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Ruinen der Macht

Ruinen der Macht

Titel: Ruinen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Vardeman
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Öffentlichkeitsspektakel als zu einer Gedenkfeier geraten, aber Austin wusste, es war nötig gewesen. Mit Dale war Mirachs Kronprinz gestorben.
    Das Begräbnis hatte sich um Dales Status gedreht, aber nicht nur darum. Mit einem Schlag war Austin Nummer eins auf der Thronfolgeliste der Baronie geworden. Gedanken darüber, einmal selbst Baron zu werden, hatte er sich zuletzt in der frühen Kindheit gemacht. Doch selbst damals war das nie mehr als eine spielerische Fantasie gewesen. Dazu hatte Dale eine viel zu wichtige Rolle in seinem Leben gespielt. Im Augenblick schien diese Fantasie plötzlich ausgesprochen wahrscheinlich.
    Als er sich den Baron jetzt anschaute, wirkte sie sogar ganz besonders wahrscheinlich. Sergio Ortega war in der vergangenen Woche um ein Dutzend Jahre gealtert. Er schien nur noch ein Schatten seiner selbst.
    Austins Vater hatte den Schock verarbeitet und die Rituale absolviert, die für die Bestattung unumgänglich waren. Aber all das hatte ungemein an seinen Kräften gezehrt. Austin konnte nicht sagen, ob es besser war, dass Gesandter Parsons den Abflug bis nach der Beisetzung verschoben hatte, oder nicht. Was würde er dem Lordgouverneur über Mirach zu berichten haben? Trotz der Möglichkeit, dass der Bericht durchweg negativ ausfiel, hatte Austin Mühe, sonderliches Interesse daran aufzubringen. Jerome Parsons war wieder fort, seine Mission so mysteriös wie eh. Was sie für Mirach bedeutete, kümmerte Austin weit weniger als die Frage, wer dem Panzer bei der Gefechtsübung die scharfe Munition untergeschoben hatte.
    Seine Gedanken kreisten um das wenige, das er wusste. Das Ganze wirkte durchgängig wie ein Unfall. Ein tragischer Fehlgriff. Aber er selbst hatte Dale zugeredet, dass Hannas Tod nur »ein tragischer Unfall« gewesen war. Jetzt verstand er, warum sein Bruder sich dieser Erklärung so widersetzt hatte. In seinem Geist tobte ein offener Konflikt zwischen der Logik einerseits und einem instinktiven Unbehagen andererseits, das sich weigerte, bloßen Fakten nachzugeben.
    Hinter Dales Tod musste mehr stecken. Und das bedeutete: Für Hannas Tod galt dasselbe.
    Austin hatte versucht, aus seinem Vater herauszukitzeln, worüber Hanna Long bei ihrem Treffen mit ihm gesprochen hatte, aber der Baron hatte eine unsichtbare Mauer um sich aufgebaut und zog sich immer häufiger in die Einsamkeit zurück. Jetzt, da die 1KL unter Tortorellis Befehl stand, war Austin zudem von einer weiteren Informationsquelle abgeschnitten. Bis dahin hätte er die Leibwache des Barons fragen können, wohin er gegangen war, wen er getroffen, was er getan hatte. Natürlich waren derartige Informationen geheim, aber als Kamerad und Mit-Lancier hätte er sie den Posten schon entlocken können. Und immerhin war er zudem noch Baronet.
    Thronerbe. Alleiniger Thronerbe.
    Es behagte ihm nicht, dass Manfred Leclerc seit Dales Beisetzung nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetaucht war. Er fühlte sich einsam.
    Der Sekretär des Gouverneurs winkte ihn aus der Waffenkammer ins Büro.
    »Alles ist vorbereitet, Papa«, sagte Austin.
    »Zu schade, dass du die Pressekonferenz nicht für mich übernehmen kannst«, bedauerte Sergio, während er sich aus dem Sessel stemmte. »Aber das geht nicht. Ich bin der Gouverneur.« Der Ton, in dem er das sagte, ließ in Austin den Eindruck entstehen, das Gewicht einer ganzen Welt laste auf seinem Vater und er sei nahe daran, diese Verpflichtung aufzugeben.
    »Ich würde es dir abnehmen, wenn ich das könnte, aber man zählt auf dich. Lady Elora hat die Öffentlichkeit noch stärker verunsichert.«
    »Neue Aufstände. Ich muss mit den Gewerkschaftsführern sprechen. Und mit dieser Kinsolving. Das kannst du für mich tun, Austin.« Sergio ging seinem Sohn voraus auf den Flur. Er bewegte sich, als würde er an unsichtbaren Fäden in den Konferenzsaal gezogen, wo das Informationsministerium und andere, kleinere Nachrichtensender ihre Kameras für den ersten offiziellen Pressetermin seit der Beerdigung aufgebaut hatten.
    Sergio trat ans Mikrofon, räusperte sich und begann zu reden, ohne sich lange zu vergewissern, ob die Reporter so weit waren. Möglicherweise war es ihm auch gleichgültig.
    »Nach den traurigen Ereignissen der letzten Woche wird es Zeit, in die Zukunft zu blicken und Lösungen für die wirtschaftlichen Probleme zu finden, mit denen sich Mirach konfrontiert sieht. Gesandter Parsons hat uns Hoffnung auf Unterstützung durch die Republik gemacht, aber es ist unsere Pflicht und

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