Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
unsere Furcht verwandelt den Bach in eine tiefe Schlucht. Perdita ist immer zuversichtlich, und deshalb stellt der vermeintliche Abgrund für sie kein Hindernis dar…«
    » Ich könnte mir kaum ein größeres – beziehungsweise tieferes – Hindernis vorstellen«, betonte Magrat. »Und was die Brücke betrifft…« »Wir vergeuden Zeit.« Agnes trat über die Steinplatten der Brücke und verharrte auf halbem Wege zur anderen Seite.
»Es wackelt ein bißchen, aber sonst ist es nicht weiter schlimm!« rief sie. »Man muß nur…«
Die Platte unter ihr bewegte sich, und sie verlor das Gleichgewicht.
    Agnes streckte beide Arme, und reiner Zufall wollte es, daß ihre Hände die Kante der Steinplatte erreichten. Ihre Finger waren zwar recht kräftig, aber es baumelte ziemlich viel Agnes unter ihnen.
    Sie blickte nach unten. Eigentlich wollte sie nicht hinabsehen, aber diese Richtung beanspruchte einen großen Teil der Welt.
    Das Wasser befindet sich etwa dreißig Zentimeter unter dir, sagte Perdita. Das stimmt wirklich. Du brauchst dich nur fallen zu lassen, und damit kennst du dich doch aus…
    Agnes senkte erneut den Blick. Die Schlucht war so tief, daß man das Platschen, mit dem sie im Fluß verschwinden würde, vermutlich gar nicht hörte. Sie sah nicht nur tief aus, sie fühlte sich auch tief an. Um Agnes herum stieg feuchte Luft auf, und die Leere unter ihr schien an ihren Füßen zu zerren.
    »Magrat hat einen Stein nach unten geworfen!« brachte Agnes hervor. Ja, und ich habe gesehen, wie er einige Zoll weit gefallen ist.
    »Ich liege auf dem Bauch, und Magrat hält mich an den Beinen fest«, sagte Nanny Ogg im Plauderton direkt über ihr. »Ich greife nach deinen Handgelenken, ja, und wenn du ein wenig zur Seite schwingst, solltest du mit einem Fuß die Steinsäule dort drüben erreichen können, und dann ist alles klar wie Kloßbrühe.«
    »Du brauchst nicht mit mir zu reden, als wäre ich eine in Panik erstarrte Närrin!« zischte Agnes.
    »Ich wollte nur freundlich sein.«
»Ich kann die Hände nicht bewegen!«
»Doch, du kannst. Sieh nur, ich habe deinen rechten Arm erreicht.« »Ich kann die Hände nicht bewegen!«
»Überstürze nichts, wir haben den ganzen Tag Zeit«, sagte Nanny.
    »Wann immer du soweit bist.«
    Agnes hing noch etwas länger an der Steinplatte. Inzwischen konnte sie ihre Hände nicht einmal mehr fühlen. Was vermutlich bedeutete, daß sie es gar nicht merken würde, wenn ihre Finger den Halt verloren.
    Die Steine knirschten.
»Äh… Nanny?«
»Ja?«
    »Könntest du noch einmal so mit mir reden, als wäre ich eine in Panik erstarrte Närrin?«
»Kein Problem.«
    »Äh… warum eigentlich ›klar wie Kloßbrühe‹? Ich meine, ich kenne da eine Kloßbrühe, die ganz und gar nicht klar ist…«
»Interessante Frage. Ich…«
»Und sprich bitte etwas lauter. Perdita ruft immer wieder, ich brauchte
    mich nur einen halben Meter fallen zu lassen und würde im Bach stehen!«
    »Glaubst du, daß sie recht hat?«
»Nicht, was den halben Meter angeht!«
Es knarrte und knackte in der Brücke.
»Nun, ob halber Meter oder nicht – du würdest auf jeden Fall im Was
    ser enden«, sagte Nanny. »Machst du irgendwelche Fortschritte? Ich kann dich leider nicht hochziehen, und außerdem werden meine Arme allmählich taub.«
    »Ich kann die Säule nicht erreichen!«
»Dann laß los«, erklang Magrats Stimme irgendwo hinter Nanny. »Magrat!« sagte Nanny Ogg scharf.
»Nun, vielleicht ist die Schlucht für Perdita tatsächlich nur ein kleiner
    Bach. Knotiges Gelände kann zwei Dinge zugleich sein, nicht wahr? Und wenn sie es auf diese Weise wahrnimmt… Kannst du es nicht ihr überlassen? Soll sie damit fertigwerden. Gib ihr die Kontrolle.«
    »Sie übernimmt nur dann die Kontrolle, wenn ich wirklich starken Belastungen ausgesetzt bin! Sei still!«
»Ich wollte nur…«
    »Ich meine nicht dich, sondern sie! O nein… «
Die linke Hand, weiß und fast gefühllos, löste sich vom Stein und aus Nannys Griff.
»Laßt das nicht zu!« kreischte Agnes. »Ich falle Dutzende von Metern tief auf spitze Felsen!«
    »Ja, aber da dir das ohnehin bevorsteht, könnte es doch einen Versuch wert sein«, erwiderte Nanny. »An deiner Stelle würde ich die Augen schließen…«
    Die rechte Hand löste sich ebenfalls vom Stein.
Agnes schloß die Augen. Sie fiel.
Perdita öffnete die Augen. Sie stand im Bach.
»Verdammt!« Agnes hätte nie »verdammt« gesagt, und gerade deshalb
    nutzte Perdita jede Gelegenheit dazu.
    Sie griff

Weitere Kostenlose Bücher