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Ruf mich bei Deinem Namen

Ruf mich bei Deinem Namen

Titel: Ruf mich bei Deinem Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Aciman
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seinem Ohr, als er gerade das Postamt betreten wollte, und flüsterte: »Fick mich, Elio.«
    Er erinnerte sich und stieß, wie letzte Nacht, dreimal stöhnend seinen Namen hervor. Ich wurde prompt hart und wiederholte, um noch eins draufzusetzen, das, was er heute früh
gesagt hatte: »Sparen wir’s uns für später auf!«
    Ich sagte, dass »Später« mich immer an ihn erinnern würde. Er lachte, und als er jetzt »Später« sagte, meinte er zur Abwechslung genau das, was ich mir
gewünscht hatte, nicht Lebwohl oder Troll dich, sondern Liebe am Nachmittag. Ich drehte mich um, schwang mich aufs Rad und radelte strahlend bergab. Ich konnte nicht singen, sonst hätte
ich es in diesem Augenblick bestimmt getan.
    Noch nie im Leben war ich so glücklich gewesen. Nichts konnte schief gehen, alles lief nach Wunsch, alle Türen öffneten sich mit einem satten Klick, eine nach der anderen, das
Leben hätte nicht heller leuchten können, es strahlte mir ins Gesicht, und wenn ich mein Rad nach links oder rechts lenkte oder versuchte, seinem Licht auszuweichen, folgte es mir wie der
Scheinwerferkegel einem Schauspieler auf der Bühne. Ich begehrte ihn, aber ich konnte genauso gut ohne ihn leben, und beides war gut.
    Bei Marzia machte ich Halt. Sie wollte zum Strand, und gemeinsam stiegen wir zu den Klippen hinunter und legten uns in die Sonne. Ich mochte ihren Geruch, ihre Lippen. Sie nahm ihr BH-Oberteil
ab und bat mich, ihr den Rücken einzucremen, weil sie wusste, dass ich dann ihre Brüste in die Hand nehmen würde. Ihre Familie hatte eine Strohdachhütte am Strand, da würde
uns niemand stören, sagte sie. Ich schloß von innen ab, setzte Marzia auf den Tisch, zog ihr das Bikinihöschen aus und suchte mit dem Mund die Stelle, wo sie nach Meer roch. Sie
lehnte sich zurück und legte beide Beine über meine Schultern. Sonderbar, dachte ich, wie eins das andere verschattet und abschirmt, ohne sich auszuschließen. Vor einer knappen
halben Stunde hatte ich Oliver gebeten, mich zu ficken, und jetzt würde ich Marzia lieben, dabei gab es zwischen den beiden keine Verbindung, nur diesen Elio, der für beide derselbe
war.
    Nach dem Lunch sagte Oliver, er müsse noch einmal nach B., um Signora Milani seine neuesten Korrekturen zu bringen. Dabei sah er rasch zu mir hin, aber als ich nicht reagierte, machte er
sich allein auf den Weg. Nach zwei Glas Wein hatte ich die Siesta dringend nötig. Ich nahm mir im Vorbeigehen zwei große Pfirsiche und gab meiner Mutter einen Kuss. Die würde ich
später essen, sagte ich. In dem abgedunkelten Schlafzimmer legte ich die Früchte auf die Marmortischplatte. Dann zog ich mich nackt aus. Saubere, kühle, frisch gestärkte, von
der Sonne gebleichte, straff gespannte Betttücher – Gott segne dich, Mafalda. Wollte ich allein sein? Ja. Eine Person gestern Nacht und bei Morgengrauen, eine andere am Vormittag.
Jetzt lag ich so glücklich auf dem kühlen Laken wie eine Sonnenblume, in der an diesem heißesten aller Sommernachmittage nur matte Lebenskraft sich regte. War ich froh, allein zu
sein, jetzt, da ich schon fast eingeschlafen war? Ja. Nein. Ja. Vielleicht doch nicht. Ja, ja, ja. Ich war glücklich, und nur das zählte. Mit anderen, ohne andere. Glücklich.
    Eine halbe Stunde danach oder vielleicht ein wenig früher weckte mich kräftig brauner, strenger Kaffeeduft. Ich roch ihn noch durch die geschlossene Tür und wusste, dass es nicht
der für meine Eltern bestimmte Kaffee war, der war schon vor einer Weile gebrüht und aufgetragen worden, sondern dass er aus der neapolitanischen Espressomaschine kam, in der Mafalda, ihr
Mann und Anchise ihren Kaffee brauten, nachdem sie zu Mittag gegessen hatten. Bald würden auch sie sich aufs Ohr legen. Schwer lag die Trägheit in der Luft, die Welt verfiel in Schlaf.
Ich wünschte mir, Oliver oder Marzia würden an meinem Balkon vorbeikommen und mich durch die halb vorgelegten Fensterläden nackt auf dem Bett liegen sehen. Oliver oder Marzia,
einerlei, einer der beiden sollte vorbeikommen und mich sehen, was dann geschah, würde ich ihnen überlassen. Ich konnte weiterschlafen oder, wenn sie nähertraten, beiseite
rücken, und wir konnten zusammen schlafen. Ich sah, wie er oder sie ins Zimmer kam und nach dem Pfirsich griff. Ich weiß, dass du nicht schläfst ,
würden sie sagen und sanft die weiche, überreife Frucht an meinen Penis drücken, bis der die Frucht geteilt hatte. Der Gedanke ließ mich nicht los.
    Ich stand auf, griff

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