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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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betrachtet, erkannten sie
    eine Statue, die nicht einmal so menschenähnlich war, wie es zunächst
    den Eindruck gemacht hatte. Feuchtigkeit glänzte an ihr. An der langen,
    krummen Nase formten sich Tropfen und fielen mit einem gelegentli-
    chen Pling in einen kleinen Teich.
    »Als Mädchen bin ich mal mit einem jungen Zauberer hier oben gewe-
    sen«, sagte Nanny. »Seine Lieblingsbeschäftigung bestand darin, mit ei-
    nem kleinen Hammer auf Felsen einzuschlagen. Allerdings gab es da eine
    Sache, mit der er sich noch lieber beschäftigte«, fügte Nanny mit einem
    Lächeln hinzu, das der Vergangenheit galt. Dann seufzte sie. »Er meinte,
    die Hexe sei nur eine Ansammlung von irgendwelchem Zeug aus den
    Felsen, von tropfendem Wasser zurückgelassen. Aber meine Oma er-
    zählte mir, hier hätte eine Hexe Platz genommen, um über irgendeinen
    wichtigen Zauberspruch nachzudenken, und sie hat sich in Stein ver-
    wandelt.«
    »Es ist ein weiter Weg für einen Ausflug«, sagte Agnes.
    »Oh, zu Hause hatten wir viele Kinder, und es regnete oft, und für ge-
    naue geologische Untersuchungen mußte man ungestört sein«, sagte
    Nanny. »Vielleicht liegt sein Hammer hier noch irgendwo. Nach einer
    Weile vergaß er ihn völlig. Paßt auf, das Felsgestein ist glitschig. Was
    macht die kleine Esme, Magrat?«
    »Oh, sie gluckst munter vor sich hin. Ich muß sie bald füttern.«
    »Wir sollten auf sie achtgeben«, sagte Nanny.
    »Ja, natürlich.«
    Nanny faltete kurz die Hände und zog sie dann langsam wieder ausein-
    ander. Das Glühen zwischen ihnen konnte sich nicht mit dem hel en
    Glanz von Zauberern messen, kam eher einem matten Friedhofsleuch-
    ten gleich. Es genügte jedoch, um zu verhindern, daß jemand in ein Loch
    fiel.
    »An einem solchen Ort könnte man auf Zwerge stoßen«, sagte Magrat,
    als sie durch einen Tunnel schritten.
    »Das glaube ich nicht. Zwerge mögen keine Orte, die sich dauernd ver-
    ändern. Heutzutage kommen nur noch Tiere hierher – und Oma Wet-
    terwachs, wenn sie mit ihren Gedanken allein sein will.«
    »Und du, um geologische Untersuchungen durchzuführen«, sagte
    Magrat.
    »Ha! Damals sah’s hier anders aus. Blumen wuchsen im Moor, und die
    Brücke bestand aus Trittsteinen. Weil ich verliebt war.«
    »Du meinst, das hiesige Gelände paßt sich Empfindungen an?« fragte
    Agnes.
    »Ja. Es ist wirklich erstaunlich, wie hoch und wacklig die Brücke sein
    kann, wenn man schlechte Laune hat. Ich weiß das aus eigener Erfah-
    rung.«
    »Wie hoch sie wohl für Oma gewesen sein mag?«
    »Wahrscheinlich erstreckte sie sich bis über die Wolken, Mädchen.«
    Nanny blieb an einer Gabelung des Weges stehen und deutete in eine
    Richtung.
    »Ich schätze, sie ist dorthin gegangen. Wartet mal…«
    Sie streckte den einen Arm aus. Es knirschte, ein Teil der Decke löste
    sich und krachte direkt vor ihr auf den Boden. Wasser spritzte, und
    Steinsplitter stoben davon.
    »Jetzt brauchen wir nur über diesen Schutt hier zu klettern«, fügte
    Nanny hinzu, als wäre überhaupt nichts geschehen.
    »Etwas versucht, uns fernzuhalten«, sagte Agnes.
    »Aber es wird damit keinen Erfolg haben«, erwiderte Nanny. »Außer-
    dem glaube ich, daß uns kein Leid geschieht.«
    »Das war ein ziemlich großer Felsbrocken!« gab Agnes zu bedenken.
    »Ja, aber er hat uns nicht getroffen, oder?«
    Weiter vorn stießen sie auf einen unterirdischen Fluß. Das Wasser
    schäumte weiß und strömte so schnel dahin, daß sie kaum Einzelheiten
    erkennen konnten. Wel en türmten sich an einem natürlichen Damm aus
    Treibholz auf und gischteten fast darüber hinweg. Ganz oben auf dem
    Damm lag ein langer, einladend aussehender Baumstamm.
    »Das ist viel zu gefährlich für die kleine Esme!« platzte es aus Agnes
    heraus. »Daran dürfte wohl kaum ein Zweifel bestehen. Du bist ihre
    Mutter, Magrat!«
    »Ja, ich weiß, ich war bei der Geburt zugegen«, erwiderte Magrat mit
    einer Ruhe, die einen zur Raserei bringen konnte. »Aber dies fühlt sich nicht gefährlich an. Oma ist irgendwo in der Nähe.«
    »Ja«, sagte Nanny. »Ich glaube, wir sind ihr jetzt ganz nahe.«
    »Aber sie kann doch keine Flüsse und Felsen kontrollieren…«, begann
    Agnes.
    »Hier? Ich weiß nicht. Dies ist ein sehr… reaktiver Ort.«
    Sie schoben sich langsam über den Baumstamm, und das Baby wurde
    weitergereicht.
    Agnes lehnte sich an die Steinwand. »Wie weit ist es noch ?«
    »Nun, eigentlich sind’s nur noch ein paar Zentimeter«, meinte Nanny.
    »Diese Antwort

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