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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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streichen Sie aus der Geschichte ihre schönsten Thaten.«
    »Aus der Geschichte nicht, meine Gnädigste. Sie ist ein großes Quodlibet, wo Platz ist für vieles. Nur aus dem Katechismus der Wenigen streiche ich sie, welche wissen, was sie wollen.«
    »Und wie wenige Größen bleiben dann übrig,« erwiderte die Geheimräthin.
    »Wenige, aber zum belehrenden Exempel genug Cäsar blieb sich gleich bis zum Gipfelpunkt.«
    »Und fiel durch Mörderhand.«
    »Der rohe Zufall liegt außer unserer Berechnung; er fiel, nachdem er erreicht, was er erstrebt. Und doch vielleicht war's auch nicht ganz Zufall.«
    »Wie hätte Cäsar den Arm des Brutus hemmen können, wenn er keine Ahnung seines Vorsatzes hatte!«
    Der Legationsrath lächelte: »Cäsar hatte Vertrauen, wo er nur Argwohn haben durfte. Cäsar war der große Mann, weil er sich selbst Alles verdankte, weil er im Siegerglück nicht glaubte, daß er nun genug gehandelt, daß nun das Schicksal für ihn wieder handeln müsse, weil er nicht, von der eignen Größe trunken, an eine Mission glaubte. Aber er irrte, als er glaubte, daß ein großer Mann auch sogenannte menschliche Regungen haben, daß er, ohne ein bestimmtes Interesse großmüthig sein dürfe. Er durfte nur auf die Schlechtigkeit der Menschen spekuliren, und er spekulirte nur auf ihren Edelsinn. Er, in seiner Lage, durfte nicht hoffen und lieben, nur beobachten und rechnen, und ihm war der Argwohn eine Tugend und Nothwendigkeit. Er schloß das scharfe Auge, er rechnete falsch und vertraute. Ein Cäsar darf auf nichts vertrauen!«
    Es trat eine Pause ein. Das Gespräch hatte eine Wendung genommen, die vermuthlich an den Anfang desselben wieder anknüpfte. Man hatte von den Ereignissen des Tages gesprochen, von dem Stern, über den die Meinung sich noch theilen konnte, ob er ein leuchtendes Tages-Gestirn sei oder ein nächtliches Meteor?
    »Und er ist Kaiser,« hub die Geheimräthin an, »er hat sich selbst dazu erklärt! Es liegt etwas so wunderbar die Sinne Berauschendes darin, ein gewesener Artillerielieutenant! Und die altgekrönten Mächte beeilen sich, ihn anzuerkennen!«
    »Sie müssen wohl!«
    »Nehmen Sie sich in Acht, Herr Legationsrath. Man darf ihn hier nicht ungestraft in allen Kreisen bewundern. Und Sie besuchen –«
    »Die verschiedensten,« fiel er rasch ein. Es war das gewesen, wofür der Gast es nahm, ein Klopfen auf den Busch. »Ich bewundere nichts, fuhr er fort, ich beobachte nur, und mein Facit der Anerkennung ziehe ich erst, wenn ich einen Mann am Ziele sehe.«
    »Wird er es erreichen?« fragte die Geheimräthin leiser.
    »Wenn Sie mir sagen könnten, was sein Ziel ist, würde ich versuchen, auf die Frage zu antworten.«
    »Sein Ziel!« – die Geheimräthin sah ihn groß an, aber sie verstummte vor seinem abmessenden Blick. Mit einem Seufzer sagte sie: »War es denn ein Verbrechen, in ihm einen Beglücker der Menschheit zu erblicken!«
    »Ein Verbrechen ist Unsinn, und der Wahn, daß Einer für Alle etwas schaffen könne, eine Thorheit. Jeder schafft für sich. Ich weiß nicht, ob der junge Bonaparte in seiner Jugend wirklich diesem Wahne nachhing, der Kaiser der Franzosen wird ihn belächeln. Man muß die Menschen kennen gelernt haben, wie wir, gnädige Frau, um zum Resultat gekommen zu sein, daß, was man so die Menschheit nennt, nicht werth ist, sein Bestes für sie zu opfern.«
    »Aber mein Gott, für wen soll man sich denn opfern.«
    Der Gast schien es überhört zu haben, oder seine Gedanken hatten unwillkürlich einen andern Gang genommen; »Es ist zu bedauern, daß die Kaiserin ihm keine Hoffnung auf Nachkommen gewährt. Eine wahre Zierde ihres Geschlechts!«
    »Sie kennen die Kaiserin Josephine?«
    »Ihre Majestät, Königin Louise, ist gewiß die personificirte Huld und Schönheit, aber diese Creolin, in der sichtlich noch das tropische Blut pulst, hat etwas Bestechendes, Fortreißendes. Man muß sie gesehen haben – ach, schon als Josephine Beauharnais!«
    »Sie kannten sie damals schon?«
    »Es rühmen sich Viele, doch wer kann sagen, daß er sie kennt! Kennt man nur ihren Einfluß auf den Kaiser!«
    »Sie hat vieles Blutvergießen verhindert.«
    »Sagt man. Wer diese
on dit'
s geschickt auszustreuen weiß, der kommandirt über Armeekorps. Und Beide, der Kaiser und die Kaiserin, sind darin geschickt, es fragt sich eben nur wie lange Beide zusammen operiren werden.«
    »Mein Gott, Sie scheinen auch mit den häuslichen Angelegenheiten des Kaiserpaares vertraut.«
    »Ich lese

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