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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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ruiniren. Und das loben noch Einige, er hat doch seinen Gefühlen gehorcht! – O Menschen!«
    Als der Legationsrath hinaus war sprach Herr von Fuchsius: »Sollte ich mich doch getäuscht haben?« Aber der Legationsrath trat wieder ein, ohne anzuklopfen; ja in seiner Aufregung vergaß er, den Hut abzuziehen. »Sie fanden ein Residuum von Arsenik im Magen des Menschen, des Bedienten oder Hausknechts?« – »Unzweifelhaftes Arsenikpräparat«
    Wandel fuhr mit beiden Händen an die Stirn, der Hut flog ab, er selbst sank auf einen Stuhl, einige Minuten sprachlos: »Dann bin ich sein Mörder – ich verschulde indirekt seinen Tod – ich gab den Rathschlag.« – »Erklären Sie sich deutlicher, wenn ich bitten darf. Es ist vermuthlich nur eine Phantasie.« – »Nein, Wahrheit! Der Mensch litt an einem perennirenden kalten Fieber. – Die Aerzte hatten es nicht erkannt, getäuscht durch zufällige Symptome. Heim macht jetzt Versuche, das Wechselfieber mit Arsenik zu kuriren. Er wendet es bei Unbemittelten an, seit die China durch den gehemmten ostindischen Handel so enorm aufschlug. Ich erzählte in einer Gesellschaft von der ersten glücklichen Kur. – Jetzt entsinne ich mich, die Lupinus hörte mit besonderer Aufmerksamkeit zu – dieser Blick, den ich damals nicht verstand! – Ihre Wißbegierde, ihre unselige Lust, alles Gewagte zu versuchen – o arme Freundin, jetzt wird mir Alles klar, und ich – Dein Mörder! Wollen Sie mich jetzt verhaften lassen; Sie haben ja ein vollständiges Bekenntniß!« sprach der Legationsrath aufstehend.
    Fuchsius hat ihn nicht verhaften lassen; aber als er jetzt hinaus war, um nicht wiederzukehren, sagte der Regierungsrath: »So kann man sich in einem Menschen täuschen. Das ist der Fluch der vorgefassten Meinungen.«
     

Achtzigstes Kapitel.
     
Verschlungene Hände.
    Ob die Fürstin in der Hedwigskirche ihr Herz ausgeschüttet, wissen wir nicht, aber einige Stunden, nachdem wir sie verlassen, finden wir sie schon in vollständiger Morgentoilette, wie sie mit einiger Verwunderung die Meldung eines Besuches anhört. Der Besuch ward angenommen und der Gesandte, Herr von Laforest, erschien im Zimmer, um bald darauf im Fauteuil ihr gegenüber zu sitzen. Die Fürstin hatte diese – Aufmerksamkeit, wie sie sagte, nicht erwartet. »Die Scheidestunde ist so ernst, daß man über die gewöhnlichen Höflichkeitsformeln wegsieht,« setzte sie hinzu. »Warum ernster, Fürstin, als jede andere Trennung?« – »Weil es eine auf immer ist.« – »Das Wort immer und ewig ist, dünkt mich, aus dem Lexikon der Diplomatie gestrichen. Nämlich aus dem zum Gebrauch der Adepten. In der Ausgabe, die ins Publikum kommt, ist es freilich dick unterstrichen; wir schließen immer ewige Verträge. Die Formeln aber dürfen wir nicht aus dem Auge lassen, sie sind die ewigen Fäden, an denen ein zerrissenes Gewebe wieder zusammengeknüpft wird. Man muß auch mit dem Teufel höflich sein, weil man nie weiß, ob man nicht seine Allianz einmal braucht« – »Sie können unmöglich glauben, daß man auch jetzt noch einmal den Bruch kittet.« – »Mit Diesen hier? Nein. Gott sei Dank, die Saat ist reif, zur Ernte, und die Sicheln geschliffen; für Körbe und Scheuern werden Napoleons Receveurs gesorgt haben. Preußen hat uns viel, sehr viel Geld gekostet. Es wird mit Zins auf Zins Alles wieder zahlen müssen, auch wenn es darüber drauf geht.« – »Ihre Assurance lass' ich auf sich beruhen, aber wir sind Preußens Alliirte.«
    Laforest fixirte sie lächelnd: »Ist der starke Mann, der einen Knaben hinter sich aufs Pferd nimmt, weil das Kind allein durch den Wald sich fürchtet, der Alliirte desselben? Eigentlich ist's ein Zwerg, der sich an die Croupe des Riesen klammert.« – »Durch zehn Jahre hat das große Frankreich unter allen seinen wechselnden Regimenten diesem Zwerge geschmeichelt.« – »Um so verdrießlicher sind wir gestimmt, und um so schärfer wird die Züchtigung ausfallen.« – »Wenn der Riese es zugiebt!« – »Das ist der Punkt, Prinzessin. Wir müssen uns darüber klar werden. Der Zwerg hinten auf der Croupe wird auf die Länge dem Reiter eine lästige Zugabe, er hindert ihn in seiner freien Bewegung und will wohl gar mitsprechen und das Pferd mitlenken. Wenn man ihn vor aller Welt aufhob, und von seiner Großmuth ein Fait machte, kann man ihn nicht immer ohne Weiteres wieder in den Staub setzen.« – »Lassen wir die Gleichnisse. Sie sind merveillös in Ihrer Zuversicht auf Sieg.«

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