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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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mit einem: ›Platz!‹ die Peitsche knallen. Das muthige Pferd, des langen Geredes überdrüssig, bäumte sich mit einem Satz, der dem Wagen zwar einen Stoß versetzte, daß die Frau Hoflackir ihre Ohnmacht vergessen musste; aber der Peitschenhieb hatte auch den gordischen Knoten zerhauen, den zu lösen dem Herrn Hoflackir am schwersten geworden wäre. Der Haufe, der auf die Rodomontade schon zu Thätlichkeiten Miene machte, flog auseinander, und Kies und Funken stoben.«
    »Kikelkakel Polizei!« rief Charlotte, als sie Zügel und Peitsche dem verdutzten Herrn Schwager wieder in die Hand warf. »Darum lohnt sich's auch!« Die aus der Ohnmacht erwachende Frau Hoflachir stöhnte: das komme davon, wenn man sich mit gemeinen Leuten einlasse. – »Gemeine Leute, das geht schon,« entgegnete Charlotte, deren Herz jetzt warm wurde, und ihre Zunge löste sich. »Aber wenn gemeine Leute wollen gebildet thun, Cousine, das ist um die Crepance zu kriegen. Die Schmiedetöchter da an der Panke, Hufschmied war er für die Fuhrleute und Bauern! Aber seit er den Knopfladen in der Stadt angenommen, da sollte es oben raus. 'Ne Mamsell lässt sich auch gleich machen, habe ich oft zu meinem Geheimrath gesagt. Das kostet Geld und Bildung, mit ´nem langen Plunderkleid ist's nicht gethan. Da mussten sie in die Komödie, vom Tanzboden ins Corps de Ballet. Ging's nicht so, dachten sie, geht's so. Das kennt man ja. Und Airs geben sie sich, wenn ein Offizier mal auf der Redoute: ›Meine Damen!‹ gesagt hat. Als ob man nicht wüsste, wie sie mal barfuß laufen mussten und Reisig auf der Hucke tragen, das ist noch keine Sünde nicht, aber pfui, wer sich schämt, was er gewesen ist. Und gegen den Vater wäre auch gar nichts zu sagen, wenn er nicht so schreckliche Manieren hätte. Man merkt doch gleich den Grobschmied raus. Und wo er zuschlägt, wächst kein Gras. Aber er ist doch mal ihr Vater, und gestohlen hat er doch auch nicht. Aber die Mutter, na, lieber Gott, wenn man von der erzählen wollte! Unter der Haube ist sie nun mal, aber von vorher weiß man Geschichten. Gott bewahre mich, daß ich was sagte. Wer Allen die Haube vom Kopfe reißen wollte, die jetzt hochmüthig thun, und auf Andere schief runter sehen, da hätte man viel zu thun. Einer den Andern verreden, da ist die Schlechtigkeit der Menschheit, und bis das nicht abgeschafft ist, Cousin, da können Sie mir glauben, ist's nichts in der Welt.«
    Einmal auf dem Einspänner, mussten wir ihn doch bis ans Thor begleiten. Wir zweifeln nicht, daß Charlottens Lunge, die das auf dem damaligen Berlier Strahenpflaster vermocht, auch draußen auf dem welchen Erdreich des Thiergartens noch lange fortgefahren ist. Sie verschaffte dem Hoflackirschen Ehepaare jedenfalls den Vortheil, nichts von den Spitzreden zu hören, die unter lautem Hohngelächter ihnen nachschallten.
    Hier war nur eine Partei zurückgeblieben, man möchte sagen, eine Herzensseligkeit, und die geputzten Mamsellen fielen sich mit den Straßenjungen um die Wette ins Wort, um den Fortgerollte etwas Kränkendes nachzuschicken. Der Zorn, wenn er auch nicht mehr trifft, muß sich selbst genügen. – Nein, wenn solche Leute sich herausnehmen wollen, die nichts sind! – Wer unter der Gassenjugend kannte nicht die Geheimraths Charlotte! Wenn die anfängt, müssen die Fischweiber unterducken. – Ja, mit den Fischweibern mag sie Trödel anfangen, da ist sie unter ihres Gleichen, aber sich unterstehen, anständige Personen auf der Straße zu attaquiren! – Eine Köchin so aufgedonnert, ein Skandal, was die Polizei verbieten müsste. – Die Polizei fragt freilich nicht, wo eine Köchin ihr Umschlagetuch her hat. – Vom Wachtmeister hat sie es gewiß nicht erhalten? – Wenn Charlotte sich einbildete, daß der Geheimrath sie heirathen würde, hier auf der Straße war es eine ausgemachte Sache, daß sie die Rechnung ohne den Wirth gemacht. – Und ihre Cousine, mit der sie so groß that! – Ja, wenn man nicht Alles wüsste, wenn man sie nicht gekannt hätte! – Ja, der Herr Hoflackir war ein honetter, proprer Herr, der auf sich was hielt. Immer adrett. Er zahlte baar. Der arme Hoflackir, daß er sich von der Person hat herumkriegen lassen! Aber es war ihm schon recht, warum war er ein solcher Schafskopf! – Die Wage des armen Hoflackirs ward immer leichter. Arbeiten verstünde er, das müsste man ihm lassen, aber sonst – ein Einfaltspinsel. – Und ohne die Weiber was wäre er! – Barfuß, die Stiefel auf dem Rücken, war er

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