Ruhe unsanft
gungen und machten, dass sie hinauskamen.
»Eins steht fest«, sagte Gwenda, »mein Vater und ich waren mal in ›Hillside‹. Was machen wir nun?«
»Ich Idiot!«, rief Giles, »›Somerset House‹!«
»Was oder wo ist ›Somerset House‹?«, fragte Gwenda.
»Eine Behörde in London, wo sämtliche Eheschließu n gen registriert werden. Ich brauche nur unter Halliday nachzusehen. Laut Bericht deiner Tante Alison hat dein Vater sofort nach der Ankunft in England zum zweiten Mal geheiratet. Überleg mal, Gwenda – das hätte uns längst einfallen können –, es ist doch möglich, dass diese ›Helen‹ Trauzeugin, Schwester oder Freundin deiner Stiefmutter war. Wenn wir ihren Mädchennamen wissen, finden wir eher jemanden, der über alle Verwandtschafts- und Freundschaftsbeziehungen in ›Hillside‹ Bescheid wusste. Der alte Knabe Galbraith hat ja unter anderem gesagt, deine Stiefmutter wollte gern in der Nähe ihrer früheren Familie sein. Wenn die noch hier in der Gegend wohnen, könnten wir mehr erfahren.«
»Giles«, sagte Gwenda, »du bist großartig!«
Ein paar Tage später brachte der Postbote schon die off i zielle Antwort auf ihre Eilanfrage in London.
»Das hat geklappt, Gwenda!«, rief Giles triumphierend, als er eine Fotokopie aus dem Umschlag zog. »Heiratsr e gister Kensington, beglaubigte Abschrift«, las er vor. »Freitag, den 7. August… und so weiter. Kelvin James Halliday und Helen Spenlove Halliday, geborene Kenn e dy.«
»Helen?«, rief Gwenda.
Sie blickten sich entgeistert an.
»Aber – aber das kann doch nicht deine Helen sein«, sagte Giles langsam. »Ich meine – sie trennten sich, und sie hat wieder geheiratet – und dann gingen sie weg.«
»Dass sie weggegangen ist«, sagte Gwenda, »wissen wir doch gar nicht!«
Sie sah noch einmal auf den sauber getippten Namen: Helen Spenlove Halliday, geborene Kennedy.
Helen…
7
A ls Gwenda ein paar Tage später bei scharfem Wind die Esplanade entlangging, stockte ihr Fuß unvermittelt vor einem der Glashäuschen, die eine rührige Kurverwaltung zur Benutzung der Kurgäste errichtet hatte.
»Miss Marple!«, rief sie äußerst überrascht.
Tatsächlich, es war Miss Marple, vermummt in einen dicken Flauschmantel und einen warmen Schal.
»Ja, da staunen Sie, mich hier zu treffen!«, sagte sie munter. »Mein Arzt hat mir zur Abwechslung Seeluft verordnet, und da Sie mir Dillmouth so verlockend g e schildert hatten und ich außerdem in einer mir empfohl e nen Pension unterkommen konnte, bin ich kurz en t schlossen losgefahren.«
»Aber warum haben Sie sich nicht bei uns gemeldet?«, fragte Gwenda.
»Liebes Kind, weil alte Leute lästigfallen können. B e sonders junge Ehepaare sollte man besser in Ruhe la s sen.« Sie lächelte über Gwendas Protest. »Ich weiß, dass Sie mich reizend aufgenommen hätten. Wie geht es Ihnen beiden? Und wie weit sind Sie mit Ihren Nachforschu n gen?«
»Wir sind auf einer heißen Spur.« Gwenda setzte sich neben Miss Marple, um genau zu berichten. »Und dann«, schloss sie, »haben wir es mit einer Suchanzeige versucht, vom Lokalblatt bis zur Times und den anderen großen Zeitungen: Wer Auskunft über den Verbleib von Mrs Helen Spenlove Halliday, geb. Kennedy, geben kann, wird gebeten, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Da r auf müssten wir doch ein paar Antworten kriegen, me i nen Sie nicht?«
»Ja, das ist eigentlich anzunehmen.«
Miss Marples Stimme klang friedlich wie immer, aber ihr Seitenblick auf die junge Frau drückte neben Ermu n terung auch Besorgtheit aus. Gwendas unbeschwerter Tatendrang klang nicht ganz echt. Die Fragwürdigkeit ihres Unternehmens schien ihr allmählich klar zu werden. Doch nun war es wohl zu spät, das Ganze einfach fallen zu lassen. In einem Ton, als müsse sie sich entschuldigen, sagte Miss Marple: »Ich bin wirklich brennend intere s siert. Mein Leben verläuft so eintönig… Finden Sie es sehr neugierig, wenn ich Sie bitte, mich auch künftig auf dem Laufenden zu halten?«
»Natürlich, gern!«, versicherte Gwenda lebhaft. »Sie werden von allem unterrichtet. Wenn Sie nicht gewesen wären, hätte ich die Ärzte bestürmt, mich in eine Klap s mühle zu stecken. Geben Sie mir bitte Ihre Adresse, und kommen Sie bald auf einen Drink… ich meine, zum Tee zu uns. Sie müssen doch endlich den Ort des Verbr e chens besichtigen, nicht wahr?«
In ihrem Lachen war eine kleine nervöse Schärfe.
Als Gwenda gegangen war, schüttelte Miss Marple kaum
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