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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Augenblick umsah, stieß einen Warnruf aus.
    Trotz der Entfernung war im Mondlicht alles nur zu gut zu sehen. Der Hauptteil der Meute kam näher, mindestens dreißig Hunde. Hinter ihnen zeichneten sich menschliche Umrisse ab. Männer, zwei, vielleicht auch drei.

    Die Flüchtlinge unterbrachen ihren Lauf nicht und waren bald außer Atem. Jeder Schritt brachte sie näher an den Pass heran, der nur symbolischen Wert hatte. Die einstige Grenze des Alten Kaiserreichs - wenn sie das denn überhaupt war - würde weder die Tiere noch ihre Hundeführer aufhalten. Dennoch mussten sie laufen - was hätten sie angesichts des Unausweichlichen sonst tun können?
    Arekh sah sich noch einmal um und bemerkte, dass die Meute vom Hügel herabgekommen war, immer noch in dieser Stille, die entsetzlicher war als selbst das wildeste Geheul. Kein Mensch konnte hoffen, einen Wettlauf mit einem Hund zu gewinnen - besonders nicht unter diesen Bedingungen.
    Plötzlich hatten sie die Passhöhe erreicht, und die Landschaft öffnete sich vor ihnen wie ein Abgrund. Zehn Schritte später waren sie jenseits des Passes. Unter ihren Füßen lag der Weg, der in die Grauen Lande hinabführte, rings um sie ragten neue Gipfel auf, noch mehr gewaltige Berge - und vor ihnen fiel der Boden schwindelerregend in Schluchten und Wälder ab. Das milchige Licht schenkte der Umgebung seinen ganzen Glanz. Ein weiteres Mal musste Arekh an seine Mutter und an ihre Ansicht denken, dass die Schönheit einem zu neuer Lebenslust verhelfen könne … und an die Ironie, die dieser Maxime unter solchen Bedingungen innewohnte.
    »He«, sagte Mîn mit seltsam heiserer Stimme. »Da leuchtet etwas.«
    Der Junge, der noch immer von Lionor gestützt wurde, hatte die Augen nach Süden gerichtet. Arekh folgte seinem Blick - und erstarrte.
    Eine Viertelmeile entfernt funkelte ein leuchtender Kreis: ein vollkommener Kreis, glänzend, nichtmenschlich, fehl am Platze in dieser Berglandschaft.

    Ich habe Visionen . Arekh fuhr sich mit der Hand über die Augen, ohne dass es ihm gelungen wäre, das seltsame Trugbild zu verscheuchen. Da waren noch mehr … weitere Kreise, kleinere, die sich in regelmäßigen Abständen weiter von ihnen entfernt über den Bergkamm zogen.
    Dann begriff er und verfluchte sich für seine eigene Dummheit. Die Erschöpfung und die Gefahr hatten ihm das Gehirn vernebelt. Das Blut strömte ihm immer noch den Rücken hinab, mittlerweile aber schwächer.
    »Da lang!«, rief er und deutete auf den Kreis. »Schnell!«
    Die beiden Frauen, die schon begonnen hatten, den Hang hinabzusteigen, hielten inne, zögerten und bogen dann nach Süden ab, um seinem Befehl zu folgen. Der Wind frischte immer mehr auf, und der Schnee lag immer höher, je weiter sie sich von der Straße entfernten. Sie hatten einige wertvolle Sekunden verloren, um ihren Entschluss zu fassen; der Kreis kam näher, war aber immer noch zu weit entfernt, als die Meute ihrerseits den Pass überschritt.
    Nun wurde die seltsame Stille durchbrochen: Auf Befehl ihrer Herren begannen die Hunde auf sie zuzulaufen, mit lautem, wütendem Gebell, das den trügerischen Frieden der Umgebung verscheuchte. Die Flüchtlinge verdoppelten ihre Anstrengungen; die eisige Luft brannte in ihren Kehlen wie eine heiße Flüssigkeit. Die Herzen hämmerten ihnen in der Brust.
    Einen Moment lang fürchtete Arekh, die Hunde würden sie einholen, bevor sie den Brunnen erreicht hatten - aber er täuschte sich. Er wurde langsamer, so dass auch die anderen Mitglieder der Gruppe stehen blieben: Die Umrandung aus phosphoreszierendem Stein lag direkt vor ihnen.
    »Steigt hinab!«, sagte Marikani und ließ Lionor vorgehen, die noch immer den Jungen stützte.

    Arekh hätte sie verflucht, wenn er nicht schon genug andere Schwierigkeiten gehabt hätte. Diese Idiotin war viel wichtiger als tausend Hofdamen und tausend Bauern zusammengenommen. Er ging unsinnige Risiken ein, um Marikani zu retten, sie war diejenige, die die Hunde verfolgten, und was tat sie? Sie ließ dennoch die anderen zuerst hinabsteigen.
    Bist du wahnsinnig? , hätte er am liebsten geschrien, aber seine Atemluft war kostbar, und die ersten Hunde der Meute hatten sie mittlerweile erreicht.
    Der erste stürzte sich direkt auf Marikanis Kehle. Endlich einmal reagierte sie intelligent: Sie duckte sich und ließ sich in den Brunnen fallen, eine Hand an den Rand und die andere an die Leitersprossen geklammert. Arekh hatte keine Zeit, nachzusehen, ob sie schon hinabzusteigen

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