Runenschild
als Dulac nicht weitersprach, sondern
den Blick senkte und einen Moment vergeblich nach Worten suchte.
»Ich … bin euch sehr dankbar für das, was ihr für uns
getan habt«, fuhr Dulac schließlich zögernd fort. »Aber
ich möchte nicht …« Wieder brach er ab, suchte einen
Moment fast hilflos nach Worten und setzte dann neu an:
»Es ist schon zu oft passiert, Sean.«
»Was?«
»Dass Leute, die es einfach nur gut mit uns gemeint haben, einen hohen Preis dafür bezahlen mussten«, antwortete Dulac. Eine leise Stimme in seinen Gedanken warnte
ihn davor, weiterzusprechen. Diese Männer hatten Gwinneth und zweifellos auch ihm das Leben gerettet und sich
ihrer angenommen, und er spürte ganz tief in sich, dass
Sean im Grunde ein aufrechter Mann war, ganz gleich,
wie sehr er sich auch bemühte, einen gegenteiligen Eindruck zu erwecken, aber dennoch: Sie wussten nichts über
diese Männer. Und trotzdem sprach er nach einem neuerlichen Zögern weiter: »Was in diesem Gasthaus passiert
ist, war kein Zufall.«
»Ich weiß«, sagte Sean ruhig.
Dulac sah ihn überrascht an. »Woher?«
»Weil ich mittlerweile weiß, wer deine Begleiterin ist.«
Ganz automatisch sah Dulac zu Gwinneth hin, aber Sean
schüttelte den Kopf und fuhr fort: »Nein. Sie hat sich nicht
verraten. Genau genommen hat sie während der ganzen
Zeit nicht einmal ein Dutzend Worte mit uns gewechselt.
Sie traut uns nicht, glaube ich. Und ich kann es ihr nicht
einmal verdenken, nach allem, was sie erlebt haben
muss.«
»Woher weißt du …?« Dulac verbesserte sich. »Woher
glaubst du denn zu wissen, wer sie ist?« Sean lachte leise.
»Eine junge Frau von so königlicher Ausstrahlung, dass
nicht einmal das schlichteste Gewand ihre Abstammung
verbergen kann – da ist es nicht schwer, eins und eins zusammenzuzählen. Und wenn man weiß, wer sie ist, kommt
man ganz von selber drauf, dass ihr gemeinsam aus Camelot geflohen seid.«
Dulac konnte nicht verhindern, dass er merklich zusammenzuckte, doch dann sammelte er sich wieder und sagte
rasch: »Das habe ich dir doch alles bereits selbst erzählt!«
Sean nickte ernst. »Ja, du hast dabei nur verschwiegen,
wer Gwinneth ist – und dass die Hälfte von König Artus’
Tafelrunde auf der Suche nach ihr ausgerückt ist und dass
man auf ihren und auf den Kopf des sie begleitenden Ritters eine Belohnung ausgesetzt hat, für die die meisten
Habenichtse ihre eigene Familie verkaufen würden.«
Dulac erstarrte. Sein Herz begann schneller zu klopfen
und er spürte selbst, wie er sich stocksteif aufrichtete und
blass wurde.
»Du brauchst keine Angst zu haben, Junge.« Sean strich
sich gedankenverloren durch den Bart. »Ich sagte: Die
meisten Männer, die ich kenne. Nicht alle. Und ich auch
nicht.«
»Du musst dich täuschen«, widersprach Dulac. Er kam
sich selbst ein wenig albern bei diesen Worten vor. »Es
gibt niemanden in Camelot oder sonst wo, der eine Belohnung auf uns aussetzen würde. So wichtig sind wir nicht.«
»Das scheint mir arg untertrieben«, antwortete Sean. »Es
interessiert mich allerdings auch nicht sonderlich. So wenig wie die Belohnung, die auf eure Ergreifung ausgesetzt
ist.«
»Warum?«, fragte Dulac misstrauisch, während er sich
die unbehagliche Frage stellte, ob ihn Sean nicht schon
allein anhand des Einhorns als den Silbernen Ritter identifiziert hatte, der im Schankraum Jagd auf die Pikten gemacht hatte. »Weil du ein so aufrechter Mann bist?«
»Geld«, antwortete Sean, »interessiert mich im Grunde
immer nur dann, wenn ich keines habe.«
»Und im Moment hast du welches?« Sean schwieg einen
Augenblick. Er fuhr sich nachdenklich mit der Hand über
das Kinn und blickte an Dulac vorbei in die Flammen des
Feuers, als suche er in dem tanzenden Lichtspiel nach der
Antwort auf seine Frage.
Schließlich deutete er ein Achselzucken an und Dulac
hatte den Eindruck, dass sich sein Mund unter dem struppigen Bart zu einem leicht schiefen Lächeln verzog.
»Warum soll ich dir etwas vormachen?«, fragte er. »Artus
hat zwar einen Preis auf eure Köpfe ausgesetzt, aber es
scheint, dass er nicht der Einzige ist, der sich für euch interessiert.«
»Was soll das heißen?«, fragte Dulac alarmiert.
»Es war kein Zufall, dass wir uns in diesem Gasthaus getroffen haben«, gestand Sean. »Tatsächlich waren wir
schon seit ein paar Tagen auf eurer Spur – auch wenn ich
zugeben muss, dass ihr es uns nicht leicht gemacht habt.«
»Also doch«, sagte Dulac. Seine Stimme
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