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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Tiere manchmal
    ins knotige Land flüchteten.«
    »Sie müssen ziemlich verzweifelt gewesen sein«, sagte Agnes. Das Hei-
    dekraut war hier viel düsterer und kratzte wie mit Dornen. »Al es sieht…
    scheußlich aus.«
    »Es kommt dabei auf die jeweilige Einstellung an.« Nanny stieß mit
    dem Fuß gegen etwas.
    Es war… Nun, es schien einmal ein Markierungsstein gewesen zu sein.
    Aber jetzt lag er auf der Seite, und Flechten hatten eine dicke Schicht auf
    ihm gebildet.
    »Der Wegweiser«, sagte Nanny. »Es ist schwer, das Moor wieder zu
    verlassen, wenn man nichts davon weiß. Nun, auf zu den Bergen. Ist
    Esme gut eingewickelt, Magrat? Die kleine Esme, meine ich.«
    »Sie schläft.«
    »Ja«, erwiderte Nanny – in einem sonderbaren Tonfal , wie Agnes fand.
    »Na gut. Gehen wir. Oh, ich dachte, wir könnten viel eicht das hier
    gebrauchen…«
    Sie kramte in den unergründlichen Tiefen eines Schlüpferbeins und
    holte zwei Socken hervor, die so dick waren, daß sie von ganz al ein auf-
    recht standen.
    »Lancre-Wol e«, erklärte Nanny. »Unser Jason hat sie gestrickt, und ihr
    wißt ja, wie dick seine Finger sind. Damit könnte man durch eine Wand
    treten.«
    Das Heidekraut kratzte vergeblich über drahtartige Wol e, als die Frau-
    en durchs Moor eilten. Noch immer stand die Sonne am Himmel – als
    eine hel e Stel e hinter den dichten Wolken –, doch Dunkelheit schien
    aus dem Boden zu kommen.
    Agnes…, erklang Perditas Stimme in der Abgeschiedenheit des geteilten Gehirns.
    Was ist? fragte Agnes.
    Nanny macht sich Sorgen über etwas, das mit dem Baby und Oma zu tun hat. Ist dir das aufgefallen?
    Agnes dachte: Nanny sieht die kleine Esme immer wieder so an, als
    wol te sie sich über etwas klarwerden. Meinst du das?
    Ich glaube, es geht dabei ums Borgen…
    Vermutet sie, Oma benutzt das Baby, um uns zu beobachten?
    Ich weiß nicht. Aber irgend etwas geschieht…
    Das Donnern weiter vorn wurde lauter.
    »Da fließt ein kleiner Bach, nicht wahr?« fragte Agnes.
    »Ja«, entgegnete Nanny. »Wir sind gleich da.«
    Das Gelände neigte sich nach unten, und plötzlich starrten die Hexen
    in einen Abgrund, der den Blick nicht erwiderte. Er war gewaltig. Tief
    unten schäumte Wasser. Kalte, feuchte Luft wehte ihnen über die Ge-
    sichter.
    »Das kann doch nicht sein«, sagte Magrat. »Das ist weiter und tiefer als die Lancre-Schlucht!«
    Agnes blickte in den Dunst hinab. Der Bach ist nur etwa sechzig Zentimeter tief, sagte Perdita. Ich sehe jeden einzelnen Kieselstein.
    »Perdita glaubt, daß es sich um eine… optische Täuschung handelt«,
    sagte Agnes.
    »Vielleicht hat sie recht«, meinte Nanny. »Knotiges Land, versteht ihr?
    Innen größer als außen.«
    Magrat nahm einen Stein und warf ihn. Er stieß mehrmals gegen die
    Felswand, drehte sich um die eigene Achse und hinterließ nur ein stei-
    nernes Echo, als er in der Tiefe verschwand. Der Fluß befand sich viel
    zu weit unten, als daß sie sehen konnten, wie der Stein hineinplatschte.
    »Sehr realistisch, nicht wahr?« fragte Magrat besorgt.
    »Wir könnten die Brücke nehmen«, sagte Nanny und deutete in die
    entsprechende Richtung.
    Die Hexen sahen zur Brücke. Sie zeichnete sich durch eine negative
    Qualität aus. Mit anderen Worten: Wenn sie beschlossen, die Grenzen
    der Wahrscheinlichkeit auf die Probe zu stel en und den Abgrund zu
    überqueren, indem sie einfach durch leere Luft schritten, so mochten sie
    Erfolg damit haben – aufgrund günstiger Aufwinde, oder weil al e betei-
    ligten Luftmoleküle zur gleichen Zeit die gleiche verrückte Idee entwi-
    ckelten. Doch über die Brücke zu gehen… Diese Vorstellung erschien
    sofort absurd.
    Ihr fehlte Mörtel. Die Säulen bestanden aus Felsen, die wie bei einer
    Bruchsteinmauer aufeinandergestapelt waren, und oben ruhten einige
    flache Steine auf ihnen. Das Resultat wäre selbst von Leuten, die so pri-
    mitiv waren, daß in ihrer Sprache das Wort »primitiv« fehlte, als primitiv
    bezeichnet worden. Das Gebilde knirschte unheilverkündend im Wind.
    Stein schabte auf Stein.
    »Das Ding flößt mir kein Vertrauen ein«, sagte Magrat. »Es könnte kei-
    nem Sturm standhalten.«
    »Es würde schon bei leichtem Wind auseinanderbrechen«, meinte Ag-
    nes. »Bestimmt ist es gar nicht real.«
    »Dann dürfte es tatsächlich recht schwierig sein, sie zu überqueren«,
    sagte Nanny.
    Es ist nur eine Steinplatte über einem Graben, beharrte Perdita. Ich könnte ein Rad darauf schlagen. Agnes blinzelte.
    »Oh, ich

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