Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
Vom Netzwerk:
ging! Aber die Raison! Hatten sie's denn mit ihm zu thun gehabt? – Er stellte sich gegen Dritte als die pure Unschuld. War bei der hübschen Tänzerin gewesen, hatte sich ungemein amüsirt. Sollten wir uns nun blamiren und ihm mit dürren Worten sagen, daß wir uns nicht amüsirt hätten? Durften wir überhaupt an die große Glocke schlagen? Durften wir es vor dem Prinzen? Wer wusste denn, ob er nicht mit im Spiel steckte, ob er's nicht eingeleitet, um mit guter Manier die Jenny los zu werden? Es war ja ein Labyrinth, ein Wespennest, in das wir stachen. Gott weiß, was daraus geworden wäre. Dohleneck und der Andere wollten ihren Abschied fordern. Das ging auch nicht. Sie waren ja wir . Das ganze Offizierkorps hätte den Abschied nehmen müssen. Meine Herren, ich versichere Sie, es war eine Hundegeschichte, und dazu den Bovillard ansehen müssen, der wie der Sonnenschein über die Parade spazierte.«
    »Sag' ich doch, man hat zuweilen im Leben Pech und weiß nicht, wo's herkommt.«
    Der Rittmeister hatte die Worte des Arrestaten noch gehört, als er eintrat, den Rosabrief auf den Tisch warf, und sich auf den Schemel: »Ist das Pech, oder nicht, oder was ist es? Ich weiß es nicht.«
    »Onkel, ein Rendez-vous? Will's Dir abkaufen, unbesehens. Bin generös. Den ersten Wechsel dafür.«
    »Lest mal das Zeug. Ich krieg's nicht klar.«
    Der Arrestat las: ›Wenn ein menschliches Herz in Ihnen schlägt, so setzen Sie Ihr Betragen nicht fort. Mein Gott im Himmel, ist es denn möglich, daß ein Kavalier, ein Offizier des Königs, ein Mann, dem man sonst gute Eigenschaften nicht abspricht, im Martern eines weiblichen Herzens sein Vergnügen finden kann! Wenn Sie auf unsere Bitten nicht hören wollen, wenn Sie Ihre Schwadron täglich vorüber reiten lassen müssen, treiben Sie den Hohn wenigstens nicht so weit, immer vor ihrem Fenster den Bart zu streichen. Sie sehen freilich nicht die Dolchstiche, die es in das Herz der Armen drückt, denn die Balsaminen verbergen sie Ihren Augen. Wir vertheidigen die Arme nicht, sie ist ein schwaches Weib. Sie verspricht uns wohl am Abend, morgen will sie sich in die Hinterstube verschließen, aber wenn Ihre Trompeter um die Ecke blasen, reißt es sie mit unwiderstehlicher Gewalt ans Fenster. Wenn sie dann schluchzend, ohnmächtig in unsere Arme sinkt, verspricht sie uns freilich, es soll das letzte Mal gewesen sein, aber – vielleicht wird es ein Mal das letzte Mal sein. Bietet denn eines Mannes Brust eine so unerschöpfliche Höhle für das Rachegefühl, daß er nie vergeben kann, und einer Frau, einer schönen Frau? Sie hat Sie beleidigt, ja, das geben wir zu, aus Uebermuth gekränkt, aber das Herz des Weibes gehört den Impulsen. Was wären wir, wenn wir ihnen nicht mehr gehorchten! – Damit Sie es denn wissen, ja dies Gefühl, Sie gekränkt zu haben, ist es, was an ihrem zarten Dasein nagt, diese Vorwürfe, die krampfhaft ihre Brust durchschüttern, die sie im Schlaf aufschreien lassen, die Wermuth in den Becher der Freude träufeln. Und das könnte ein Mann ruhig ansehen, und sich durch die Qualen, die er einer Frau bereitet, geschmeichelt fühlen? – Nein, mein Herr, es kämpft noch immer mit mir der Gedanke, daß unter diesem brüsken, zur Schau getragenen Affront – ein anderes Gefühl sich nur gewaltsame Selbsttäuschung erheuchelt! – Ich wiederhole meine Bitte, besinnen Sie sich, nehmen Sie Urlaub; entfernen Sie sich einige Zeit aus Berlin. Die Zeit heilt viele Wunden. Es ist alles vorbereitet; man wird Ihnen bereitwillig Urlaub ertheilen. Auch wenn Sie augenblicklich der Mittel entbehrten, soll dafür gesorgt werden. Es gilt ja das Glück einer der edelsten Seelen. – Bleiben Sie aber doch – dann, dann – nein ich lasse es mir nicht abstreiten, was ich ahne – dann hören Sie mehr von mir.‹
    »Na was ist das, Dohleneck?«
    »Ja, was ist's? So soll doch Gott den Teufel todschlagen, wenn ich 'ne Sterbenssylbe davon verstehe!«
    »Der Brief deutet auf anderes, was voranging?«
    »Freilich, schon zwei solche Wische, und neulich auf der Maskerade ward mir was ins Ohr geflüstert. Ich glaube, ich bin in einem Tollhause.«
    »Herr Bruder, besinnen Sie sich,« sagte der Wachthabende. »Da sind ja viele Indicien im Briefe: – eine schöne Frau, also ist's kein Mädchen, eine Frau, die Sie beleidigt hat, eine Frau, an deren Fenster Sie täglich vorbeireiten. An welcher Ecke lassen Sie die Trompeter blasen? Und Balsaminen stehen am Fenster.«
    Der Arrestat überflog das

Weitere Kostenlose Bücher