Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
also der Wind. „Er hat mir gesagt, dass ich angeblich in Gefahr bin. Aber ich will ehrlich sein. Ich traue dir nicht, und wenn so eine Äußerung von dir kommt, bin ich am Zweifeln, was davon zu halten ist. Gefahr ist ein Dauerzustand bei mir in den letzten Jahren. Damit kann ich umgehen. Besser als mein Schicksal in die Hände von jemandem zu geben, den ich nicht kenne und der mit dem Feind gemeinsame Sache macht.“
Das Spiel von Emotionen auf seinem Gesicht bei diesen Worten stürzte mich in Verwirrung. Er wirkte fast erschrocken, aber auch enttäuscht. Man sah ihm an, dass er überlegte, was er darauf antworten sollte. Eines verlor sich dabei jedoch nicht – seine Arroganz.
„Ich will dir nur helfen“, sagte er schließlich schroff und mit zusammengezogenen Brauen.
„Das ist nett, aber ich verzichte.“
Ich drängte mich an ihm vorbei, um ihn stehen zu lassen, doch da hatte ich die Rechnung ohne ihn gemacht. Keine zehn Schritte weiter, packte er mich an der Schulter und presste mich an eine Hauswand. So irrational es auch war, mich erfasste Angst. Wie konnte ein Mensch mich einfach packen und festhalten? Das war nichts, was sich mit seinem Status als Dämonenjäger begründen ließ.
„Sei nicht so verdammt starrsinnig!“, fuhr er mich an. „Es gibt Leute, denen was an dir liegt und die haben längst kapiert, wie brenzlig die Situation ist. Die Sangui wollen dich aus dem Verkehr ziehen.“
Ich wurde wütend. Weniger wegen seiner Worte als vielmehr, weil er so mit mir umsprang. „Schön. Du bist ein Sangui. Wenn dein Orden mir also an den Kragen will, täte ich gut daran, dir aus dem Weg zu gehen. Und genau das hatte ich vor.“
Seine Kiefermuskeln spannten sich an und er atmete tief durch. In meinem Bauch kribbelte es. Es war nicht gut, ihn zu reizen, solange ich nicht rausgefunden hatte, warum er so spielend leicht meine Kraft bremsen konnte.
„Ich bin keiner von denen.“
„Eine blödere Ausrede fällt dir wohl nicht ein.“
Er hob eine Hand, um mich zum Schweigen zu bringen, damit er es mir erklären konnte. „Ich bin durch einendummen Zufall da reingeraten und es ist ein guter Job. Ich hab meine Gründe. Aber ich teile ihre Überzeugungen nicht.“
„Warum tust du es dann? Warum arbeitest du für die?“
„Wie ich schon sagte, es ist nur ein Job. Und davon abgesehen muss ich noch einiges erledigen, wozu ich die Sangui brauche.“
Er spielte ein doppeltes Spiel – ein dreifaches sogar. Und erwartete allen Ernstes, dass ich ihm vertraute? Da steckte doch was dahinter. Ich spannte mich an, was ihn dazu veranlasste, mich fester zu packen. „Welche Rolle spiele ich dabei? Warum liegt dir so viel daran, dass ich am Leben bleibe?“
Wenn er mir darauf eine glaubwürdige Antwort geben konnte, überlegte ich es mir vielleicht. Sein Blick brannte auf meiner Haut. Ich konnte sehen, wie sich die Gedanken hinter seiner Stirn jagten, aber ich konnte sie bedauerlicherweise nicht lesen. Plötzlich brachte er sein Gesicht dicht an das meine. Sein Atem streichelte mich.
„Weißt du, den Kuss in Miami, den hab ich nicht vergessen.“ Ich verharrte paralysiert. Meine Nerven nahmen ihn in bizarrer Intensität wahr, als sei er pure Energie, die durch meine Zellen strömte. „Man sagt doch von euch, ihr lebt für Blut und Lust“, hauchte er mit rauer Stimme und rieb seine Nasenspitze an meiner Wange. „Ich mach dir ein Angebot, Melissa. Koste mich. Vielleicht kommst du auf den Geschmack. In beiderlei Hinsicht.“
Sein Lächeln entblößte schneeweiße Zähne. Er war nicht einfach schön, so wie Lucien, der jeden Laufsteg der Welt erobern konnte, oder Armand, dessen Anmut und Eleganz nicht von dieser Welt waren. Blue wirkte auf eine andere, derbere Weise attraktiv. Er strahlte etwas aus, das mir durch und durch ging. Seine Lippen waren nah. Sie sahen weich aus, besaßen ein zartes Rosa wie ein Sonnenaufgang an einem kühlen Herbstmorgen. Unser Atem ging synchron, ich öffnete meinen Mund einen winzigen Spalt, und wie erwartet verstand er es als Einladung. Göttin, seine Lippen waren noch samtiger, als ich es in Erinnerung an Miami erwartet hätte. Das Gefühl seiner Zunge glich warmem Honig, wie sie in meinen Mund glitt, eine vergleichbare Süße zurückließ. Er kam noch näher. Ich fühlte den harten Stein in meinem Rücken und seine Härte an meiner Vorderseite – überall, wo er mich berührte. Seine starke Brust, seine wohlgeformten Schenkel, seine Arme, die mich jetzt umschlangen, der
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