Runen
die Füße gespuckt hatte, ließ das Toben und Wüten nicht nach.
Eine gleißende Wasserfontäne nach der anderen stieg unter Blitz und Donner aus der Öffnung auf, klatschte mit voller Wucht gegen die Höhlendecke und überspülte Melkorka und Sexton wie die wütende Brandung eines sturmgepeitschten Meeres.
Sexton floh zuerst vor dem Wasser. Melkorka folgte ihm. In der Rinne des Höhlenbaches liefen sie weiter, der im Nu über die Ränder schwappte.
Melkorka sah sich noch einmal um. Sie sah helle Säulen von Wasser und Dampf aus dem Brunnen aufsteigen. Das Wasser rauschte immer schneller über den Höhlenboden.
Alan Sexton erreichte vor ihr die Kluft, wo Powell und er ihre Taucherausrüstung zurückgelassen hatten. Mit geübten Handgriffen schnallte sich Melkorka sofort die Sauerstoffflasche von Powell um, nahm das Mundstück zwischen die Lippen und setzte Taucherbrille und Stirnlampe auf. Dann kniete sie nieder, um sich die Flossen anzuziehen.
»Beeilen Sie sich«, forderte Sexton sie auf und watete in die dunkle Kluft hinein.
Eine Flutwelle von etwa einem Meter Höhe rauschte |375| jetzt ohne Vorwarnung über den Höhlenboden und riss Melkorka in die Felsspalte hinein. Auf diese Überrumpelung war sie nicht vorbereitet. Dennoch gelang es ihr, die Arme vorzustrecken, bevor das reißende Wasser sie gegen die Felswand schlug. Dabei wurde ihr das Mundstück aus dem Mund gerissen. Es verschwand in den strudelnden Wassermassen. Melkorka war durch den Aufprall benommen. Sie kam erst wieder zu sich, als sie versuchte, Wasser statt Luft einzuatmen. Sie tastete nach dem Mundstück, fand es und schob es sich wieder zwischen die Lippen. Gleichzeitig wurde sie von der wirbelnden Strömung immer weiter durch die Finsternis der Kluft mitgerissen.
Ihr war klar: Je länger sie unkontrolliert fortgespült wurde, desto größer war die Gefahr, erneut irgendwo gegenzuschlagen. Womöglich mit weitaus übleren Folgen.
Gerade noch rechtzeitig gelang es ihr, sich mit den Füßen voraus zusammenzukrümmen, bevor sie erneut gegen eine Felswand geworfen wurde. Dieses Mal konnte sie sich an einem Felsen festkrallen. Mit beiden Händen klammerte sie sich krampfhaft an das Gestein und versuchte sich über ihre Lage klarzuwerden.
Im schwachen Schein ihrer Stirnlampe erkannte sie, dass sich die Höhle nach links wandte. Vorsichtig versuchte sie sich an der Wand entlangzuhangeln. Nach ein paar Metern glitt sie jedoch ab und wurde wieder von der Strömung durch die dunkle Spalte getragen.
Obwohl sie im Klammergriff der Naturkräfte Todesängste ausstand, dachte sie nicht im Mindesten daran aufzugeben. Sie setzte alles daran, die Füße vorn zu behalten, und hielt das Mundstück mit beiden Händen fest. Dennoch fiel ihr das Atmen zunehmend schwerer.
|376| Ein schlimmer Verdacht stieg in ihr auf.
Sie hatte keine Zeit gehabt zu überprüfen, wie viel Sauerstoff tatsächlich noch in der Flasche gewesen war, bevor sie die Flutwelle in die Felsspalte gespült hatte.
Ging ihr jetzt wirklich buchstäblich die Luft aus?
Einfach so?
Die heftige Strömung schlug Melkorka gegen das raue Lavagestein. Schneidender Schmerz glühte in ihrem linken Arm und der Schulter. Trotzdem konnte sie sich an einem Felsvorsprung festhalten. Eine Weile hing sie da und versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Sie erschrak heftig. Im Schein der Stirnlampe sah sie, dass ihr Tauchanzug durch den Aufprall auf der linken Seite aufgerissen war. Blut sickerte aus einer tiefen Wunde am Arm und strudelte in dem trüben Wasser davon.
Aber nicht nur ihres.
Melkorkas Herz setzte für einige Schläge aus, als sie sich in der Strömung umwandte und direkt in die brechenden Augen von Alan Sexton blickte. Er hatte sein Mundstück verloren. Der Amerikaner war mit solcher Gewalt gegen einen länglichen, messerscharfen Lavastalagmiten geschleudert worden, dass der ihm wie ein Speer mitten aus dem Körper ragte.
Melkorka schauderte beim Anblick seines grauenhaften Todeskampfes.
Angst stieg in ihr auf, dass ihr weiter vorne in der Kluft möglicherweise dasselbe Schicksal bevorstehen könnte. Mehr Sorgen bereitete ihr aber der noch verbleibende Sauerstoffrest in ihrer Flasche.
Zum Glück für sie hatte Sexton nun keine Verwendung mehr für seine Taucherflasche.
|377| Mit ihrem Tauchergürtel machte sich Melkorka an seiner Leiche fest. Dann löste sie die Flasche von seinem Rücken, schnallte sie sich selbst um und tauschte das Mundstück aus.
Das Atmen fiel ihr nun
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