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Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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Grasnarbe, die ich mit meinen Tränen tränkte. Ich weinte stundenlang um all das, was verloren war und den Stempel der Schuld auf meine Seele brannte.
    Später nahm ich auf der kleinen Bank in der Nähe Platz und blickte gedankenverloren in die Ferne zum Horizont, wo sich irgendwann der erste Streifen Licht zeigen und den neuen Tag bringen würde. Zum ersten Mal seit meiner Wandlung spielte ich mit dem Gedanken, mich der Sonne preis zu geben und zu sterben, wie Warren es getan hatte.
    Es waren so viele geopfert worden. Ein ungeborenes Kind, Arante – der Vampir ohne Arg, Jenny – nur weil sie liebte, Warren – weil Dracon … nein, korrigierte ich in Gedanken. Nicht Dracon. Ich hatte ihn verwandelt. Wegen mir war er nun tot. Sie alle lasteten schwer auf meiner Seele und lähmten mich. Ich hätte mich selbst dann nicht bewegen können, wenn ich gewollt hätte.
    „Solltest du nicht langsam nach unten gehen?“, fragte Franklin hinter mir.
    Ich blieb auf der weißen Steinbank sitzen und starrte auf den schmalen Streifen Licht am Horizont, der meine Haut prickeln ließ wie mit tausend Nadeln durchsetzt. Mich fühlen ließ, was Warren gefühlt haben musste. Das war Gerechtigkeit. Mein Gesicht glühte und meine Augen brannten.
    „Warren ist tot. Jennys Kind auch und sie ist eine Bluttrinkerin. Arante hat für immer seine Reinheit verloren. Und es ist alles meine Schuld“, flüsterte ich und meine Stimme klang so rau, als hätte ich Rauch in meiner Kehle. „Ich habe Steven verraten und Armand sowieso.“
    Mein Vater wusste nichts darauf zu erwidern und legte mir die Hand auf die Schulter. Ich sah zu ihm auf, ein blutroter Schleier aus Tränen trübte meinen Blick. Der Lichtstrahl wurde breiter. Ein erster Hauch von Sonne schnitt mir ins Gesicht, doch ich rührte mich noch immer nicht vom Fleck, fühlte mich nur müde und merkte, wie mein Körper sich allmählich versteifte. Wie jeden Tag. Nur lag ich normalerweise dann sicher in meinem Versteck. Meine Glieder wurden bleischwer und ich konnte kaum noch die Augen aufhalten. Nur noch ein paar Augenblicke und die Starre war so weit fortgeschritten, mein Körper so gelähmt vom Tageslicht, dass ich nicht mehr fähig war, vor der Sonne zu fliehen und hilflos ihrem sengenden Feuer ausgesetzt bliebe, das mich töten würde, so es mir denn überhaupt vergönnt war zu sterben, mit all dem mächtigen Blut in meinen Adern.
    Zweifel kamen auf. Es würde nur Schmerz bedeuten, nicht den Tod, wenn ich jetzt hier sitzen blieb. Und Schmerz hatte ich meiner Ansicht nach mehr als verdient. Doch meine selbstgewählte Folter wurde mir nicht gewährt. Franklin hob mich auf seine Arme und trug mich zum Haus.
    „Warum lässt du mich nicht einfach hier draußen?“, fragte ich schwach.
    Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter, weil er zu schwer wurde, um ihn aufrecht zu halten.
    „Weil Armand auf dich wartet. Und weil ich dich nicht auch noch verlieren will“, antwortete er.
    In seiner Stimme klangen Tränen mit. Er hatte zu viele in zu kurzer Zeit verloren.
    Als wir die Kammer erreichten, hatte der Todesschlaf mich bereits übermannt. Franklin bettete meinen leblosen Körper in die seidenen Kissen und küsste mir die Stirn. Sekunden später war ich ganz allein. Mit mir und meinem traumlosen Schlaf, der mich vor den Schuldgefühlen in meinem Herzen bewahrte. Bis zur nächsten Abenddämmerung.

Auch die schwersten Wege muss man gehn
     
    Mein Erwachen brachte mir als erstes die Erkenntnis, dass Armand und ich reden mussten. Wir hatten schon einmal geschwiegen, was beinah zum Ende unserer Liebe geworden war. Dieses Risiko war ich nicht bereit, erneut einzugehen. Schon in der letzten Nacht wäre es meine Pflicht gewesen, für ihn da zu sein, statt mich meinem Schmerz zu ergeben, doch ich war weit entfernt von rationalem Denken gewesen. Umso dringender musste ich jetzt zu ihm, damit nicht wieder eine Kluft zwischen uns entstand.
    Armand hatte sich verändert, was nicht verwunderlich war. Sylion hatte angedeutet, dass sie ihn gefoltert hatten und dass einiges von dem, was Cyron Gowl mir gesagt hatte, der Wahrheit entsprach. Auch seine Verletzungen zeigten, dass er viel durchgemacht hatte. Er war nicht mehr derselbe, würde es nie wieder sein. Darüber hinaus floss nun auch in ihm Tizians Blut, was ihm das Leben gerettet hatte.
    Und ich? Ich war auch nicht mehr die, der er den Verlobungsring an den Finger steckte. Da war Steven, Warrens Tod, meine neuerliche Bindung an Lucien, meine Angst um

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