Rufmord
Beifahrersitz, während sich Kelly und Lys, ihre beiden Freundinnen, die enge Rückbank mit Bob teilen mussten.
Auf der Fahrt zum Radiosender erteilte Justus den Mädchen noch einmal die letzten Instruktionen.
»Das Wichtigste ist, dass ihr euch auf keinen Fall von dem Pförtner abwimmeln lassen dürft. Lasst euch von ihm also nicht weismachen, dass sich Mr Anderson nicht im Sender aufhält. Mrs Brighton hat mir versichert, dass er jeden Tag an der Redaktionskonferenz im siebten Stock teilnimmt, und die endet nicht vor fünfzehn Uhr. Selbst wenn der Pförtner Schwierigkeiten macht, lasst euch etwas einfallen, dass er euch trotzdem passieren lässt.«
Lys klimperte aufreizend mit ihren Augenlidern. »Wir werden unsere stärkste Waffe einsetzen: den weiblichen Charme.«
»Notfalls öffne ich den obersten Knopf meiner Bluse.«
»Das lass mal schön bleiben, Kelly!«, wetterte Peter. »Damit erreichst du womöglich das Gegenteil!«
»Was soll das denn heißen?«, entgegnete Kelly entrüstet. »Ich verpass dir gleich eine!« Drohend schwang sie den in Zellophan gewickelten Blumenstrauß in ihren Händen.
»Nun macht euch mal keine Sorgen, Jungs«, beruhigte Lys die Detektive. »Schließlich sind wir nicht bescheuert! Haben wir euch schon jemals die Tour vermasselt? Wir werden unseren ›Lieblings-Moderator‹ schon zu fassen kriegen. Wenn wir ihm den Blumenstrauß überreichen und um ein gemeinsames Erinnerungsfoto bitten, wird ihm eine von uns unbemerkt die Wanze an die Klamotten heften. Er wird nicht den geringsten Verdacht schöpfen.«
»Dann macht euch schon mal bereit, Mädels. Wir sind da. Um die Ecke liegt der Sender.« Peter verringerte das Tempo, bremste, schaltete in den Rückwärtsgang und steuerte den MG geschickt in eine enge Parklücke.
»Ich setze alle Hoffnung auf euer Geschick«, mahnte Justus mit Nachdruck. »Wenn euch der Coup gelingt, laden wir euch zu so viel Cremetörtchen, Eis und Cola ein, wie in eure Bäuche passt. Allerdings erst, wenn der Fall abgeschlossen ist. Mit etwas Glück wird das nicht mehr lange dauern.«
Lys hob zuversichtlich die Pocketkamera in die Höhe. »Ich bin schon ganz heiß drauf, mit Kevin Anderson auf dem Foto zu posieren. Das hängt ihr dann aber in eurer Zentrale auf, versprochen?«
»Aber nur, wenn der Knopf an Kellys Bluse auch zu ist!«, mahnte Peter noch einmal mit Nachdruck.
»Nun zischt ab, ihr zwei, die Zeit drängt!« Justus drückte beide Daumen. »Ich zähl auf euch!«
Die Mädchen stiegen aus dem Wagen und verschwanden kichernd, als wären sie auf dem Weg zu einer Boygroup, um die Straßenecke in Richtung Sender.
»Hoffentlich vergeigen die das nicht! Von dieser Aktion hängt alles ab!«
»Befürchtungen führen jetzt zu nichts, Zweiter.« Bob streckte auf der Rückbank seine Glieder weit von sich. Zu dritt war es hinten doch recht eng gewesen. »Von nun an liegt das Schicksal in Lys’ und Kellys Händen.«
Justus warf einen nervösen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. Die digitale Anzeige zeigte vierzehn Uhr fünfundvierzig an. Der Erste Detektiv begann zappelig zu werden und auf seinem Sitz herumzurutschen.
Um fünfzehn Uhr kratzten Bobs Fingernägel unruhig über den Sitzbezug. Noch immer war von den beiden Mädchen nichts zu sehen. Als die Anzeige schließlich auf fünfzehn Uhr fünfzehn sprang, verlor Peter die Nerven. »Habt ihr euch eigentlich schon mal überlegt, was es für Konsequenzen für uns alle haben könnte, wenn die beiden da oben erwischt werden? Wenn Kelly und Lys nicht dichthalten und sie ...« Er verstummte und wies aufgeregt zum Seitenfenster hinaus. »Da kommen sie!«
»Ohne Blumenstrauß! Das ist schon mal ein gutes Zeichen.« Bob öffnete den Mädchen zuvorkommend die Tür des Wagens. »Und? Wie war’s?«
»Freut euch auf ein tolles Foto! Alles hat wie am Schnürchen geklappt! Wir haben ihn ausgetrickst. Dieser Anderson hat sich wie ein eitler Gockel aufgeführt und sich vor dem Fotografieren sogar noch die Haare gegelt!«
»Dann legten Lys und ich ihm die Arme um die Schultern, strahlten gemeinsam in die Kamera und ließen uns von dem Regisseur fotografieren.«
»Dabei habe ich ihm unbemerkt die Wanze unter dem Jacketkragen angesteckt.«
»Großartig!«, lobte Justus. »Die Belohnung habt ihr euch redlich verdient! Jetzt fahren wir umgehend in unsere Zentrale und setzen uns vor den Empfänger.«
»Aber nicht, ohne uns vorher beim Kino abzusetzen«, protestierte Lys. »Heute läuft ›Scream 4‹ an, und wir
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