Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)
vergangen zu sein, als wir von der Straße zum Flughafen abbogen und auf den schmalen Weg kamen, der zum Casa Cabrones führte. Wir waren noch ein paar hundert Meter entfernt, als ich Salas Wagen sah. »Da ist er«, sagte ich und deutete den Weg hoch.
»Jesus«, murmelte er. »Ein Wunder.«
Als wir anhielten, sah ich, daß der Wagen auf zwei Kokosnuß-Holzblöcken statt auf Rädern stand. Die waren weg, genauso wie der Scooter von Yeamon.
Sala nahm es gelassen. »Immerhin – hätte schlimmer sein können.« Er stieg in den Wagen und suchte herum.
»Alles da, nur die Reifen fehlen – verdammt Glück gehabt.«
Yeamon war außer sich vor Zorn. »Ich werde dieses Ding überall wiedererkennen!« schrie er. »Irgendwann werde ich einen damit erwischen.«
Ich war überzeugt, daß wir noch mehr Ärger bekommen würden, wenn wir uns noch länger in der Gegend des Casa Cabrones aufhielten. Der Gedanke, ein weiteres Mal zusammengeschlagen zu werden, machte mich unruhig. Ich lief ungefähr fünfzig Meter in Richtung Bar, um zu sehen, ob Gefahr drohte. Doch die Bar hatte geschlossen, und der Parkplatz war leer.
Ich ging wieder zurück und sah am Wegrand etwas Rötliches im Gebüsch. Es war der Scooter von Yeamon, mit einer Schicht Palmblätter bedeckt. Jemand mußte ihn hier versteckt haben, um ihn später zu holen.
Ich rief Yeamon, und er kam und zog ihn heraus. Nichts fehlte. Der Motor sprang sofort an. »Verdammt«, sagte er. »Ich sollte hier sitzen bleiben und warten, bis der Mistkerl zurückkommt – als kleine Überraschung.«
»Klar«, sagte ich. »Und dann verbringst du den Sommer in La Princesa. Komm schon – hauen wir ab.«
Als wir wieder beim Wagen waren, überschlug Sala die Kosten für vier neue Reifen. Er wirkte niedergeknickt.
»Gehen wir was frühstücken«, sagte Yeamon. »Ich muß was essen.«
»Bist du verrückt?« meinte Sala. »Ich kann doch den Wagen hier nicht stehen lassen – dann nehmen sie ihn endgültig auseinander.« Er öffnete seine Brieftasche. »Hier«, sagte er zu Yeamon. »Geh runter zu der Tankstelle da, ruf den Fiat-Händler an und sag ihm, er soll vier Reifen herschicken. Auf der Karte ist seine Privatnummer – sag ihm, es ist für Mr. Lotterman.«
Yeamon nahm die Visitenkarte und trottete die Straße herunter. Ein paar Minuten später hörten wir ihn zurückkommen. Dann saßen wir eine Stunde herum, bis der Abschleppwagen kam. Zu meiner Überraschung hatte der Mann tatsächlich vier Reifen geschickt. Wir montierten sie, Sala unterschrieb mit Lottermans Namen einen Beleg, dann fuhren wir zum Frühstück ins Long Beach Hotel. Yeamon folgte uns auf seinem Scooter.
Der Patio war überfüllt. Wir setzten uns drinnen an die Snack-Bar. Hier waren wir mitten unter einem Menschenschlag, den ich zehn Jahre lang strengstens gemieden hatte – aus der Form geratene Frauen in wollenen Badeanzügen, dumpfbackige Männer mit unbehaarten Beinen und verkniffenem Lachen – alles Amerikaner, und alle erschreckend gleich. Diese Leute sollte man nicht von zu Hause weglassen, dachte ich. Man sollte sie im Keller irgendeines gottverdammten Elks Club einsperren und mit Softpornos ruhigstellen. Wenn sie Urlaub brauchen, zeigt ihnen ausländische Filmkunst. Und wenn sie das immer noch nicht befriedigt, setzt sie in der freien Wildbahn aus und macht mit bissigen Hunden Jagd auf sie.
Ich glotzte sie an und gab mir Mühe, das miese Frühstück herunterzubringen, das mir die Bedienung vor die Nase gestellt hatte – schleimige Eier, triefenden Speck und wässrigen amerikanischen Kaffee.
»Verflucht noch mal«, sagte ich. »Wir sind doch hier nicht bei Nedick’s – habt ihr keinen puertoricanischen Kaffee?«
Sie schüttelte den Kopf.
Sala verschwand und kaufte einen MIAMI HERALD. »Mir gefällt es hier«, sagte er grinsend. »Ich sitze gern hier rum, schaue runter auf den Strand und denke an all die schönen Dinge, die man mit einer Luger anstellen könnte.«
Ich legte zwei Dollar auf den Tisch und stand auf.
»Wo willst du hin?« fragte Yeamon, der sich von Sala einen Teil der Zeitung genommen hatte und jetzt aufschaute.
»Weiß nicht«, sagte ich. »Wahrscheinlich zu Sanderson. Hauptsache weg von diesen Leuten hier.«
Sala sah mich an. »Du und Sanderson, ihr seid ziemlich dicke Kumpel«, sagte er mit einem Lächeln.
Ich wollte nur noch weg, und deshalb beachtete ich ihn gar nicht, aber als ich auf der Straße stand, wurde mir klar, daß er darauf aus gewesen war, mich zu
Weitere Kostenlose Bücher