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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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nur, was Jeder lesen kann, der die Augen auf hat. Will er ein Reich gründen, was ihn überlebt, muß er einen Sohn haben der ihn beerbt. Wer arbeitet mit voller Kraft für einen andern Dritten! Was ist ihm der adoptirte Stiefsohn! Erinnern Sie sich, was die sentimentalen Seelen von ihm hofften, nachdem er die Revolution besiegt?«
    »Ich habe nie geglaubt, daß Napoleon sich zu einem Monk herabwürdigen könne,« sagte die Geheimräthin.
    »Gewiß, wer die Kraft hat ein Egoist zu sein, wird sich nie mit einer Livree begnügen.«
    »Egoist!«
    »Alle großen Männer sind es, eigentlich alle wahren Männer. Wer schaffen will, muß für sich schaffen, und wer ein Weltreich gründen will, für eine Dynastie, die seine ist. Die Kaiserin Josephine ist aber auch eine kluge Frau. Sie sieht das ein; wie weit sie voraussieht, wissen wir nicht, aber sie hat einen Sohn. Es ist nun ein recht kluger Anfang, daß sie die Maske der Milde, Liebe und besänftigenden Güte vornimmt, und ob es von ihrem Gatten klug ist, sie ihr zu lassen – das ist eine andere Frage, die – uns Beide wenigstens, meine theuerste Geheimräthin, glücklicherweise nichts angeht.«
    Er war aufgestanden. Die Geheimräthin hätte die Unterhaltung gern fortgesetzt: »Sie sind gewiß sehr affairirt. Eine so ehrenvolle Sendung muß Ihre ganze Zeit in Anspruch nehmen.«
    »Ich bitte Sie, kein Wort von der Bagatelle. Natürlich wird man nicht gerade zur Thür hinausgeworfen, wenn man als Ueberbringer solcher Ehrenzeichen ankommt, indessen, wie gesagt, ich wünschte, daß man in den Cirkeln hier kein Aufhebens davon machte.«
    »Indessen sehen wir auch wohl bald Ihre eigene Brust mit einem dieser Ehrenzeichen geschmückt.«
    »Für einen Briefträgerdienst! Monsieur Laforest, der Gesandte, lachte über die Mission, und das verdient sie auch; haben wir doch Jeder für Wichtigeres zu sorgen! Ich freue mich nur, daß die Demoiselle Alltag Ihre Liebe und Sorgfalt lohnt. Sie haben sich da eine ungemein schwierige Aufgabe aufgebürdet.«
    »Ich freue mich, daß alle Ihre Berechnungen so richtig eintrafen. Adelheids Renommee ist nicht allein hergestellt, sie ist – nun Sie erfahren es schon. Möchte sie nie den Dank gegen Den vergessen, dem sie ihr Alles verdankt.«
    »Dank, meine Gnädige! Es giebt keine Substanz in der Chemie, die so schnell verflüchtigt! Wer darauf bauen wollte –«
    »Sie brauchen nicht zu bauen, denn Ihr Haus steht fest. Freilich, was ist Ihnen daran gelegen, daß man Sie in Berlin vergöttert! Indessen es ist doch auch für einen Philosophen nicht ganz unangenehm, wenn ihn die Leute auf der Straße kennen und feiern. Ach, mein Gott, warum mussten Sie damals so schnell abreisen. Das war ein Erkundigen, ein Fragen nach Ihnen. Der Hausknecht, wie Ouvriers, die für Sie gearbeitet, wer nur das Glück gehabt, Sie in Gesellschaft, in seinem Hause zu sehen, musste Auskunft geben, wie Sie aussähen, sprächen, welche Ihre Freunde, ob Sie verheirathet wären, ob Sie hier Ihr Domicil aufschlagen würden. Man wusste Sie in kleine Theile zu zerlegen und meinte, der kleinste wäre doch noch etwas, was der Betrachtung Stoff giebt. Einige meinten, es sei doch eine Art Koketterie, daß Sie durch Ihre schnelle Abreise der allgemeinen Bewunderung sich entzögen, ich indeß meinte etwas anderes –«
    »Und darf ich fragen, was meine Freundin meinte?«
    »Sie leben sich selbst, und fühlen einen andern Beruf, als der Neugier der Menge Räthsel aufzugeben, die Sie nicht lösen wollen, vor ihr wenigstens. Wahrhaftig, ich verdenke es Ihnen nicht.«
    Der Legationsrath ließ einen seiner undurchdringlichen Blicke an der Diele haften, einen der Blicke, welche die tiefste Absorbirung der Gedanken ausdrücken; man will indeß behaupten, daß auch die Kunst solche Blicke gebrauche, um den Mangel an Gedanken zu verbergen: »Ach, meine Freundin, was verräth uns mehr, welche Leerheit rings um uns ist, als dieses Haschen nach Geheimnissen, die nicht da sind. Weil sie aus sich selbst nichts sind, darum haschen sie nach einem Spielwerk, und ein unbekannter Fremder wird zu einem Räthsel, weil er vielleicht seinen Rock anders zuknöpft, anders den Hut abnimmt, einen andern Ton auf die Worte legt, als hier alltäglich ist.«
    »Da ich immerwährend bestürmt werde, sagen Sie mir, was ich den Leuten sagen, oder wenigstens, was ich ihnen verschweigen soll –«
    »Verschweigen! Mein Gott, ist denn zwischen uns ein Geheimniß! Malen Sie mich Ihren Bekannten, wie Sie wollen. Eine

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