Ruhe unsanft
es nicht sinnlos. Selbst die alte Miss Marple hat das eingeräumt.«
»Aber irgendwelche nützlichen Hinweise hat sie uns nicht gegeben«, sagte Gwenda. »Trotzdem… sie machte ein Gesicht, als hätte sie ihre eigenen Ideen. Ich wüsste gern, wie sie selbst die Sache angepackt hätte.«
»Schlauer als wir auch nicht«, behauptete Giles selbsts i cher. »Wir müssen mit dem Herumrätseln aufhören, Gwenda, und systematisch vorgehen. Der Anfang ist schon gemacht: Ich habe das Sterberegister im Kirche n buch durchgesehen. Da steht keine Helen in den Jah r gängen, die infrage kämen.
Eine einzige Ellen klang so ähnlich wie Helen, aber das war eine Frau von vierundneunzig. Also weiter. Da dein Vater und deine Stiefmutter zumindest eine Zeit lang hier wohnten, müssen sie das Haus gekauft oder gemietet haben.«
»Laut Fosters Erzählung – Foster ist der Gärtner – wohnten vor den Hengraves vier Geschwister Elworth hier, und vor denen jahrzehntelang eine Mrs Findeyson, erst mit Familie, dann als Witwe. Sonst niemand.«
»Dein Vater könnte es irgendwann gekauft und nach sehr kurzer Zeit wieder verkauft oder auch nur gemietet haben, vielleicht möbliert. Danach erkundigen wir uns am besten bei den hiesigen Häusermaklern.«
Die Nachfrage bei den ansässigen Immobilienfirmen dauerte nicht lange, denn in Dillmouth gab es nur zwei. Die Firma Wilkinson war verhältnismäßig neu, sie b e stand erst seit elf Jahren und befasste sich hauptsächlich mit den neuen Bungalows am anderen Ende des Ortes. Galbraith & Penderley, von denen Gwenda das Haus gekauft hatte, waren Alteingesessene; von ihnen war noch am ehesten eine brauchbare Auskunft zu erwarten.
Giles begann das Gespräch mit Komplimenten: Seine Frau und er seien entzückt von Dillmouth im Allgeme i nen und »Hillside« im Besonderen. Nun habe Gwenda immer mehr das Gefühl, als Kind schon einmal in »Hil l side« gewohnt zu haben. Sie glaube sich an vieles zu eri n nern und möchte es nun ganz genau wissen. Ob nicht ein Major Halliday in den Akten stände? Es sei etwa achtzehn oder neunzehn Jahre her, und…
Mr Penderley unterbrach Giles mit einer bedauernden Geste.
»Leider kann ich Ihnen nicht helfen, Mr Reed. Unsere Akten reichen nicht so weit zurück, jedenfalls nicht bei kurzen Zwischenvermietungen. Und mir ist der Name Reed, geborene Halliday, neulich, als wir mit Ihrer Gattin verhandelten, zum ersten Mal vorgekommen. Ja, wenn unser alter Hauptbuchhalter noch lebte! Der hatte ein unglaubliches Gedächtnis, er konnte auf Anhieb jede Kleinigkeit erzählen, die sich während seiner dreißig B e rufsjahre bei uns zugetragen hatte. Erstaunliches G e dächtnis, wirklich ganz erstaunlich! Aber leider ist er let z ten Winter gestorben.«
»Oh! Und sonst ist niemand mehr da, der sich unter Umständen so weit zurückerinnern könnte?«
»Unsere Belegschaft ist jetzt vergleichsweise jung. Der Seniorchef, Mr Galbraith, lebt zwar noch, hat sich aber schon seit Jahren vom Geschäft zurückgezogen.«
»Könnte ich Mr Galbraith persönlich sprechen?«, fragte Gwenda.
»Ich glaube kaum…« Mr Penderley war offensichtlich verlegen. »Er hat voriges Jahr einen Schlaganfall erlitten, wissen Sie. Seine körperlichen und geistigen Kräfte sind sehr… reduziert. Er ist schon in den Achtzigern.«
»Wohnt er in Dillmouth?«
»Das ja. Sein Haus heißt ›Calcutta Lodge‹. Ein sehr hübscher kleiner Besitz in der Seaton Road. Aber ich weiß nicht recht…«
»Da bestehen wohl nur schwache Aussichten«, sagte Gwenda draußen zu Giles. »Aber man kann nie wissen. Schriftliche Anfragen wären wohl auch zwecklos. Ich meine, wir gehen einfach hin und erproben die Macht der Persönlichkeit.«
»Calcutta Lodge« war von einem wohl gepflegten kle i nen Garten umgeben, und das Wohnzimmer, in das Gwenda und Giles geführt wurden, war ebenso gepflegt, wenn auch etwas übermöbliert. Es roch nach Biene n wachs und Reinigungsmitteln. Die Messingbeschläge fu n kelten. Vor den Fenstern hingen üppig geraffte Stores.
Eine hagere, verblühte Dame mit misstrauischem Blick trat ein. Giles beeilte sich, den Zweck ihres Besuchs zu erklären, und zerstreute damit Miss Galbraiths Argwohn, es mit zudringlichen Staubsaugervertretern zu tun zu h a ben.
»Leider kann ich Ihnen auch nicht helfen«, sagte sie. »Neunzehn bis zwanzig Jahre sind eine lange Zeit…«
»Manchmal erinnert man sich ja trotzdem an einen Namen oder eine Begegnung«, meinte Gwenda.
»Ich selbst hatte nie etwas mit
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