Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
nicht mehr.«
    »Habe ich mir gedacht. Kannten Sie Mrs Kimble gut?«
    Dr. Kennedy schüttelte den Kopf. »Ich habe sie seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Aber Sie haben sie eben – hm – wiedererkannt?«
    Gwenda schauderte, aber einem Arzt machte der A n blick von Leichen offenbar nichts aus. »Unter den geg e benen Umständen«, meinte Kennedy bedächtig, »ist es schwer zu sagen, ob ich sie wieder erkannte oder nicht. Mrs Kimble ist erdrosselt worden, nicht wahr?«
    »Ja. Die Leiche wurde in einem Gebüsch auf halbem Wege zwischen Matchings Halt und Woodleigh Camp von einem Urlauber entdeckt. Der Mann fand sie etwa zehn Minuten vor vier Uhr und benachrichtigte sofort die Polizei. Unser Arzt nimmt für den Eintritt des Todes einen Zeitpunkt zwischen zwei Uhr fünfzehn und drei Uhr an. Vermutlich ist sie bald nach Verlassen des Bah n hofs überfallen und erwürgt worden. Außer ihr ist an der Station niemand ausgestiegen. Nun ist die Frage: Warum stieg Mrs Kimble in Matchings Halt aus? Hat sie die St a tionen verwechselt? Sehr unwahrscheinlich. Jedenfalls war sie für den Besuch bei Ihnen zwei Stunden zu früh dran und kam nicht mit dem Zug, den Sie vorgeschlagen hatten, obwohl sie Ihren Brief bei sich trug. Was wollte sie denn von Ihnen, Doktor?«
    Dr. Kennedy griff in die Tasche und holte Lilys Brief hervor. »Dies habe ich Ihnen mitgebracht. Der beiliege n de Zeitungsausschnitt ist ein Inserat, das von Mr und Mrs Reed im Lokalblatt aufgegeben wurde.«
    Der Inspektor las den Brief und das Inserat und blickte fragend auf.
    »Kann ich die Vorgeschichte hören? Die Sache scheint weit in die Vergangenheit zurückzureichen, wenn ich recht verstehe?«
    »Achtzehn Jahre«, sagte Gwenda.
    Stückweise, mit Ergänzungen und Erläuterungen, b e richteten sie. Inspektor Last war ein guter Zuhörer, der jeden auf seine Art erzählen ließ. Kennedy war kurz und sachlich, Gwenda etwas sprunghaft, aber sehr anschaulich in ihren Schilderungen. Den wertvollsten Beitrag lieferte Giles, der sich klar auf das Wesentliche beschränkte, aber nicht so reserviert wie Kennedy und nicht so gefühlvoll wie Gwenda war. Alles zusammen dauerte seine Zeit.
    Schließlich zählte Inspektor Last noch einmal die wic h tigsten Punkte auf:
    »Mrs Halliday ist Dr. Kennedys Schwester und Ihre Stiefmutter, Mrs Reed. Sie verschwand vor etwa achtzehn Jahren aus dem Haus, in dem Sie jetzt wohnen. Lily Kimble, geborene Abbott, war damals als Hausmädchen dort in Stellung. Aus irgendwelchen Gründen war Mrs Kimble offenbar der Meinung, damals sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Ferner gab und gibt es die Theorie, Mrs Halliday habe das Haus mit einem Mann verlassen, Identität unbekannt. Major Halliday starb ein i ge Jahre später in einer Nervenklinik, und zwar unter der Zwangsvorstellung, er habe seine Frau erwürgt. Ob es ein Wahn war oder nicht…« Er hielt inne. »Alle diese Einze l heiten sind ganz interessant, passen aber nicht zusa m men. Der springende Punkt ist doch: Lebt Mrs Halliday noch, oder ist sie tot? Und wenn sie tot ist, seit wann? Und was wusste Lily Kimble?«
    Er seufzte. »Es scheint doch, dass sie tatsächlich etwas Wichtiges gewusst hat. Wichtig genug, dass jemand sie ermordete, um sie am Reden zu hindern.«
    »Aber außer uns«, rief Gwenda, »wusste niemand, dass sie darüber reden wollte!«
    Inspektor Last blickte sie nachdenklich an.
    »Es hat was zu bedeuten, Mrs Reed, dass sie den Zwei-Uhr-fünf-Zug von Dillmouth Junction nahm, statt den um vier Uhr fünf, und eine Station früher ausstieg. Dafür muss sie einen Grund gehabt haben. Welchen? Mir scheint es durchaus möglich, dass sie nach ihrem Brief an Dr. Kennedy noch eine Verabredung mit jemand anders traf, bei Woodleigh Camp, und erst nach diesem Treffen mit Dr. Kennedy sprechen wollte. Sie kann eine bestim m te Person im Verdacht gehabt haben, der sie unter A n deutung ihrer Kenntnisse ein Gespräch vorschlug…«
    »Also Erpressung!«, sagte Giles unverblümt.
    »Vermutlich hat sie es nicht so gesehen«, sagte Last. »Sie war einfach habgierig und machte sich Hoffnungen und handelte etwas kopflos. Vielleicht kann uns ihr Mann etwas mehr erzählen.«
     
    »Ich hab sie gewarnt«, sagte Mr Kimble schwerfällig. ›»Lass die Finger davon!‹, habe ich zu ihr gesagt. Sie hat’s trotzdem getan, hinter meinem Rücken. Wusste ja immer alles besser. So war sie, die Lily…«
    Weitere Fragen ergaben, dass Mr Kimble wenig mitz u teilen hatte. Ja, Lily war

Weitere Kostenlose Bücher