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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Aber zu Lancelots Erleichterung gab er sich damit
zufrieden. Wenigstens für den Moment.
»Und um ehrlich zu sein kommen mir allmählich Zweifel, ob ich überhaupt noch einmal von ihm hören werde«,
sagte Sean nach einer Weile.
»Wie meinst du das?«
Wieder hob Sean die Schultern. »Vielleicht hoffe ich
auch fast, dass er nicht kommt.«
»Das würde bedeuten, dass du den noch ausstehenden
Lohn nicht erhältst«, stellte Lancelot fest.
»Ich stehe im Dienst einer Königin, oder?« Sean grinste
wieder. »Und wie es aussieht, bin ich gerade zum General
befördert worden – oder irgend so etwas. Da wird es doch
einen gewissen Sold geben?«
»Du stehst nicht im Dienste irgendeiner Königin«, antwortete Lancelot ernst, »sondern im Dienste der schönsten
und holdesten Königin, die jemals über irgendein Land auf
der Welt geherrscht hat. Diese Ehre allein müsste dir doch
Sold genug sein.«
Es gelang ihm nicht oft, aber diesmal verschlug es Sean
die Sprache. Er starrte Lancelot einen Moment lang mit
offenem Mund und aus aufgerissenen Augen an, dann
griff er nach seinem Becher und nahm einen gewaltigen
Schluck.
»Na ja«, fuhr Lancelot fort, »das eine oder andere Goldstück wird sich vielleicht noch in den Schatzkammern
Tintagels finden.«
»Komme ich ungelegen?«, fragte eine Stimme von der
Treppe her.
Lancelot hob den Kopf und erblickte Gwinneth, die mit
langsamen Schritten die Stufen herabkam und dabei abwechselnd Sean und ihn stirnrunzelnd ansah. »Mir scheint,
ihr teilt gerade hinter meinem Rücken meinen Besitz auf.
Das habe ich jetzt davon. Ich hätte es besser wissen müssen. Schließlich hat man mich oft genug gewarnt, mich
mit Räubern und Wegelagerern einzulassen.«
»Gwinneth!« Lancelot stand auf und eilte ihr entgegen.
Sein Herz begann zu klopfen. Gwinneth trug das gleiche
schlichte weiße Kleid wie am vergangenen Abend, hatte
ihr Haar aber jetzt mit einem goldenen Diadem geschmückt und einen Mantel mit weißem Fellbesatz über
die Schultern geworfen, um sich vor der Kälte zu schützen, die ganz Tintagel in ihrem eisigen Griff hatte. »Wen
genau hast du mit Wegelagerern gemeint?«
»Darüber muss ich mir erst noch klar werden«, antwortete Gwinneth. »Und was deine Frage angeht: Tintagels
Schatzkammern sind wohl gefüllt. Jedenfalls waren sie
das, als ich von hier fortgegangen bin.«
»Sie sind es noch«, sagte Sean vom Tisch aus. »Ich habe
nachgesehen.«
»Es hätte mich auch gewundert, wenn nicht.« Gwinneth
lachte leise, beschleunigte ihre Schritte und hauchte Lancelot im Vorübergehen einen Kuss auf die Wange, bevor
sie sich neben Sean am Tisch niederließ und nach dem
Brotkorb griff.
Lancelot blieb noch einen Moment stehen und sah sie
verwirrt und nachdenklich an. Sie war immer noch so
bleich wie gestern Abend und auch die dunklen Ringe
unter ihren Augen waren nicht verschwunden. Aber sie
strahlte eine Fröhlichkeit und Zuversicht aus, die all das
mehr als wettmachte. Zögernd und hin- und hergerissen
zwischen der Freude, Gwinneth so zu sehen, und der
Furcht, sein erster Eindruck könnte sich als Irrtum erweisen, setzte sich Lancelot in Bewegung und nahm auf der
anderen Seite des Tisches Platz. Gwinneth lächelte ihm zu,
sagte aber nichts, sondern beschäftigte sich eine geraume
Weile damit, das frisch gebackene Brot mit sichtlichem
Appetit und ganz und gar nicht damenhaftem Heißhunger
in sich hineinzustopfen, ehe sie schließlich nach Lancelots
Becher griff, ihn mit Glühwein füllte und dann in einem
einzigen Zug hinunterstürzte. Sean runzelte die Stirn, aber
in seinen Augen blitzte es amüsiert auf.
»Hast du … gut geschlafen?«, erkundigte sich Lancelot
unbeholfen.
Gwinneth nickte. »Sehr gut«, antwortete sie und blinzelte ihm zu. »Vielleicht nur ein bisschen einsam.«
Nun war Lancelot an der Reihe, sprachlos zu sein, während Sean sich gar nicht mehr beherrschen konnte und vor
Lachen laut herausprustete. Gwinneth warf ihm einen
übertrieben gespielten ärgerlichen Blick zu, was den Iren
aber zu einem noch lauteren Lachen provozierte. »Ich
glaube, ich habe noch zu tun«, sagte er und stand auf. »Ihr
beiden Turteltäubchen werdet mir verzeihen, wenn ich
euch einen Moment allein lasse.«
»Geht nur und tut Eure Arbeit, General «, sagte Lancelot.
Sean verbeugte sich spöttisch, klaubte seinen Mantel auf
und stiefelte davon, während Gwinneth ihm verwirrt nachsah und sich dann mit einem fragenden Blick an Lancelot
wandte. »General?«
»Ich

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