Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)
erhob sich Yeamon und forderte eine Übersetzung aller gegen uns gerichteten Aussagen.
»Sie haben doch alles gehört«, sagte der Richter in perfektem Englisch.
Yeamon erklärte, daß keiner von uns gut genug Spanisch spreche. »Vorher haben diese Leute auch Englisch geredet«, sagte er und deutete auf den Cop und den Geschäftsführer. »Warum nicht jetzt?«
Der Richter lächelte verächtlich. »Sie haben wohl vergessen, wo Sie sind«, sagte er. »Mit welchem Recht kommen Sie hierher und machen Ärger – und verlangen dann von uns, Ihre Sprache zu sprechen?«
Es war nicht zu übersehen, daß Yeamon dabei war, die Beherrschung zu verlieren; ich bedeutete Sanderson, etwas zu unternehmen. In diesem Augenblick hörte ich, wie Yeamon sagte, er würde »selbst unter Batista eine bessere Behandlung erwarten.«
Totenstille breitete sich im Gerichtssaal aus. Der Richter starrte Yeamon mit haßerfüllten Blicken an. Fast konnte ich spüren, wie das Beil herabsauste.
Da rief Sanderson aus der hinteren Ecke des Saals: »Euer Ehren, dürfte ich etwas sagen?«
Der Richter schaute auf. »Wer sind Sie?«
»Mein Name ist Sanderson. Ich bin bei Adelante.«
Ein Mann, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, ging mit schnellen Schritten zum Richter und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Richter nickte, dann schaute er wieder zu Sanderson. »Sprechen Sie«, sagte er.
Nach den wilden Anschuldigungen des Cops und des Geschäftsführers schien die Stimme Sandersons aus einer anderen Welt zu kommen. »Diese Männer sind amerikanische Journalisten«, sagte er. »Mr. Kemp ist bei der NEW YORK TIMES, Mr. Yeamon repräsentiert die American Travel Writer’s Association, und Mr. Sala arbeitet für das LIFE-Magazin.« Er machte eine Pause, und ich fragte mich, ob uns das irgend etwas nützen würde. Daß wir zuvor als Yankee-Journalisten identifiziert worden waren, hatte sich jedenfalls als Desaster erwiesen.
»Vielleicht täusche ich mich«, fuhr Sanderson fort, »aber ich denke, diese Zeugenaussagen waren ein wenig verwirrend, und ich würde es wirklich nicht gern sehen, wenn das jemanden unnötigerweise in Verlegenheit bringen würde.« Er schaute den Oberbullen an, dann wieder den Richter.
»Mein Gott«, flüsterte Yeamon. »Hoffentlich weiß er, was er da macht.«
Ich nickte und sah in das Gesicht des Richters. Sanderson hatte die letzte Bemerkung in einem eindeutig warnenden Tonfall gemacht, und mich überkam kurz der Gedanke, er könnte betrunken sein. Es hätte mich nicht gewundert, wenn er direkt von irgendeiner Party gekommen wäre, auf der er seit dem frühen Nachmittag mäßig, aber beständig getrunken hatte.
»Nun gut, Mr. Sanderson«, sagte der Richter mit ruhiger Stimme. »Was schlagen Sie vor?«
Sanderson lächelte höflich. »Ich denke, es wäre klug, diese Anhörung fortzusetzen, wenn die Atmosphäre ein wenig entspannter ist.«
Der selbe Mann, der zuvor dem Richter ins Ohr geflüstert hatte, stand jetzt wieder am Richtertisch. Es gab einen schnellen Wortwechsel, dann sprach der Richter zu Sanderson.
»Sie haben nicht unrecht«, sagte er, »aber diese Männer haben sich arrogant verhalten – sie haben keine Achtung vor unseren Gesetzen.«
Sandersons Gesicht verdüsterte sich. »Euer Ehren, sollte der Fall heute Nacht verhandelt werden, muß ich um eine Vertagung bitten – solange, bis ich Adolfo Quinones erreicht habe.« Er nickte. »Ich werde ihn natürlich aufwecken, werde Señor Quinones aus dem Bett holen müssen, aber ich fühle mich nicht qualifiziert, hier weiterhin als Anwalt aufzutreten.«
Es gab eine weitere eilige Konferenz am Richtertisch. Der Name Quinones schien dem Gericht zu denken zu geben. Er war der Anwalt der NEWS, ehemaliger Senator und einer der prominentesten Männer auf der Insel.
Wir alle schauten nervös zu, während die Konferenz fortgesetzt wurde. Endlich sah der Richter zu uns herüber und befahl uns aufzustehen. »Sie werden gegen Kaution freigelassen«, sagte er. »Oder Sie warten im Gefängnis – das liegt bei Ihnen.« Er notierte sich etwas auf einem Zettel.
»Robert Sala«, sagte er. Sala schaute auf. »Sie sind angeklagt wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit, ungebührlichem Benehmen und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Die Kaution wird auf eintausend Dollar festgesetzt.«
Sala grummelte und sah weg.
»Addison Yeamon«, sagte der Richter. »Sie sind angeklagt wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit, ungebührlichem Benehmen und Widerstand gegen die
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