Ruf ins Jenseits

Titel: Ruf ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harwood

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davon überzeugt – durch meine Ähnlichkeit mit Nell.»
    «Und – deine Eltern? Haben sie dir gesagt …?»
    «Nein. Aber mein Herz sagt es mir, so wie Mr Montagues Herz ihm das sagte.»
    «Nein, Constance. Das ist einfach absurd. Die Ähnlichkeit beweist nichts. Du und Nell, ihr wart miteinander verwandt, und Ähnlichkeiten können Generationen später wieder auftreten. Und John Montague, wenn du dich erinnerst, fand zuerst, dass Nell seiner verstorbenen Frau glich. Nach allem, was du weißt, war es also deine Ähnlichkeit mit Phoebe, die ihm auffiel.»
    «Du hältst mich für verrückt», sagte ich mutlos.
    «Nicht verrückt. Aber all das war eine ziemliche Belastung –»
    «Was eine höfliche Formulierung für dieselbe Tatsache ist.»
    «Nein! Es ist, weil du mir so viel bedeutest, dass ich –»
    «Wenn ich dir irgendetwas bedeutete, dann würdest du mir glauben.» Ich wusste, dass das Unsinn war, aber ich konnte mich nicht zurückhalten, es zu sagen.
    «Du bedeutest mir genug, dass ich das Risiko eingehe, für Beihilfe zum Mord erhängt zu werden.»
    Mir war, als hätte ich diese Worte schon einmal gehört.
    «Verstehst
du
denn nicht», rief ich aus, «dass genau das Nell zustieß? Ich bin in derselben Falle gefangen; sie werden denken, dass wir ihn getötet haben –» Ich verstummte und ballte die Hände so fest zu Fäusten, bis sich die Nägel in die Handflächen gruben.
    «Hör auf», sagte er. «Versuch zu schlafen. Du brauchst dich nur an eins zu erinnern: dass du in der Bibliothek warst, als du die Explosion hörtest. Weiter weißt du nichts. Solange du schweigst, kann dir nichts geschehen.»
    Er stand auf und fachte das Feuer an. Vor Erschöpfung konnte ich keinen klaren Gedanken mehr fassen, alles tat mir weh. Ungeachtet der Angst, die sich schleichend in mir ausbreitete, fiel ich in eine schwarze und traumlose Leere.

    ∗∗∗

    Als ich erwachte, hörte ich das Feuer knacken und dachte für einen Moment, ich hätte nur einige Zeit gedöst. Aber durch das Fenster sah ich das Tageslicht; der Nebel hatte sich gelichtet. Edwin war nicht im Zimmer. Ich stand auf, verriegelte die Tür, wusch mich, so gut es ging, und versuchte, die Stimme in meinem Kopf, die flüsterte:
Du hast einen unschuldigen Menschen ermordet,
zu überhören.
    Ich fand Edwin unten: Er durchsuchte die Trümmer des Salons. Er stand mit dem Rücken zur Tür und hatte mich nicht hinunterkommen hören, und so beobachtete ich ihn unbemerktbei seiner Arbeit. An der hinteren Wand war das Geröll mehrere Fuß hoch aufgetürmt, sonst war es über den Boden zwischen Überresten von Stühlen und Vitrinen verstreut. Edwin stand in dem Schutthaufen, warf die kleineren Stücke hinter sich, hob größere hoch und legte sie vorsichtig beiseite. Ich konnte seinen Atem sehen, der sich mit dem aufgewirbelten Staub vermischte. Er lehnte sich gegen einen geborstenen Balken, der mit einem Rumpeln nachgab, was etwas unförmiges Schwarzes zum Vorschein brachte, dann eine Schulter und einen Arm aus Metall. Er kniete daneben nieder, und ich sah, wie er totenblass wurde. Einen Augenblick später entdeckte er mich.
    «Bleib, wo du bist! – ja, es ist leider Davenant. Er … ist verbrannt, aber eindeutig erkennbar. Ich hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass du es doch geträumt haben könntest. Komm, wir gehen. Wir können nichts für ihn tun, und die Kutsche muss gleich kommen.»

    «Darüber müssen wir uns einig sein», sagte er, als wir die Stufen zum letzten Mal hinaufstiegen. «Das Beste, denke ich, wird sein, wenn wir ihnen – also, der Polizei – sagen, dass du in der Bibliothek warst und darauf wartetest, dass ich mit der Kohle zurückkäme – was ja ganz der Wahrheit entspricht –, als du glaubtest, Schritte in der Galerie nebenan zu hören. Eine Sekunde später gab es eine fürchterliche Explosion, dann kamst du nach unten, wo du mich gefunden hast. Und heute Morgen wollte ich nachsehen, ob jemandem etwas zugestoßen ist bei dem Einsturz, und da habe ich ihn gefunden. Du weißt nicht, wie er hierherkam oder was er hier tat oder wie er die Explosion ausgelöst hat –»
    «Aber das macht dich zum Mitschuldigen, wie du gestern Nacht sagtest.»
    «Nein, darin habe ich mich geirrt. Ich war ja im Keller gefangen, daher kann ich kein Zeuge sein. Ich weiß nur, wasdu mir erzählt hast – nämlich, dass du Schritte gehört hast und dann die Explosion – und das ist alles, was du weißt.»
    «Aber wenn wir