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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Gerissenheit und ihre politische Begabung bekannt waren. Durch seinen Gebrauch deutete Marikani an, dass sie Arekhs politische Kenntnisse bemerkt hatte.
    Plötzlich überkam ihn eine Welle der Erschöpfung; er stützte sich an der Wand ab. Es war im Tunnel weniger kalt als im Freien, aber er hatte viel Blut verloren.
    »Geht es Euch gut?«, fragte Marikani.
    Hinter ihnen war Mîn sehr blass; Lionor hielt ihn fest.
    »Geht schon«, sagte Arekh.
    Er suchte nach einem Argument, das er Marikani entgegenhalten konnte - und unterbrach sich selbst, als er einen Nebengang bemerkte, der nach links abzweigte. Er blieb stehen, während Lionor die Holzbalken betastete, die den Eingang stützten.

    » Yashi «, murmelte die Hofdame einen beliebten Fluch des Südens. »Ich dachte, es gäbe nur einen Tunnel, der am Bergkamm entlangführt. Das hier macht die Sache nicht leichter.«
    »Die Nomaden sagen, dieses Netz von Gängen sei ein altes Bergwerk«, erklärte Arekh. »Es ist nur logisch, dass es mehrere Gänge gibt.«
    Marikani blickte den neuen Gang hinab. Er war kleiner, und in seinem Innern verlor sich die Ader weißen Steins rasch. Es war völlig dunkel.
    »Wir brauchen eine Fackel, wenn wir da entlangwollen.« Sie zögerte. »Wir stehen vor einer einfachen Wahl«, fuhr sie dann flüsternd fort, als ob der Klang ihrer eigenen Stimme ihr Angst machte. »Wenn wir im Haupttunnel bleiben und den Brunnen folgen, laufen wir nicht Gefahr, uns zu verirren, und können jederzeit wieder ins Freie. Aber es wird leicht sein, uns auf der Spur zu bleiben …«
    Instinktiv schwiegen die Mitglieder der Gruppe, als versuchten sie, mögliche Verfolger zu hören - Befehle, Gebell, den hechelnden Atem der Tiere.
    Nichts. Da war nichts. Es war vollkommen still.
    »Hier«, sagte Marikani, indem sie auf den Nebengang deutete, »geht es, nun ja, ins Bergwerk. Ins Unbekannte.«
    »Wie Ihr schon sagtet: Die Entscheidung ist einfach«, brummte Arekh. »Wenn Ihr glaubt, dass wir weiter verfolgt werden, dann lasst uns ins Bergwerk abbiegen. Wenn Ihr glaubt, dass unsere Feinde aufgegeben haben, lasst uns geradeaus weitergehen.«
    Ein weiteres Mal lauschten sie der Stille.
    Arekh spürte wieder ein Ziehen in seiner Schulter. Er hätte seine Wunden auswaschen müssen, aber seltsamerweise widerstrebte es ihm, auch nur die geringste Schwäche zu zeigen.

    Marikani trat einen Schritt auf den Eingang der Mine zu. Die anderen folgten ihr.
     
    Sie schliefen einmal, einen schweren, traumlosen Schlaf, ohne auch nur eine Wache aufzustellen. Sie waren stundenlang im Licht einer behelfsmäßigen Fackel gewandert, die nur eine schwache Flamme bot. Der erste Gang hatte in eine von zahlreichen Gesteinsadern minderer Qualität erhellte Halle geführt, und die Flüchtlinge hatten mit einer Mischung aus Furcht und Erleichterung festgestellt, dass das Bergwerk sehr ausgedehnt war. Allein schon aus dieser ersten Halle hatten vier Gänge weggeführt. Sie hatten sich für einen entschieden, der nach Süden zu führen schien, aber er hatte oft die Richtung gewechselt, und Arekhs Orientierungssinn war auf eine harte Probe gestellt worden. Als sie an einer Treppe angelangt waren, die in eine Reihe von anscheinend natürlichen Höhlen führte, hatten sie schon längst jegliche Vorstellung davon verloren gehabt, in welche Richtung sie gingen.
    Einige Stunden später, als sie in einem breiteren Gang gewesen waren, hatten sie ein seltsames, boshaftes Lachen zwischen den Wänden widerhallen hören. Arekh hatte sein Herz in der Brust zusammenzucken fühlen; Mîn hatte einen Schrei ausgestoßen, und die beiden Frauen waren sehr blass geworden. Unter solchen Umständen war es unmöglich gewesen, nicht an die Gespenster der Abgründe zu denken, die seelenverschlingenden Kreaturen der Westgebiete, die sich im Dunkeln in die Grenzdörfer schlichen und sich auf Frauen und Kinder stürzten, um nur zerfleischte, blutige Leichen zurückzulassen.
    Aber der Lärm war in Wirklichkeit von einer jungen Berebeï ausgegangen, die sich mit einem jungen Mann ihres Stammes gewissen … erotischen Aktivitäten hingegeben
hatte. Das hatten sie bemerkt, als sie eine weitere Höhle erreicht hatten. Das Lachen der jungen Frau hatte - vom Echo verzerrt und verstärkt - einen unmenschlichen Klang angenommen. Als sie die Reisenden hatten kommen sehen, waren die beiden Schuldigen - ebenso beschämt wie belustigt - in die Tunnel geflohen.
    Zwei Nomaden, gewiss aus dem Stamm, der sie davongejagt hatte. Waren die

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