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Rund wie die Erde

Rund wie die Erde

Titel: Rund wie die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Demski
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wer hält schon jeden Tag eine Geliebte und dann noch immer eine andere aus? Im gleichen Artikel wird behauptet, daß in jedem Mann ein »Suppentiger« stecke, worunter man sich auch nur schwer etwas vorstellen kann. Zwar kennt man Suppenhühner, Suppengemüse, Suppenknochen und Suppennudeln, aber der Suppentiger mutet wie die Suppenschildkröte politisch unkorrekt an.
    Ein anderes Blatt hat sich darauf recht maliziös geäußert, als wäre das Thema insgesamt ein Witz, und das ist es eben nicht!
    Alles fließt. Die Suppe ist die einzige Nahrung, die ohne Gewalttaten auskommt, sie verlangt keinen Biß, kein Abreißen von Fetzen, kein Zermahlen und Zermalmen, nur ein zierlich-stummes Schlürfen und gelegentlich ein zartes Zerdrücken der Einlage mit der Zunge. Sie besänftigt, aber sie stärkt auch, sie ist auf dem Krankenlager so brauchbar wie auf dem Liebeslager, und wer denkt, das eine sei Haferschleim
und das andere Consommé double mit Sherry und Shiitake-Pilzen, kann's ja auch mal umgekehrt versuchen.
    Sie kommt lässig-urban daher in albernen, kleinen Täßchen oder archaisch in schweren Terrinen. Welcher junge Haushalt hat noch eine Suppenterrine, nicht für Hortensientöpfe, sondern zum Erhalt der Familie? Na bitte. Wir kennen das Ergebnis der Suppenlosigkeit: Gewaltbereitschaft und hohe Scheidungsraten.
    Hans Fallada verdanken wir die schöne Kindheitserinnerung, wie bei einem Hausbrand seine Großmutter einzig die dampfende Terrine gerettet habe, allerdings sei die Genießbarkeit der Suppe (denn es muß doch gegessen werden, Brand hin oder her) ein wenig beeinträchtigt gewesen, da die umsichtige Frau auch das Zweitwichtigste in die Suppe getan hatte – ihr Strickzeug.
    Damals war die Keimzelle einer Suppe nicht die Tüte, aber auch die ist ein Plädoyer wert, wir werden schon sehen.
    Zur Zeit von Falladas Großmutter war Suppe eine Klassenfrage, manche kochten so viel Fleisch aus, daß es für eine Kleinbürgerhochzeit gereicht hätte und warfen die Kostbarkeiten weg, nur die Essenz wurde gegessen. Andere waren froh, wenn sie ein Löffelchen Fett auftrieben, in das konnte man gehackten Ampfer, Gundelrebe und Radieschenblätter werfen, anschwitzen, würzen und aufgießen – das kann man übrigens immer noch so machen, etwas Rahm dran und ein paar Brotwürfel, und alle Armut, alles Leid ist Löffel für Löffel vergessen.
    Ja, die Tüte: Etwa zu den Zeiten, als im Rezeptbuch der Fabrikbesitzersgattin für eine Grünkernsuppe zwölf Eigelb befohlen wurden, ließ der Ernährungszustand der ersten Industriearbeiter sehr zu wünschen übrig. Sie hatten keine Zeit,
sich eine arme Suppe zu kochen und wärmten den Magen mit Schnaps. Das ließ den Schweizer Müller und Erfinder Julius Maggi nicht ruhen, und er experimentierte mit Trockengemüse und Dörrerbsen so lang, bis ihm ein brauchbarer Grundstoff gelang. Heißes Wasser dazu, kein Schnaps mehr nötig, zumindest nicht so viel wie vorher. Der Schweizerische Wohlfahrtsverband unterstützte seine Arbeit.
    Man kann die Uhr nicht mehr zurückdrehen und muß dem erfinderischen Müller dankbar sein. Ohne ihn wäre die Suppe vielleicht ausgestorben. Und gleich danach die Menschheit. Natürlich jagen Heiße Tasse und Fünfminutenterrine dem wahren Suppenaficionado kalte Schauer über den Rücken – aber wer als Student den Gelberbsen, Trockenklößchen oder Sternchennudeln das folgenlose, ja fröhliche Überstehen des Suffs verdankte, wird als Erwachsener bereit sein, einem alten Huhn oder einer Ochsenbeinscheibe im Topf ruhevoll zuzuschauen.
    Man sieht, es geht um die Suppe als solche, den Krieg zwischen klar und gebunden soll diese kleine Schrift nicht entscheiden helfen. Er ist ja so wirr und unnötig wie fast alle Kriege, wenn auch das Argument, in einer gebundenen Suppe lasse sich mehr verstecken als in einer klaren, nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Wer sich aber jemals die Mühe gemacht hat, aus Tomaten, die dem niederländischen Schönheitsideal (wie die Königin: rund, schnittfest, immer gleich und rötlichen Gesichts) nicht entsprechen, eine Suppe zu kochen, wird ein Fan des Versteckens werden. Ja, die Suppe ist geradezu ein Gegenprogramm zum Jugendlichkeits- und Glättewahn: Runzlig und überreif dürfen die Gemüse sein, die man für die Suppe püriert, und daß

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