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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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vernagelt waren. Wir gingen erschöpft die Treppen hoch und fanden einen freien Tisch. Es war sehr voll, und ich drängte mich zur Bar durch. Singapure Slings kosteten fünfzig Cents, aber so viel war allein schon ein Sitzplatz wert.
    Von unserem Tisch aus konnten wir den Hafen überblicken. Er war vollgepackt mit allen Arten von Booten – schnittige Luxusyachten und armselige, mit Bananen beladene Schaluppen waren neben schicken, acht Meter langen Rennbooten aus Newport und Bermuda vertäut. Auf der anderen Seite der Bojen, die die Fahrrinne markierten, lagen einige große Motoryachten, von denen die Leute sagten, es seien schwimmende Spielkasinos. Die Sonne ging langsam hinter einem Hügel gegenüber vom Hafen unter, und in den Gebäuden am Kai begannen die Lichter anzugehen. Von irgendwo aus der Stadt konnten wir immer noch das fiebrige Trommeln der Tanzparade hören, die durch die Straßen zog.
    Ein Kellner, der eine Old-Spice-Segelmütze trug, kam an den Tisch. Wir bestellten jeder die Platte mit Meeresfrüchten. »Und drei Gläser voll Eis«, sagte Yeamon. »Und zwar gleich, wenn’s recht ist.«
    Der Kellner nickte und verschwand. Nach zehnminütigem Warten ging Yeamon an die Bar und holte die drei Gläser Eis. Wir füllten sie unter dem Tisch auf und stellten die Flasche auf den Boden.
    »Wir bräuchten einen Krug, der groß genug ist«, sagte Yeamon. »Und so was wie einen Tornister, für den Eistransport.«
    »Groß genug wofür?« fragte ich.
    »Für den Fünfundsiebzig-Cent-Rum«, antwortete er.
    »Zum Teufel damit«, sagte ich. »Taugt wahrscheinlich eh nichts.« Ich drehte meinen Kopf zur Flasche am Boden. »Der ist billig genug – man kriegt keinen guten Rum unter einem Dollar die Flasche.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nichts ist schlimmer, als mit einem reichen Reporter unterwegs zu sein – wirft die Dollars um sich wie Konfetti.«
    Ich lachte. »Ich bin nicht der Einzige, der jetzt für Sanderson arbeitet«, sagte ich. »Das große Geld ist direkt um die Ecke – nur nicht den Glauben verlieren.«
    »Nicht für mich«, erwiderte er. »Angeblich arbeite ich gerade an einem Artikel über diesen Karneval – spreche gerade mit den Leuten vom Touristenbüro und so was.« Er zuckte die Schultern. »Vergiß es. Ich kann nicht herumschleichen und irgendwelchen Informationen nachspüren, wenn alle anderen um mich herum blau sind.«
    »Niemand ist blau«, sagte Chenault. »Wir lassen uns nur ein bißchen gehen.«
    Er lächelte matt. »Ja, genau, wir schlagen über die Stränge, lassen es richtig krachen – warum schreibst du nicht gleich ein paar ordentliche Zeilen für den Smith-College-Absolventen-Rundbrief und erklärst den Lesern, wo sie den Anschluß verpaßt haben?«
    Sie lachte. »Fritz ist eifersüchtig auf meine Herkunft. Ich habe so viel mehr, wogegen ich rebellieren kann.«
    »Red keinen Scheiß«, sagte Yeamon. »Es gibt nichts, womit du rebellieren könntest.«
    Der Kellner kam mit dem Essen, und wir hörten auf zu
reden. Es war dunkel, als wir fertig waren, und Chenault drängte es zurück auf die Straßen. Ich hatte es nicht eilig. Es war friedlich hier, jetzt, wo die Gäste weniger wurden, aber wir waren immer noch nahe genug dran am Chaos, um jederzeit wieder mitzumachen, wenn wir wollten.
    Schließlich schleifte Chenault uns auf die Straße runter, doch die Tanzparade war zu Ende. Wir schlenderten durch die Stadt, machten beim Spirituosenladen Halt, um noch zwei Flaschen Rum zu kaufen, und gingen dann wieder ins Grand Hotel, um zu sehen, was dort los war.
    Am einen Ende des Balkons war gerade eine Party im Gange. Die meisten Leute schienen Ausländer zu sein – keine Touristen, sondern eher der Typ, der aussah, als habe er sich hier auf der Insel oder irgendwo sonst in der Karibik niedergelassen. Sie waren alle sehr braun. Einige hatten Bärte, die meisten aber waren frisch rasiert. Die mit den Bärten trugen Shorts und alte Polohemden – Boots-Kluft. Die anderen hatten Leinenanzüge an und Lederschuhe, die im gedämpften Licht der Kronleuchter des Balkons schimmerten.
    Wir platzten mitten rein und setzten uns an einen Tisch. Ich war jetzt ziemlich betrunken, und es war mir egal, ob sie uns rausschmeißen würden. Nur ein paar Minuten, nachdem wir gekommen waren, löste sich die Versammlung auf. Niemand sagte ein Wort zu uns, und ich kam mir ein bißchen lächerlich vor, als wir schließlich als einzige auf dem Balkon übrig geblieben waren. Wir saßen noch ein bißchen da und

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