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250 - Rückkehr nach Euree

250 - Rückkehr nach Euree

Titel: 250 - Rückkehr nach Euree Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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»… sie werden sich an mir austoben, und wenn sie damit fertig sind und ich halb tot bin, dann werden sie mich fressen.« Genau das sagte sie, und irgendwie tat sie Biglord Djeyms leid, diese schöne Frau, aber das versuchte er zu verbergen - vor sich selbst, vor den anderen, und vor allem vor dem Druud und Grandlord Paacival. Vermutlich tat sie allen leid, außer Druud Alizan natürlich, und alle versuchten es vor ihm zu verbergen.
    Grandlord Paacival ruderte, als gelte es sein Leben, und starrte ins Wasser. Der alte Druud Alizan zog nur den Rotz hoch, spuckte aus und sagte: »Wiad schon nich so schlimm wean.« Wie alle Lords konnte auch er kein »r« aussprechen.
    Das Ufer rückte näher, und mehr und mehr Taratzen richteten sich im Schilf auf, um die schöne Frau zu begaffen. Blond war sie, mit weißer Haut, großen Brüsten, einer schmalen Taille und breiten Hüften. Ihre Augen leuchteten wie zwei blaue Sonnen. Jedem im Dorf der Lords hatte es sofort eingeleuchtet, dass Grandlord Paacival sie mitgebracht hatte, als er im Sommer wieder nach Hause zurückkehrte. Angeblich war er ihr zufällig in den Wäldern der Südküste begegnet, und angeblich hatte schon einmal eine Lordsippe sie ausgestoßen.
    »Nehmt mich wieder mit ins Dorf, bitte«, sagte Twaysi mit heiserer Stimme. Sie konnte das »r« aussprechen. Und das war beileibe nicht das Einzige, was sie von den Londoner Lords unterschied.
    »Geht nich, Oaguudoo willes so«, beschied der Druud ihr knapp und kühl und ohne sie anzuschauen. Orguudoo, das war das Böse an sich, der Dämon in der Tiefe. Es war mehr als gefährlich, sich seinem Willen zu widersetzen.
    »Bitte kehrt um.« Flehend wandte die schöne Frau sich an den massigen Grandlord Paacival. Der schwieg, seine Kaumuskeln pulsierten, er starrte in den Vorhang aus Schneeflocken. Noch sieben Kahnlängen trennten die drei Boote vom Uferschilf. Twaysi kämpfte mit den Tränen. Schneeflocken schmolzen auf ihren Wangen.
    Die Taratzen hatten eine Geisel verlangt, eine junge Frau. Für diesen Preis, so behaupteten sie, wären sie bereit, das Jagdrevier der Lords in Tschelsi(Chelsea; Stadtteil von London/Landán) zu beiden Uferseiten der Themse zu meiden und die Angriffe auf Jagdrotten der Lords einzustellen. Das war der offizielle Grund für die Auslieferung der Hexe.
    Zwar hatten die Lords ihrerseits ebenfalls eine Geisel verlangt, als Garantie für das Leben ihrer eigenen Geisel, und es war in diesen schweren Zeiten von Vorteil, sich mit den Taratzen zu einigen. Denn die wanderten zahlreich in die Ruinenstadt Landán ein, seit die Bunkerleute keine Panzerwagen und keine Blitzschleudern mehr benutzen konnten. Sie bliesen sich regelrecht auf, diese stinkenden Pelze. Dennoch wäre normalerweise niemals ein Lord auf die Idee gekommen, eines seiner Weiber einem Feind zu überlassen - es sei denn, er wollte es unbedingt und für immer loswerden. Das wusste Biglord Djeyms, das wusste jeder im Dorf. Der wirkliche Grund für den Geiselaustausch war Neid.
    Die junge Twaysi war eine Dienerin Orguudoos. Sie konnte mit dem Herrn der Tiefe sprechen, wann immer sie wollte und ohne aufwändige Schlachtopfer und Tanzrituale zu veranstalten, wie Druud Alizan es jedes Mal tun musste, wenn er den Willen Orguudoos erfahren wollte.
    Kurz: Die junge Twaysi war eine bessere Seherin als der alte Druud. Dazu kam, dass sie dringend davor gewarnt hatte, die Kuppel und den Bunker der Maulwürfe anzugreifen. Niemand wollte das hören, auch Biglord Djeyms nicht. Jetzt, wo den Bunkerleuten die Panzer nicht mehr ansprangen und die Blitzschleudern versagten, wollte man von einem Seher weiter nichts als Kriegsgeschrei hören. Wer wusste schon, wann jemals die Gelegenheit wieder so günstig sein würde, denen unter der Erde aufs Maul zu hauen? Und dann war da noch etwas: Man wollte niemanden im Dorf haben, der einem in den Gedanken herumschnüffelte; schon gar keine Frau. Und das konnte Twaysi nun mal, die schöne Hexe: einem in den Gedanken herumschnüffeln.
    Noch zwei Kahnlängen bis zum Schilf. Die Hexe hatte gesiegt im Kampf gegen ihre Tränen, der Schneefall ließ nach, und die Taratzen tuschelten und gestikulierten aufgeregt. »Ich werde dich verfluchen, wenn du mich ihnen auslieferst!«, zischte Twaysi.
    Grandlord Paacival zuckte zusammen; er wusste genau, dass er gemeint war. »Was hätt ich'n tun soll'n?« Er klang zerknirscht. »Oaguudoo will dich, da macht man nix gegen…«
    Um Orguudoos Willen zu erfahren, hatte Druud Alizan das

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