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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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lächerlich.« Gwinneth wirkte noch immer betroffen und verwirrt, aber in ihren Augen und in ihrer
Stimme war wieder der alte Stolz, den Dulac immer so
sehr an ihr bewundert hatte, auch wenn er im Moment
wohl fehl am Platze war. »Du weißt, wer wir sind.«
»In der Tat, Mylady«, antwortete Sean. »Doch ich fürchte, ich muss dennoch darauf bestehen, dass Ihr und Euer
Bruder hier bleibt.«
»Bist du von Sinnen?«, fragte Gwinneth. »Ich bin die
Königin dieses Landes! Ein Wort von mir genügt und du
verbringst die nächsten zehn Jahre in Ketten!«
»Das mag sein«, antwortete Sean gelassen. »Oder auch
nicht. Dieses Risiko muss ich wohl eingehen, so wie ich
zu meinem großen Bedauern auch darauf bestehen muss,
dass Ihr hier bleibt.«
»Was soll das heißen? Dass wir eure Gefangenen sind?«
»Mir würde das Wort Gäste besser gefallen«, antwortete
der Ire ruhig. »Aber ich verstehe durchaus, dass Ihr es
wohl so seht, Mylady.« Er deutete mit der Hand, die die
Lampe hielt, auf die Tür, und ein Durcheinander von flakkernden Lichtreflexen und sie hastig verfolgenden Schatten begleitete die Bewegung. Dadurch wurde seine Geste
zu etwas völlig anderem; etwas, das auf seine Art schlimmer als eine Drohung schien. »Aber vielleicht sollten wir
ins Haus zurückgehen und dort weiterreden. Ihr braucht
eure Pferde nicht abzusatteln. Wir erledigen das für euch.«
Dulac wünschte sich, dass Sean nicht in einem solchen
Ton mit ihnen gesprochen hätte. Es fiel ihm immer schwerer, das Einhorn ruhig zu halten. Das Tier spürte die Gefahr, die von den beiden Iren ausging, und viel mehr vermutlich noch die Gefühle, die sie in seinem Herrn auslöste, und es bedurfte vielleicht nur noch einer Kleinigkeit,
bis es sich losreißen und Sean angreifen würde. Für den
Iren und seinen Bruder war das Einhorn nur ein ungewöhnlich großes und kräftiges Schlachtross, ein Tier, vor
dem sie sicherlich gehörigen Respekt, aber ganz bestimmt
keine Angst hatten. Woher sollten sie auch sein Geheimnis
kennen, seine Fähigkeit, wie durch Zauberhand innerhalb
von Augenblicken voll gerüstet in Panzer und Schabracke
angreifen zu können, wenn es die Situation erforderte, um
dann mit seinem für Menschen unsichtbaren Horn erbarmungslos unter seinen Gegnern zu wüten? Dulac selbst
hatte das Wesen dieses vielleicht gefährlichsten Raubtier
noch nicht vollständig begriffen, das es auf dieser und auf
der anderen Welt gab, und schon gar nicht war er in der
Lage, die Natur der Magie zu verstehen, die es zu schier
unglaublichen Dingen befähigte.
»Also?«, fragte Sean in jetzt eindeutig herrischem Ton,
als weder Dulac noch Gwinneth sich rührten.
Gwinneth wollte antworten, aber Dulac legte ihr rasch
die Hand auf den Unterarm und schüttelte den Kopf. »Bitte lass es. Es ist vorbei.«
Gwinneth starrte ihn an. Ihre Augen blitzten und für einen Moment schien sich ihr Zorn nun auf Dulac entladen
zu wollen, doch dann presste sie nur die Lippen zu einem
dünnen Strich zusammen und nickte abgehackt.
Dulac hatte sie noch nie so zornig wie jetzt erlebt. Und
er wusste nicht einmal genau, wem dieser Zorn galt.
»Wenigstens einer von euch, der vernünftig ist.« Sean
wiederholte seine wedelnde Geste zur Tür und Gwinneth
setzte sich widerwillig und selbstverständlich erst nach
einem trotzigen Blick in seine Richtung in Bewegung,
während Dulac in die entgegengesetzte Richtung ging um
das Einhorn festzubinden. Er führte das Fabelwesen nicht
wieder dorthin, wo er es vorgefunden hatte, sondern ein
gutes Stück weiter von Sean und seinem Bruder entfernt;
um nicht zu sagen, so weit weg von ihnen wie nur möglich. Sean sah ihm stirnrunzelnd und mit unübersehbarer
Ungeduld zu, aber überraschenderweise verzichtete er auf
einen Kommentar. Vielleicht spürte er ja, dass dieses Tier
nicht das war, wonach es aussah.
»Das ist ein wirklich prachtvolles Pferd«, sagte er, als
Dulac endlich fertig war und zu ihm zurückkam. »Eines
Ritters eigentlich mehr angemessen als eines ehemaligen
Küchenjungen.«
Dulac hütete sich, etwas darauf zu antworten. Wortlos
ging er an Sean vorbei und trat wieder in den Sturm hinaus, der in den wenigen Augenblicken noch deutlich an
Kraft zugenommen zu haben schien. Obwohl Gwinneth
und Patrick nicht allzu weit entfernt waren, konnte er sie
nur noch als verschwommene Schemen erkennen, die der
Sturm immer wieder zu verschlingen und auszuspucken
schien, und schon lange, bevor sie die Tür des

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