Ruhe unsanft
in »St. Catherine« in Stellung g e wesen, bevor sie sich kennen lernten und anfingen, mi t einander zu gehen. Verrückt aufs Kino, das war sie, und sie hatte ihm erzählt, dass sie in einem Haus gearbeitet hatte, wo ein Mord passiert war.
»Ich hab kaum hingehört«, versicherte Mr Kimble. »A l les Einbildung, hab ich mir gedacht. Lily gab sich nie mit den nackten Tatsachen zufrieden, Lily nicht. Was sie sich für eine Geschichte ausdachte! Der Herr hätte seine Frau umgebracht und im Keller vergraben. Und dann noch was über das Kindermädchen, die vom Fenster aus i r gendwas oder irgendwen gesehen hatte. ›Was die Auslä n der sagen, ist immer gelogen‹, hab ich zu Lily gesagt. ›Da hört’n anständiger Mensch überhaupt nicht hin.‹ Aber Lily hat weitergeredet, und ich hab nicht mehr hingehört, weil ich wusste, sie fantasiert sich wieder was zurecht. Schwärmte für Verbrechen, die Lily. Las immer ›Berüh m te Mordfälle‹ in der Zeitung, die gab’s mal in Fortsetzu n gen, und sie redete mir die Ohren voll und fand es wu n derbar, dass sie mal selber in einem Mordhaus gewesen war, und ich dachte, lass sie reden, tut ja keinem weh. Aber wie dieses Inserat in der Zeitung stand, da wollte sie sich gleich melden. ›Lass die Finger davon, Mädchen‹, hab ich gesagt, ›das gibt nur Ärger!‹ Und wenn sie auf mich gehört hätte, würde sie jetzt noch leben.« Mr Kimble nickte nachdenklich. »Ja, sie wär noch am Leben. Aber so war sie, die Lily. Wusste immer alles besser.«
23
D as Gespräch mit Mr Kimble wurde von Inspe k tor Last nur im Beisein Dr. Kennedys geführt. Giles und Gwenda waren nachhause gefahren, wo sie gegen sieben Uhr eintrafen. Gwenda sah blass und krank aus. »Geben Sie ihr einen Brandy«, hatte Kennedy beim Abschied zu G i les gesagt, »und sorgen Sie dafür, dass sie etwas isst. Und dann ins Bett. Die Geschichte hat sie sehr mitgenommen.«
»Es ist so schrecklich, Giles«, sagte Gwenda immer wieder. »So schrecklich! Die dumme Person verabredet sich mit ihrem Mörder und läuft ihm vertrauensvoll d i rekt in die Arme. Wie ein Schaf zur Schlachtbank!«
»Liebling, grüble nicht mehr darüber nach! Schließlich haben wir gewusst, dass ein Mörder herumlief.«
»Doch heute nicht mehr! Wir glaubten nur, dass es vor achtzehn Jahren einen gegeben haben konnte. Es war schon fast unwirklich. Alles hätte sich als Irrtum herau s stellen können!«
»Nun, jetzt haben wir den Beweis, dass es keiner war. Du hast von Anfang an Recht gehabt, Gwenda.«
Zu Giles’ Erleichterung war Miss Marple in »Hillside«. Sie und Mrs Cocker bemühten sich rührend um die e r schöpfte Gwenda, die den angebotenen Brandy zwar ablehnte, weil er sie an Schiffe und Seekrankheit erinne r te, aber einen heißen Whisky mit Zitrone trank und dann auf Miss Marples Zureden sogar ein Omelett aß.
Giles hätte sich lieber über andere Dinge unterhalten, aber Miss Marple, ihm taktisch überlegen, redete ruhig und distanziert über das Verbrechen.
»Eine schreckliche Sache, mein liebes Kind«, sagte sie. »Kein Wunder, dass Ihnen der Schreck noch in den Kn o chen sitzt. Aber interessant ist es auch, wie ich gestehen muss. In meinem Alter ist der Gedanke an den Tod n a türlich nicht mehr so entsetzlich, wie er Ihnen erscheint – mir flößt nur eine schleichende Krankheit und Siechtum wie Krebs Grauen ein. Im Moment finde ich den endgü l tigen, einwandfreien Beweis am wichtigsten, dass die ju n ge Helen Halliday wirklich ermordet wurde. Geahnt h a ben wir’s schon lange, aber nun wissen wir es.«
»Dann müssten wir allmählich auch wissen, wo die Le i che geblieben ist«, sagte Giles. »Wahrscheinlich im Keller, was?«
»Nein, nein, Mr Reed. Edith Pagett hat doch am näch s ten Morgen nachgesehen, weil Lilys Behauptungen sie unsicher gemacht hatten, und sie fand keine Spuren. Und es hätte welche geben müssen, nicht wahr?«
»Was hat der Mörder dann mit der Leiche gemacht? Im Auto abtransportiert und von den Klippen ins Meer g e worfen?«
»Nein. Überlegen Sie doch mal! Was ist Ihnen sofort aufgefallen, Gwenda? Dass Sie vom Salon aus keinen Blick aufs Meer hatten. Sie fanden ganz richtig, dass an einer bestimmten Stelle ein paar Stufen zum Rasen hinu n terführen sollten, aber gerade dort standen ein paar Zie r sträucher. Später erfuhren Sie, dass früher wirklich Stufen da gewesen, aus unerfindlichen Gründen aber ans Ende der Terrasse verlegt worden waren. Wieso diese Veränd e rung?«
Gwenda
Weitere Kostenlose Bücher