Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)
es nur gibt, wenn der Sand auf dem Grund dieses Weiß hat. So einen Ort hatte ich noch nie gesehen. Ich wollte mir alle Kleider aus- und sie nie wieder anziehen.
Dann hörte ich die Stimme Zimburgers, ein häßliches Plärren, das mich in die Wirklichkeit zurückholte. Ich war schließlich nicht hier, diesen Ort anzuhimmeln, sondern einen Text zu schreiben, damit er sich besser verkaufen ließ. Zimburger rief mich zu sich und deutete auf einen Hügel, auf dem das Hotel stehen sollte. Dann zeigte er auf andere Hügel, die für kleinere Häuser vorgesehen waren. Das ging fast eine Stunde lang so weiter – den Strand rauf-und runterlaufen, auf Sümpfe starren, aus denen Einkaufszentren hervorsprießen, menschenleere grüne Hügel, über die bald Abwasserrohre laufen würden, ein reiner weißer Strand, wo bereits Standorte für Cabanas abgesteckt waren. Ich machte mir Notizen, bis ich es nicht mehr aushielt, dann ging ich zurück zum Bus, wo Martin herumstand und ein Bier trank.
»Der unaufhaltsame Fortschritt«, murmelte ich und ließ meine Hand in die Kühlbox gleiten.
Er lächelte. »Ja, das hier wird einzigartig werden.«
Ich machte mir ein Bier auf und schüttete es runter und holte mir gleich noch eins. Wir unterhielten uns ein bißchen, und Martin erzählte, daß er als Marine zum erstenmal nach Vieques gekommen war. Er wußte, was gut ist, sagte er, und anstatt wie ursprünglich geplant, zwanzig Jahre bei den Marines zu dienen, schied er nach zehn Jahren aus und kam zurück nach Vieques, um eine Bar aufzumachen. Außer dem Kingfish besaß er mittlerweile eine Wäscherei, fünf Häuser in Isabel Segunda, die einzige Zeitungslizenz und war außerdem gerade dabei, eine Autovermietung aufzuziehen, um Zimburgers zukünftigen Touristenstrom in den Griff zu kriegen. Und das Beste – er war eine Art »Generalaufseher« von Zimburgers Grundbesitz. Er lächelte und nahm einen Schluck Bier. »Man könnte sagen, daß dieser Ort mir viel gegeben
hat. Wenn ich in den Staaten geblieben wäre, wäre ich dort nur ein Ex-Marine mehr.«
»Woher kommen Sie?« fragte ich.
»Norfolk«, sagte er. »Aber ich hab kein allzu großes Heimweh. Weiter als bis nach San Juan bin ich in den letzten sechs Jahren nicht gekommen.« Er machte eine Pause und schaute sich auf der kleinen grünen Insel um, die ihm so viel gegeben hatte. »Ja, ich bin tatsächlich in Norfolk aufgewachsen, aber ich erinnere mich kaum noch – ist schon zu lange her.«
Wir tranken noch ein Bier, dann kamen Zimburger, Robbis und Lazard vom Strand zurück. Lazard schwitzte, Robbis sah sehr ungeduldig aus.
Zimburger gab mir einen freundlichen Schlag auf die Schulter. »Also«, sagte er mit einem Grinsen, »sind Sie bereit, den Artikel zu schreiben? Hab ich nicht gesagt, daß dieser Platz hier eine Wucht ist?«
»Klar«, sagte ich. »Es kann losgehen.«
Er schüttelte den Kopf mit gespielter Enttäuschung. »Ach, ihr Schreiberlinge – niemals für irgendwas ein gutes Wort übrig.« Er lachte nervös. »Verdammte Schreiberlinge – man weiß nie, was sie im Schilde führen.«
Auf dem ganzen Weg zurück in die Stadt redete Zimburger in einem fort über seine Pläne für Vieques. Schließlich unterbrach ihn Martin und sagte, wir würden in seinem Club zu Mittag essen – er hätte schon die Boys wegen frischem Hummer losgeschickt.
»Du meinst langosta «, sagte Zimburger.
Martin zuckte die Schultern. »Teufel, das müßte ich jedes Mal umständlich erklären – deshalb sag ich einfach nur Hummer.«
»Es ist der karibische Hummer«, sagte Zimburger zu Robbis. »Größer und besser und ohne Scheren.« Er
grinste. »Der liebe Gott muß in guter Stimmung gewesen sein, als er diesen Ort schuf.«
Robbis starrte aus dem Fenster, dann drehte er sich um und sprach mit Martin. »Das müssen wir auf ein anderes Mal verschieben«, sagte er steif. »Ich habe eine Verabredung in San Juan, und es ist schon spät.«
»Heiliger Strohsack«, sagte Zimburger. »Wir müssen sowieso die Zeit totschlagen. Es ist erst gegen eins.«
»Ich bin es nicht gewöhnt, Zeit totzuschlagen«, sagte Robbis und starrte wieder aus dem Fenster.
An seinem Tonfall merkte ich, daß draußen am Strand irgend etwas schief gelaufen war. Aus dem Gespräch am Morgen folgerte ich, daß Robbis eine Restaurantkette repräsentierte, deren Namen ich hätte kennen sollen. Offensichtlich zählte Zimburger darauf, die Kette um einen Ableger auf Vieques zu erweitern.
Im Augenwinkel betrachtete ich
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