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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Sie belohnten ihre Priester, wirkten Wunder, ließen die Toten wiederauferstehen und heilten die Kranken. Ihre Macht manifestierte sich auch durch das dunkle Blut: Ihre Erben, Könige oder Hexenmeister, bedienten sich der Macht, die ihnen verliehen war, um ihre Ländereien zu schützen, Segen oder Fluch herabzurufen, die Monster der Abgründe zu beschwören, ihre Feinde zu ermorden und ihre Seelen zu
vernichten … Wie man sich erzählte, sogen manche sogar die Geschöpfe des Schattens in die Königreiche, um sie für ihre eigenen Zwecke zu benutzen.
    Ja, die Götter waren überall, aber Arekh hatte seit langem die Bindung verloren, die, wie es hieß, das Herz jedes einzelnen Menschen an die Mutter aller, die Göttin Lâ, band, die an oberster Stelle des Rades mit goldenem, wohlwollendem Schein funkelte. Er hatte den Sinn für das Göttliche verloren und nicht mehr wie in seiner Kindheit den Eindruck, dass jeder seiner Schritte und jede seiner Bewegungen gesegnet war, einen Sinn hatte und unter dem Schutz eines der sechs lächelnden Sterne erfolgte.
    Der Schmutz hat mich besudelt, und die Götter sehen mich nicht mehr. Arekh wusste, wann sie ihren Blick abgewandt hatten, und das war eine Erinnerung, die er seit langer Zeit zu verdrängen versuchte. Aber Marikani musste dank ihres fernen Vorfahren gesegnet sein … So dachte er zumindest, ohne wirklich daran zu glauben. Wenn ein Wunder geschehen sollte, wäre jetzt nicht genau der richtige Augenblick dafür?
    Natürlich würde daraus nichts werden. Die Götter hatten Besseres zu tun, als all ihre Nachfahren zu beschützen; diese starben wie alle anderen auch, vergiftet, ermordet, spien sterbend Blut auf ihr Bettzeug …
    In der Tat geschah kein Wunder. Die Sterne funkelten weiter, und die Luft ließ die Flüchtlinge frösteln. Bald knickte die Mauer des Alten Kaiserreichs nach Süden ab, und sie folgten ihr nicht weiter - der Süden war zu gefährlich, und der Waldrand war nicht mehr fern.
    Das Gelände war abschüssig und bildete eine Falte. Die beiden Frauen setzten sich auf einen Stein, außer Atem und erschöpft. Der Junge blieb stehen; sein Atem ging stoßweise.

    »Wir werden nicht viel weiter kommen«, sagte Marikani, als Arekh sich näherte. »Wir müssen schlafen und essen.«
    Ganz wie der Junge es vor einigen Stunden in der Heide getan hatte, wandte sie sich an ihn … als trüge er die Verantwortung für die Gruppe, als müsse er die Entscheidungen treffen, er, der er noch nicht einmal wusste, was in einem halben Tag sein würde. Arekh verbiss sich eine gehässige Antwort. Es war nicht der rechte Augenblick dafür.
    »Haben uns die Soldaten gesehen?«, fragte die Hofdame. »Wissen sie, dass wir in der Scheune waren?«
    Marikani ergriff das Wort, bevor Arekh etwas äußern konnte. »Schwer zu sagen. Vielleicht lässt der Emir die Gegend aufs Geratewohl durchkämmen. Aber sie sind unseretwegen da - ich sehe keine andere Erklärung … Warum sollte ein Trupp Soldaten sonst in der Heide herumspazieren? Um mit den Schäfern zu plaudern?« Sie wandte sich Arekh zu. »Der Wald ist nah … Denkt Ihr, dass wir dort haltmachen können?«
    Erneut hatte Arekh Lust, spitz zu antworten … Aber es war wirklich weder der rechte Zeitpunkt noch der rechte Ort dafür. Auch er war erschöpft und ausgehungert. Wie lange hatte er schon nicht geschlafen? Er sah sich wieder auf der Galeere beim Rudern. Sie hatten Bank nach Bank geschlafen, immer nur drei Stunden lang.
    Die Galeerensträflinge … sie waren tot, alle tot, das wurde ihm erst jetzt so recht bewusst. Die Männer, mit denen er noch in der letzten Nacht im Sternenschein gerudert war. Diejenigen, die sich auf der Ruderbank hinter ihm abgemüht hatten und deren Atem er in seinen Arbeitspausen gehört hatte, diejenigen, die mit ihm während des ersten Halts an Bord gebracht worden waren. Alle tot, bis auf drei - ihn, den Jungen und den anderen, der sich von
ihnen verabschiedet hatte, bevor er sie am Strand hatte stehen lassen.
    Arekh nickte und deutete auf den Wald. Ja, sie mussten sich ausruhen. Weder Marikani noch die Hofdame noch der Junge hatten auch nur eine Andeutung über den Vogel und den Ring an seiner Klaue gemacht. Aber Arekh zweifelte nicht daran, dass sie das Tier im Sinn hatten, wann immer sie den Blick zum Himmel hoben.
    Die Beine zitterten ihnen vor Erschöpfung. Sie wanderten im gleichgültigen Schein der drei Monde über den verkarsteten, trockenen Boden. Die ersten Bäume waren nicht mehr fern, bald

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