Rune der Knechtschaft
Land; die Entfernungen waren gering. Die feindlichen Truppen waren zuletzt am Südrand der Hochebenen gesehen worden, aber sie waren ohne Zweifel weiter vorgerückt und mochten jetzt schon Meilen von ihrer vorherigen Position entfernt sein.
Nach einer Marschstunde kam es zu einem ersten Scharmützel. Reiter erschienen zur Linken; sie brachen wie Gespenster aus dem Grau des Morgens hervor. Arekhs Rehali war ihnen am nächsten. Arekh ließ seine Männer
ausschwärmen, während hinter ihm mit Hörnern Alarm geblasen wurde.
Es waren etwa zwanzig Reiter des Emirs, die mit dem Hâsir bewaffnet waren. Es handelte sich um Nâlas , Elitetruppen. Ihr Anführer, der Nâla-Di , zügelte sein Pferd, ebenso überrascht wie seine Gegner.
Auch die Leute des Emirs hatten nicht damit gerechnet, hier auf Feinde zu stoßen.
Einige Herzschläge vergingen, während derer Arekh die anderen Offiziere hinter ihm Befehle brüllen hörte; dann griffen die Nâlas an, indem sie im langgestreckten Bogen anritten und zwei oder drei Mal zuschlugen, bevor sie sich zurückzogen. Sie durchbrachen die Linien nicht, sondern stachen sie nur wie Insekten, ohne sich festbeißen zu wollen. Am Ende stürmte der Nâla-Di mit erhobenem Hâsir direkt auf Arekh zu; Arekh parierte und spürte, wie Jahre der Übung in seiner Kindheit machtvoll in ihn zurückbrandeten.
Der Nâla-Di wich zurück und griff dann erneut an. Arekh führte einen Schwerthieb, während er selbst vorwärtsdrängte, und verwundete ihn am Arm. Der Reiter zog sich erneut zurück und stieß einen an- und abschwellenden Schrei aus; die Nâlas drehten daraufhin um und verschwanden im Nebel.
Arekh beschloss, sie nicht zu verfolgen. Harrakin kam herbei; er lenkte sein Pferd mit betonter Trägheit.
»Ich sehe, Ihr habt beschlossen, kein Risiko einzugehen, Morales!«, sagte er sehr laut, damit die vorderen Reihen es auch hören konnten. »Ihr seid fünfzig Mann, sie waren nur zwanzig. Ihr hättet sie durchaus verfolgen können!«
»Ich war mir sicher, dass Ihr mir das nicht befehlen würdet«, sagte Arekh und salutierte übertrieben. »Ein so talentierter Offizier wie Ihr weiß doch, dass es sich um eine
Falle handeln könnte und dass die Hauptstreitmacht vielleicht hinter dem Hügel dort lauert.«
Harrakin lächelte. »Gewiss. Es wäre mir gar nicht lieb, Euch unnütz in Gefahr zu bringen …«
Die Armee setzte ihren Marsch fort. Der Nebel lichtete sich, aber die Unruhe blieb bestehen; die Begegnung mit den Reitern hatte die Moral getrübt. Man musste mit allem rechnen.
Zwei Stunden später ordnete Harrakin auf einer Ebene einen Halt an. Arekh kannte die geografischen Verhältnisse des Landes nicht gut und hatte keine Ahnung, wo sie sich befanden.
Der Krieg. Er hatte vergessen, wie sinnlos er sein konnte, wenn man nicht zum Generalstab gehörte - in den er natürlich nicht gebeten worden war. Wenn man die Entscheidungen nicht kannte, wirkte alles absurd. Ein Soldat wusste nicht, warum man marschierte oder haltmachte, wie lange man an einem Ort bleiben würde, ob der Feind vor oder hinter einem war, welche Taktik angewandt werden würde. Das Warten und der Tod waren die beiden Kräfte, die das Schicksal bestimmten.
Es war Befehl gegeben worden, das Lager aufzuschlagen, und Zelte wurden rings um ihn aufgebaut. Bestimmte Soldaten organisierten alles, was die Schlafgelegenheit betraf: Viele waren wie Arekh erst am Vorabend zur Armee gestoßen und hatten sich seitdem nicht ausruhen können. Aber Arekh war nicht müde - zumindest noch nicht.
Er ging zu den Zelten des Generalstabs, um Behia zu suchen und Neuigkeiten von ihm zu erfahren.
Er fand den jungen Mann an einem Feuer. Behia bot ihm Brot und geräuchertes Fleisch an; Arekh nahm beides gern.
»Nun?«, fragte er, nachdem er gegessen hatte.
Behia zuckte mit den Schultern. »Harrakin ist besorgt. Er hat zahlreiche Boten und Spione ausgeschickt. Er will wissen, ob der Emir seine Armee geteilt hat, ob wir es mit einer oder mehreren Truppen zu tun haben und wo sie sich befinden.«
Arekh nickte. »Gibt es Neuigkeiten über Halios?«
Halios hätte eigentlich mit ihnen zur Armee stoßen sollen, war aber am Abend nach dem Vorfall im Tempel verschwunden. Marikani hatte sich keine Sorgen gemacht. Er musste wohl seinen Zorn verwinden …
»Immer noch nicht.« Behia nahm einen Schluck aus seiner Feldflasche und fuhr fort: »Den letzten Nachrichten nach hat der Emir ungefähr fünfzehntausend Soldaten. Ohne Zweifel im Nordwesten. Das wird eine
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