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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Schritt schießt, pflegt der Tod näher zu sein als das Leben. Diese Rücksicht bestimmt auch mich, über andere Rücksichten hinweg zu sehen.«
    »So weit schon? Was wollen Sie denn noch?«
    »Nur einen Sekundanten. Auf morgen Abend steht die Promenade an. Die Bekannten, auf die ich fest gerechnet, haben mich nachträglich im Stich gelassen, Freunde habe ich nicht, also muß ich an – Nichtfreunde mich wenden. Unter den Civilisten war meine Bemühung vergebens, ich wende mich daher an das Militär.«
    »Wie – ich meine, wie kommen Sie zu uns?«
    »Weil Sie auf der Wache sind. – Meine Herren, ich betrachte Sie nicht als Individuen und Personen, sondern als Vertreter Ihres Standes, und Ihren Stand als den, welcher die Ehre zu vertreten hat. In einer Universitätsstadt würde ich mich an die Senioren der Landsmannschaften gewandt haben, hier wende ich mich an Sie. – Auf der Wache stehen Sie wie im Felde. Käme ein feindlicher Offizier zu Ihnen, um eine Ehrenangelegenheit abzumachen, so würden Sie als Kavaliere und Offiziere doch keinen Augenblick anstehen, die nöthigen Arrangements zu treffen.«
    Die Offiziere sahen sich wieder halb befremdet, halb zustimmend an. Der Rittmeister strich vergnügt seinen Bart. Der Wachthabende sagte nach einer Pause:
    »In solchen Dingen kommt doch Alles auf die Verhältnisse und Personen an, mit denen man zu thun hat.«
    »Gewiß,« entgegnete Bovillard, »und ich habe keinen Grund, vor den Herren den Namen meines Adversaire zu verschweigen, Ihr Wort vorausgesetzt, daß Sie Namen und Sache bis zum Austrag verschwiegen halten wollen.«
    Der Wachthabende blickte sich nach seinen Kamenden um: »Ich kann in ihrem Namen die Versicherung geben.«
    »Was kaum noth thäte. Die Herren würden doch nicht eine Ehrensache rückgängig machen wollen?«
    »Hol' mich der Teufel, nein!« brach es von den Lippen des Rittmeisters, derselbe freudig verächtliche Ausdruck stand auf den Gesichtern der Andern.
    »Mein Adversaire ist der Ihnen wahrscheinlich nicht unbekannte Legationsrath von Wandel.«
    » Der !« Alle sahen wieder befriedigt, fast vergnügt ihn an.
    »Die Sache ist kontrahirt, und er hat's angenommen?«
    »Kontrahirt, angenommen, Ort, Waffen und Zeit bestimmt.«
    Der Werth des Fremden war in der Wachtstube sichtlich gestiegen. Der Wachthabende hatte sich wieder vom Schemel erhoben.
    »Meine Herren,« sagte er, sich umschauend, »das ist ein eigener Kasus.«
    »Gegen den Kerl, der um den Bonapartegesandten schwänzelt, muß man Jedem beistehn,« meinte der Kornet.
    »Man muß ihn aber doch auch kennen,« sagte der Arrestat. »Es kommt auf die Verhältnisse und Personen an, mit denen man zu thun hat, äußerten Herr Bruder vorhin.«
    »Der Grund Ihres Disputes ist?« fragte der Wachthabende.
    »Gründe unter Kavalieren!« rief Bovillard jetzt auch aufstehend. Die Hand in der Brust verneigte er sich leicht. – »Verzeihung, meine Herren, wenn ich mich getäuscht hatte. Es war nicht meine Absicht Sie zu inkommodiren.«
    Es war aber jetzt durchaus nicht die Absicht der Andern, sie wollten sich inkommodiren lassen.
    »Es fragt sich eben nur mit wem wir –« der Redner stockte. Bovillard fiel ein:
    »Die Ehre haben zu thun zu haben. Sehr begreiflich. Da ich nicht so glücklich bin von Ihnen gekannt zu sein, wünschen Sie meinen Stammbaum einzusehen.«
    Das Wort Stammbaum schien wieder eine Wirkung hervorzubringen. Dennoch blieb dem Wachthabenden die Frage im Munde stecken. Der Arrestat fragte über den Tisch:
    »Sie heißen – Bovillard?«
    »Wie meine Ahnen.«
    »Da war auch mal hier ein Pastetenbäcker,
pâtissier et confiseur Louis Bovillard

    »Ich habe die Ehre sein Urenkel zu sein. Man rühmt ihn als einen der trefflichsten Männer in unserm Hause, ein Charakter und seltener Esprit.«
    »Es gab aber auch unter den Refugiés,« fiel der Wachthabende ein, »einen Sieur Louis Bertolet Fulcrand de Bovillard, der als Maitre de Cerisé in den Listen eingetragen steht.«
    »War auch mein lieber Urgroßvater, ein excellenter Mann.«
    »Wie passt das zusammen?«
    »Sie waren ein und dieselbe Person.«
    »Mein Herr, wir sprechen hier in einer serieusen Angelegenheit.«
    »Die serieuseste von der Welt. Mein Ahnherr konnte die Güter von Cerisé nicht mitnehmen, als er vor Louis' Dragonern bei Nacht und Nebel über die Grenze schlüpfte, aber sein Talent Pasteten zu backen, hat er mitgebracht. Er befand sich auch ganz wohl dabei. Ein jovialer Mann. Ich bin nicht stolz auf Verdienste meiner

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