Ruinen der Macht
Elora.« Parsons verbeugte sich leicht. Er verstand es, in anderen Menschen zu lesen. Elora hatte nichts von dieser Einladung des Legaten gewusst. Und so fand die Saat der Zwietracht ihren Boden.
15. April 3133
»Sie haben den anderen entkommen lassen«, fauchte Lady Elora. Der Mann, der als Kellner in dem Straßencafe gearbeitet hatte, ließ sich davon allerdings nicht einschüchtern.
»Sie wollten den Tod der Frau. Sie ist tot. Der Mann hätte zusätzlich gekostet.«
»Unfähig«, grummelte Elora. Sie schob den Sessel vom Schreibtisch zurück und stierte den Mann an. Er hatte sich schon früher als nützlich erwiesen. Er konnte ihr auch weiter nutzen. Hanna hatte zu viele Informationen ausgegraben. Was konnte sie mit diesem Wissen getan haben? Ohne Zweifel hatte sie ihrem Geliebten davon erzählt. Es wäre alles sehr viel einfacher gewesen, wäre Dale Ortega mit ihr zusammen umgekommen.
Aber hatte sie es noch jemand anderem gegenüber erwähnt? Elora kochte vor Wut. Sie hatte Hannas Beschattung angeordnet, als deutlich geworden war, dass es im Informationsministerium eine undichte Stelle gab. Doch die Überwachung hatte wiederholt versagt. Hanna konnte außer mit dem Baronet noch mit einer Vielzahl von Menschen über ihren Verdacht gesprochen haben. Bei dem Gedanken, die Reporterin könnte ihre Entdeckung dem Baron mitgeteilt haben, traten tiefe Falten auf die Stirn der Ministerin.
Sie verwarf den Gedanken schnell. Der Baron hätte Elora entlas-sen. Oder? War er möglicherweise gewieft genug zu erkennen, wie das auf die Menschen gewirkt hätte, die an jedem Wort des Ministeriums hingen? Sie hatte ihr Möglichstes getan, den Nachrichten des Ministeriums die größtmögliche Zuschauerzahl zu sichern und konstant angedeutet, dass hinter der nächsten Ecke Gefahr lauerte. Die Ministerin für Information zu entlassen hätte man in der Öffentlichkeit als Versuch der Zensur ausgelegt.
»Ich habe noch einen Auftrag für Sie.«
»Kein Problem.«
»Diesmal werden Sie eine schwierigere Rolle spielen müssen als die eines Kellners.«
»Kein Problem.«
»Lassen Sie sehen, wie schnell Sie sich in einen Soldaten verwandeln können. In einen, der den Nachschub für den Legaten kontrolliert.« Sie grinste, als der Mann sie perplex anstarrte. Die Idee war ihr gekommen, nachdem sie gehört hatte, dass Tortorelli Krieg spielen wollte.
Die Spiele sind eröffnet.
16. April 3133
»Worte reichen nicht aus, meine Trauer auszudrücken, Dale«, erklärte Sergio Ortega. »Ich weiß, Hanna hat dir sehr viel bedeutet.«
Dale Ortega bemühte sich, ein stoisches Gesicht aufzusetzen, aber Austin sah den Schmerz, den sein Bruder fühlte. Bei seiner ganzen Vorgeschichte als Weiberheld hatte Dale in Hanna Leong endlich eine Seelenverwandte gefunden gehabt. Sie durch einen so furchtbaren Verkehrsunfall zu verlieren, musste schmerzen, möglicherweise noch schlimmer, weil sie ihre Mutter auch schon durch einen Hubschrauberabsturz verloren hatten.
Austin fragte sich, ob es besser war, den Tod kommen, ihn sich unaufhaltsam nähern zu sehen, oder abrupt mit dem Ende konfrontiert zu werden. Doch so sehr er sich auch bemühte, er kam zu keiner Antwort.
»Ich stehe in Kontakt mit den Behörden«, stellte der Gouverneur fest, »und man hat mir versichert, dass der Fahrer gefunden und mit der ganzen Härte des Gesetzes zur Rechenschaft gezogen wird. Diese Tragödie hätte sich niemals ereignen dürfen.«
Dale wollte antworten, sah seinen Bruder an, dann schloss er den Mund. Austin fragte sich, was Dale hatte sagen wollen.
»Warum nimmst du nicht ein paar Tage frei?«, schlug er vor. Er wollte seinem Bruder helfen, die Trauer zu verarbeiten, und wusste, eine gewisse Zeit ohne Verpflichtungen konnte helfen, den Schicksalsschlag zu mildern.
»Dazu besteht kein Anlass«, wehrte Dale ab. »Ich habe nur ein paar Kratzer abbekommen. Ich arbeite lieber, als herumzusitzen und mich selbst zu bemitleiden.«
Austin hörte noch etwas anderes in den Worten des Bruders mitschwingen. Dale wollte die Möglichkeiten zur Verfügung haben, die ein Arbeitsplatz im Gouverneursbüro ihm eröffnete.
Warum?, fragte sich Austin. Was hat Dale vor?
»Ich weiß, das ist ein furchtbarer Zeitpunkt, um über Politik zu reden«, sagte Sergio. »Die Idee deines Bruders, dass du ein, zwei Wochen Urlaub nehmen solltest, ist ausgezeichnet. Betrachte dich von diesem Moment an als beurlaubt.« Er blätterte in seinem Terminkalender. »Warum gehen wir nicht fischen, sobald der
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