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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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darum Ihre Staatsmänner nicht, denn konnten sie wissen, daß es hier endlich Ernst, daß man sich nicht doch einmal wieder anders besinnen werde? Eine Mobilmachung kostet viel Geld; man thut es doch nicht immer blos zum Vergnügen, besonders dann nicht, wenn eine ernsthafte, große Rüstung uns bevorsteht. Für die spart ein weiser Staatsmann die vollen Kräfte. Nun rüstet Buxhövden. Es ist jetzt Anfang Oktober. Bis spätestens Ende Oktober stoßen die preußischen und französischen Heere auf einander; irgendwo im Herzen von Deutschland, geht es nach den Feuerköpfen hier, so weit wie möglich nach dem Rheine zu. Nun bitte ich Sie, wie viel Truppen kann der wackere Buxhövden bis dahin disponibel machen, bis dahin durch Kurland, Lithauen, Preußen, Pommern, Brandenburg, durch unwegsame Sandsteppen, aufgewühlte Wege, dem Gros der Preußen nachschicken? Ich will das Höchste annehmen, daß dreißigtausend Mann in forcirten Märschen bis zum Entscheidungstage die Preußen erreichen, daß sie dieselben noch nicht geschlagen finden: würden diese dreißigtausend abgematteten Krieger, aus Complaisance auf die Schlachtbank geführt, das Schicksal ändern? Sie würden mit den Preußen aufgerollt, vernichtet. Und gesetzt, die Preußen siegten, wie viel Brosamen Ehre würden die Bramarbasse dem russischen Succurs zukommen lassen? – Rußland wäre noch einmal moralisch geschlagen, ohne geschlagen zu haben. – Nein, erlauchte Frau, ich versetze mich ganz in die Seele Ihrer klugen Staatsmänner, und spreche zugleich im Stolz eines Franzosen, wenn ich sie sagen lasse: Rußland ist es sich selbst schuldig, nicht mehr durch Echantillons seiner Macht gegen den Giganten zu kämpfen, es darf nicht mehr das Schwert ziehen gelegentlich für Andere, es ist Pflicht seiner Ehre, Gehorsam gegen seine Machtstellung, seine ganze Macht zusammenzuhalten, um sie für sich auf den furchtbaren Rivalen loszuwälzen, wenn – die Zeit kam.«
    »Nachdem die preußische Armee vernichtet ist!« – »Die wird es ohnedies. In ihrem Dünkel wollen es die Herren, die den König zum Kriege zwingen, auf einen Schlag ankommen lassen. Durch einen Effektstreich soll wieder gut gemacht werden, was so lange Jahre durch versäumt ist. Sind sie besiegt, so ist Preußen zertrümmert, das Land liegt vor uns, eine offene Beute.« –
    »Und Rußland, das zusieht?« – »Behält die Kraft, auf einen Feind sich zu stürzen, der zwar Sieger ist, aber blutet. Denn auf einen verzweifelten Widerstand dieser zweimalhunderttausend Preußen sind wir gefasst. Was dann weiter, steht im Rath der Götter, aber ich meine, daß Kaiser Alexander, an der Spitze seines Reiches, soutenirt von seiner Grenze, ein Wort darin mitsprechen wird, das nicht verhallen kann. Wo zwei Gleiche sich gegenüberstehen, ist aber Zeit zum Verhandeln.«
    »Ich könnte es eine Gnade Gottes nennen, daß Preußen keine Staatsmänner hat, wie Herrn von Laforest.«
    »Und ich Rußland Glück wünschen, daß sein Czar eine Freundin hat, deren hellerem Blick er traut. Unter uns, Napoleon hat keine solche Freundin, er glaubt nicht an das wunderbare den Frauen geschenkte Ahnungsvermögen. Er traut nur auf sich. Das ist – ein Unglück, denn über aller menschlichen Weisheit schwebt doch ein Etwas – was wir mit dem Verstande nicht ergründen. – Gleichviel nun, ob Sie Buxhövden die Regimenter, die er zusammentreibt, marschiren lassen, oder ihn freundlich warnen, daß er die Dinge sich vorher ansieht, daß er mehr an Rußlands Ansehen denke, als an die momentane Freundschaftsaufwallung Alexanders für Friedrich Wilhelm – das, theuerste Frau, sind Bagatellen – so oder so, ein höherer Wille lenkt dennoch Alles, und – ich denke, unser Abschied ist nicht auf lange, wir sehen uns bald unter andern Verhältnissen wieder.« –
    An der Thür war der Gesandte noch einmal umgekehrt, und zog ein gedrucktes Blatt aus der Brusttasche: »
A propos,
Prinzessin, Sie kennen vermuthlich das noch nicht. Ein Korrekturabzug, durch Zufall mir in die Hände gerathen, ein Avantcoureur des kommenden Manifestes, in die Erfurter Zeitung gestreut. Bemerken Sie den Passus!«
    Die Fürstin überflog das Blatt: »Nicht blos Preußen, die deutsche Nation sollte, ihrer Selbstständigkeit beraubt, aus der Reihe unabhängiger Völker gestoßen, einer fremden Souverainetät untergeordnet werden. Diesem Schlage, dem schrecklichsten, der Deutschland noch treffen könnte, zu begegnen, ehe es zu spät ist, dieses ist, nach

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