Ruinen der Macht
stand.
»Ich hätte das nie zulassen dürfen«, sagte der Baron mit tonloser Stimme und schaute auf die Rauchfahne, die aus dem Wrack aufstieg. »Es muss eine andere Möglichkeit geben, unsere Probleme zu lösen, wenn schon eine einfache Übung in einem so furchtbaren Unglück enden kann. Ein Manöver hat mich meinen Sohn gekostet?«
»Herr Gouverneur, Sie haben mein tiefstes Mitgefühl. Ich weiß nicht, wie so etwas geschehen konnte. Aber es war ein Manöverunfall, ein furchtbares Missgeschick. Niemanden trifft eine Schuld.« Legat Tortorelli plusterte sich auf und bemühte sich, den Eindruck zu erwecken, er hätte alles unter Kontrolle. Der Versuch misslang.
»Ein Unfall, Legat. Ein tragischer, beklagenswerter Unfall, der uns einen jungen Offizier mit blendenden Zukunftsaussichten gekostet hat«, bestätigte Lady Elora. »Lieutenant Ortega wird eine tiefe Lücke hinterlassen. Mit Ihrer Erlaubnis, Gouverneur Ortega, wird das Informationsministerium im Andenken Ihres Sohnes eine ein-stündige Sondersendung produzieren und ausstrahlen.«
Austin löste sich von der kleinen Gruppe und ging an den Rand der Klippe. Das Schlachtfeld war voll von derartigen taktischen Herausforderungen, die es für Ausbildung und Training umso besser geeignet machten. Jetzt hatten die Herausforderungen eine tödliche Dimensionen erreicht. Das THQ war über die Klippe geschleudert worden. Falls irgendjemand an Bord die Breitseite aus fünfzehn Raketen wider Erwarten überlebt hatte, hatte der fünfzehn Meter tiefe Sturz sein Ableben garantiert. Ein plötzliches, heftiges Schwindelgefühl traf ihn wie ein Hammerschlag, dann, einen Augenblick später, konnte er sich wieder fangen. Rings um ihn bewegten sich Menschen, doch er schien wie von einer Glaskugel eingeschlossen. Austin hatte das Gefühl, er habe einen Friedhof betreten. Alle standen regungslos und stumm da, starrten ihn an wie einen Käfer unter dem Mikroskop, bis Lady Elora sprach.
»Was für ein Gefühl ist es, miterleben zu müssen, wie Ihr Bruder auf so tragische Weise ums Leben kam, Lieutenant Ortega?« Sie trat näher und neigte sich etwas zu ihm herüber. Ein Hauch vom Gardenienduft ihres Parfüms traf ihn und verursachte erneutes Schwindelgefühl. Wie konnte sie es wagen, ihm eine derartige Frage zu stellen? Austin hätte die Hände ausstrecken und ihr den Hals umdrehen mögen, aber angesichts der Kameras und Mikrofone, die auf ihn gerichtet waren, starrte er sie nur wortlos an und wünschte sie zum Teufel.
»Wir werden Sie später für die Gedenksendung interviewen«, erklärte Elora. Austin ging zurück zu seinem Vater.
»Von diesem Moment an, Legat«, stellte der ältere Ortega fest, »unterstehen die 1. Kosaken-Lanciers Ihrem Befehl. Je eher jede Spur ihrer Existenz aus meinem Leben getilgt ist, desto besser.«
»Gouverneur Ortega.« Tortorelli verneigte sich. Seine Augen leuchteten angesichts der neu gefundenen Macht. »Sie dürfen sich gewiss sein, dass diese Einheit einen Ehrenplatz unter den Truppen Mirachs erhalten und jederzeit zu Ihrer Verfügung stehen wird, sollten Sie sie benötigen.«
»Ich werde sie nicht benötigen«, stellte Sergio nüchtern fest.
Austins erster Gedanke war, dass sein Vater jetzt mehr als je zuvor Schutz benötigte. Aber er wusste genau, dass er mit einer derartigen Argumentation keine Chance auf Erfolg hatte. Also versuchte er etwas anderes.
»Papa, Dale hätte nicht gewollt, dass die 1KL dem Legaten unterstellt wird. Behalte sie in seinem Gedächtnis, zu seiner Ehre.« Er sah die Kiefermuskeln seines Vaters spielen und kannte dessen Antwort. Schon vor dem Manöver hatte es kaum eine Chance gegeben, dass er seinen Entschluss änderte. Jetzt gab es überhaupt keine mehr.
»Der Anblick ihrer Uniformen würde mich an Dale erinnern«, lehnte Sergio ab. »Ich möchte zurück zum Palast. Begleitest du mich, Austin?«
»Ich komme nach, Papa«, wehrte er ab. »Lass mich erst Abschied nehmen.« Sein Blick glitt hinüber in Richtung des Wracks.
»In Ordnung«, bestätigte Sergio und entfernte sich mit steifen Schritten.
Austin machte einen Bogen um den Bereich, den Elora Rimonowa für ihre Zwecke requiriert hatte. Sie hatte die Reporterin beiseite gedrängt und moderierte den Bericht selbst. Austin konnte es nicht ertragen, ihr zuzuhören.
Die Worte tragisch und Unfall hallten ihm in den Ohren, als Austin davonstolperte und den Shandra fand, den Manfred Leclerc bei der Gefechtsübung gefahren hatte. Er schwang sich auf den Fahrersitz,
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