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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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bereits vergessen.

13
    WIR HATTEN DEN HAFEN noch nicht ganz erreicht, als ich schon den Krach hörte. Die Insel lag vor uns wie ein großer Grashaufen mitten im Ozean, und von dort drangen das melodiöse Hämmern der Steeldrums und das unablässige Dröhnen von Motoren und vielfaches Geschrei zu uns herüber. Es wurde lauter, als wir in den Hafen einliefen, und es lag noch immer eine halbe Meile blaues Wasser zwischen uns und der Stadt, als ich die erste Explosion hörte. Dann, in schneller Abfolge, einige weitere. Ich hörte die Leute kreischen, hörte die Klagelaute einer Trompete und das beständige Schlagen der Trommeln.
    Im Hafen lagen dreißig oder vierzig Yachten; Martin steuerte seine Barkasse behutsam zwischen ihnen hindurch, auf einem freien Platz am Pier zu. Ich schnappte mir meine Tasche, sprang raus und sagte Martin, ich hätte es eilig, weil ich ein paar Leute treffen müßte. Er nickte und meinte, er wäre selbst in Eile; er müsse rüber nach St. John, um einen Mann wegen eines Bootes zu treffen.
    Ich war froh, ihn los zu sein. Er war einer dieser Leute, die nach New York fahren und dort »faszinierend« sein konnten, aber hier, in seiner eigenen Welt, war er nur ein billiger Funktionär, und ein langweiliger noch dazu.
     
    Als ich weiter Richtung Zentrum ging, wurde der Krach ohrenbetäubend laut. Durch die Straßen hallte der Lärm
dröhnender Motoren, und ich schob mich durch die Menge, um zu sehen, was das zu bedeuten hatte. Als ich an eine Ecke kam, war die Menge so dicht gedrängt, daß ich mich kaum mehr bewegen konnte. Mitten auf der Straße war eine Art Bar aufgebaut. Sie zog sich über mehr als drei Blocks, eine schier endlose Reihe von Holzständen voll mit Rum und Whiskey. An jedem Stand arbeiteten fieberhaft mehrere Barleute, um den Mob mit Drinks zu versorgen. Vor einem blieb ich stehen, wo es auf einem Schild hieß: RUM 25 CENTS. Die Drinks wurden in Pappbechern ausgeschenkt, mit einem Brocken Eis und einem ordentlichen Schuß Rum.
    Weiter unten auf der Straße erreichte ich den Mittelpunkt des Spektakels. Ich kam mühsam Schritt für Schritt voran, bis ich an einem offenen Platz war, um den sich Tausende von Leuten scharten. Es war ein Go-Kart-Rennen  – kleine Motoren, die auf ein Fahrgestell aus Holz montiert waren, wild um sich blickende, versoffene Fahrer, die mit quietschenden Reifen auf einem Kurs herumschlitterten, der offenbar um das Stadtzentrum herum verlief.
    In unmittelbarer Nähe war der Lärm nicht auszuhalten. Die Leute schoben mich hin und her, und mein Drink kippte ständig auf mein Hemd, aber ich konnte nichts dagegen tun. Die meisten Gesichter um mich herum waren schwarz, aber überall in der Menge sah ich amerikanische Touristen, weiß und schwitzend, die meisten von ihnen trugen Karnevalshüte.
    Auf der anderen Seite des Platzes war ein großes Gebäude mit einem Balkon, von dem man direkt auf das Rennen schauen konnte. Dort wollte ich hin. Es war nur hundert Yards entfernt, aber es dauerte eine halbe Stunde, bis ich mich in Schlangenlinien durch die Menge gekämpft
hatte, und als ich endlich auf diesem Balkon saß, war ich ganz entkräftet und total verschwitzt.
    Mein Drink war mir unten im Gedränge irgendwie aus der Hand gerutscht. Ich ging an die Bar und holte mir einen neuen. Für fünfzig Cents bekam ich einen Spritzer Rum und eine Menge Wasser – aber immerhin im Glas, mit richtigen Eiswürfeln, und ich war zuversichtlich, endlich in Ruhe trinken zu können. Ich befand mich im Grand Hotel, einem uralten, grauen Bau mit weißen Säulen und Deckenventilatoren und einem Balkon, der sich über die ganze Straßenseite erstreckte.
    Ich fragte mich, wie ich Yeamon hier finden sollte. Wir hatten ausgemacht, uns um zwölf Uhr mittags am Postamt zu treffen, aber ich war schon über eine Stunde zu spät, und die Post war geschlossen. Ich hatte das Postgebäude vom Balkon aus im Blick, also beschloß ich, hier zu bleiben, bis ich ihn entdecken würde. Dann müßte ich versuchen, ihn auf mich aufmerksam zu machen. In der Zwischenzeit würde ich trinken und mich ausruhen und versuchen, darüber nachzudenken, was es mit diesem Mob auf sich hatte.
    Die Go-Kart-Rennen waren beendet, und die Menge ließ sich jetzt von einer Kapelle unterhalten. Eine weitere Band tauchte auf, und dann noch einige andere an den Ecken des Platzes, jeweils eine Reihe von Tänzern anführend. In der Mitte des Platzes kamen vier Steel-Bands zusammen, die dasselbe wilde Stück spielten. Der

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