Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
Milchbart, als wäre es wirklich schon ein Knebelbart, sein Oheim, der Rittmeister, lächelte und drehte seinen vollen roth schimmernden mit stillem Vergnügen in die Höhe; »Nicht wahr, Fritz, das war auch ein kapitales Vergnügen?«
»Kostet mich baare hundert Friedrichsd'or, die ich dem Onkel pumpen musste nachher in der Weinstube. Aber, Onkel, weißt Du, ich hätte Dir noch hundert zugepumpt, wenn Du hättest: Absitzen! blasen lassen.«
»Ich glaub's dem Jungen,« sagte der Rittmeister, »der hätte gern oben Ordnung gemacht.«
»Die Prediger-Mädels sahen wir noch. Na die passirten; aber die Bescherung nachher hätte ich sehen mögen.«
»Glaub's auch.« sagte der Onkel und wirbelte noch immer am Bart. »Na davon muß man jetzt nicht reden. Du vor Allem nicht. Wie stehst Du denn mit der Comteß Laura?«
»Davon redet man nicht!« erwiderte der Kornet, sich gemächlich, ein Bein übers andre, im Schemel wiegend, und aus den übermüthigen Lippen den Rauch blasend.
»Verfluchter Junge der!« sagte der Onkel. »Dem ist's Glück mit der Muttermilch angeblasen. Solchem Milchbart, der kaum flügge ist, muß sie winken.«
»Fortuna ist ein Weibsbild!« seufzte der Gefangene.
»Und wenn man den General nicht fängt, ist man zuweilen mit dem Kornet zufrieden,« bemerkte der Wachthabende.
»Werde Sie um Erklärung nachher bitten lassen, Herr Lieutenant!« sagte der Kornet, ohne seine Stellung zu ändern.
»Kik in die Welt!« rief der Rittmeister. »Kornet Wolfskehl genannt zu Ritzengnitz, ein Kornet kann keinen Offizier um Erklärung bitten lassen.«
»Der wäre im Stande, und forderte den Prinzen selbst,« sagte der Arrestant. »Gefällt mir an ihm. Solche lieben die Damen. Plaudert nicht am Morgen in der Wachtstube die Eroberungen der Nacht aus.«
»Fritz, merkst Du was! Der Kapitän spekulirt auf Deinen Beutel. Lob ist nicht umsonst. Revanchire Dich, bezahl seine Schulden. – Er rührt sich wahrhaftig nicht. So ein junger Glückspilz! Das war das pfiffigste Stück meiner seligen Schwester, daß sie ihren Alten beschwatzen musste, ihn mit einundzwanzig mündig zu erklären. Um 'ne halbe Million das Pupillenkollegium betrügen! Als ob die Weiber das nicht wüssten, auch ohne Pupillenkollegium, und nun bildet sich der Junge ein, 's ist um sein glattes Gesicht.«
»Onkel, wir stehen in Relationen.«
»Halt's Maul! Willst Du dem Herrn Kapitän seine Spielschuld vorstrecken? Das ist das Vernünftigste, was Du thun kannst.«
»Mit Vergnügen, lieber Onkel, sobald Du Deine Wechsel bei mir eingelöst hast.«
»Kinder, nun bitte ich Euch, ist das nicht gegen die Moraliät, daß ein Neffe von seinem Onkel Wechsel hat! – Hast neulich erst in der Garnisonkirche gehört, was der Prediger von der Sittenverderbniß sprach. Pfui.«
»Herr Bruder haben Recht,« sagte der Wachthabende. »Ueberhaupt solche Papierwische. War' ich König, ich ließe alle Wechsel verbrennen.«
»Fritz, nimm also Raison an, willst Du?«
»Bin nicht bei Kasse.«
»Bin ich's etwa!«
»Lasst den Horstenbock nur erst los kommen,« sagte der Wachthabende. »Er findet auch noch einen Salomon Schmuel, der ihm fünfundvierzig Prozent auf den fünfundvierzigsten Gagetag vorschießt. 'S sind christliche Gemüther unter der löblichen Judenschaft.«
»Reinen Tisch!« rief plötzlich der Rittmeister. »
Quitte on double.
«
Auf dem unreinen, wie eine Wachtstube ihn mit sich bringt, mischte er die zergriffenen Karten und blickte fragend den Arrestaten an. Er nickte Zustimmung:
»In sechs Monat.«
»
Quitte ou quadruple
–«
»Was?« Alle sahen sich verwundert an.
»
Quitte ou quadruple, à payer,
wenn Horstenbock 'ne Kompagnie hat!«
Alle lachten: das Interesse steigerte sich, sie rückten wieder näher an den Tisch. Darin war Vernunft. Die vervierfachte Summe des Spielgewinnstes war ein Kapitol, aber eine Kompagnie war auch ein Kapital. Der Kapitän schlug ein.
»Und meinem Neffen, dem Kornet, verkauf ich sie für neunzig. Nutzt der Junge wieder sein Geld mit zehn Prozent.«
»Was mein guter Onkel nicht thut!« lachte der Kornet. »Aber wenn nun Krieg wird?«
»
Tant mieux!
« rief der Arrestat. »Wenn mich 'ne Kugel trifft, lach' ich Euch Alle aus.«
»Roth oder schwarz?« rief der Wachthabende, die Karten noch einmal zu dem wichtigen Spiel häufelnd.
»Roth!« rief der Rittmeister. Also »Schwarz!« der Kapitän.
»Verloren!« jubelte der Kornet auf, mit den Fingern schnalzend. »Onkel verloren!«
Der Arrestat warf diesmal die
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