„Liebst du Franklin immer noch?“
Das überraschte ihn. Zwar wollte er verneinen, doch sein gesenkter Blick, für einen Herzschlag nur, sprach mehr als jedes Wort. „Dann geh zu ihm zurück.“
Er hob die Augenbrauen und sah entsetzt aus. „Das ist nicht dein Ernst. Gerade darunter hast du immer gelitten. Und sage mir nicht, es macht dir nichts mehr aus. Ich habe es für dich getan.“
„Ich weiß“, sagte ich mit einem Lächeln. „Aber das macht es nicht richtiger. Franklin braucht dich. Und ihr liebt euch noch immer. Es ist unnötig, das zu leugnen. Ich sage nicht, dass du die Beziehung wieder aufnehmen sollst wie sie war, obwohl ich auch das akzeptieren würde. Auch ich habe während unserer Trennung nachgedacht und sehe manches klarer. Mein Vater leidet, Armand. Du warst gestern noch sehr mitgenommen von dem, was dir widerfahren ist. Aber wenn du das nächste Mal nach Gorlem Manor gehst, wirst du es selbst sehen. Er altert rascher, weil er der Zeit so lange ein Schnippchen geschlagen hat. Er braucht das Dunkle Blut. Von mir nimmt er es nicht an. Doch die Entbehrung macht ihn zu einem leichten Opfer für Vampire wie Lucien oder Dracon. Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass ich ihn lieber in deinen Armen sehe, als in deren.“
Meine Worte verwunderten ihn. Das war ihm alles nicht klar gewesen und es machte ihn um Franklins Willen betroffen.
Er senkte traurig den Blick. „Ich kann dich verstehen, stimme dir sogar zu. Franklin bedeutet mir viel und ich will ihn ebenso wenig leiden sehen, wie du, aber … unsere Liebe wäre dann nichts Besonderes mehr.“
Seine Worte hinterließen eine lang vermisste Wärme in mir. Ich nahm ihn in die Arme und er erwiderte die Umarmung so fest, als wolle er mich nie wieder loslassen. Sein schwarzes Haar legte sich wie ein tröstender Schleier über mein Gesicht und ich atmete den vertrauten Duft seiner Unsterblichkeit, den Menschen nicht wahrnehmen konnten.
„Sie ist und bleibt immer etwas Besonderes, Armand. Das kann uns niemand nehmen. Das andere ist nur Blut und Lust, hat mit unserer Liebe nichts zu tun.“
Ich löste mich ein Stück von ihm, um in wieder anzusehen. Zärtlich strich ich ihm die schwarzen Strähnen zurück und küsste ihn auf den Mund.
„Ich sage nicht, dass wir Sodom und Gomorra in unser Leben holen sollen, aber wir sollten akzeptieren was wir sind. Alles andere würde über kurz oder lang uns, und damit auch unsere Liebe, zerstören.“
„Seltsam, ich habe das am Anfang auch zu dir gesagt. Doch dann wollte ich dich für mich ganz allein, konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, dich bei einem anderen zu wissen.“
„Und du dachtest, wenn du mir das Recht verwehrst, dürftest du es dir selbst auch nicht nehmen. Das ehrt dich, für diese Rücksichtnahme liebe ich dich umso mehr. Ich weiß, dass du nur meinetwegen versucht hast, als Vampir ein menschliches Leben nach menschlichen Werten und Moral zu leben. Aber ich habe eingesehen, dass es ein Irrtum ist, so zu denken und es tut mir leid.“
Er grinste mich schelmisch an und auch ich musste schmunzeln, weil wir uns beide dem anderen
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