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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gasthauses
erreichten, entschwanden sie endgültig seinem Blickfeld.
Dulac schritt mit gesenktem Kopf zügig aus, das Gesicht
aus dem Wind gedreht. Dennoch entging ihm nicht, dass
Sean ihm zwar dichtauf folgte, trotzdem aber immer wieder nervös hinter sich sah, und einmal glaubte er sogar
eine weitere Gestalt zu erkennen, die auf der anderen Seite
des Hofes stand, war sich aber dessen nicht ganz sicher.
Sie fanden die Gaststube hell erleuchtet vor. Das Feuer
im Kamin war neu entfacht worden und es brannten mindestens ein Dutzend Kerzen. Gwinneth saß auf dem gleichen Stuhl, auf dem sie auch am Morgen Platz genommen
hatte und starrte Sean und ihn finster an, und Seans Bruder
Patrick stand mit drohend vor der Brust verschränkten
Armen hinter ihr. Er trug noch immer den schweren Fellmantel, der in der Wärme hier drinnen zu dampfen schien,
und um seine ebenfalls mit Fell besetzten Stiefel hatte sich
bereits eine kleine Pfütze gebildet. Seine beiden anderen
Brüder waren ebenfalls anwesend; sie waren auf ähnliche
Weise gekleidet und auch in ihren Mänteln und Haaren
glitzerten Schnee und Eis. Als Dulac feststellte, dass Seans
Onkel als einziger der Iren nicht hier war, begann er zu
ahnen, bei wem es sich um die Gestalt gehandelt haben
mochte, die er auf der anderen Seite des Hofes für einen
Moment im Sturm gesehen hatte.
Er fragte sich nur, was er dort suchte. Sean hatte ganz offensichtlich geahnt, dass sie einen Fluchtversuch unternehmen würden, und es war gewiss nicht besonders
schwer gewesen, sich auszurechnen, dass sie auf kürzestem Weg in den Stall gehen und ihre Pferde holen würden, denn eine Flucht zu Fuß wäre bei den herrschenden
Witterungsverhältnissen einem Selbstmord gleichgekommen. Warum also hatten sie nicht gleich dort auf sie gewartet, statt sich auf dem Hof zu verteilen? Sean versetzte
ihm einen groben Stoß zwischen die Schultern, als er nicht
schnell genug weiterging, und dann einen zweiten, mit
dem er ihn auf einen freien Stuhl am gleichen Tisch herabstieß, an dem auch Gwinneth saß. Dulac wollte sofort
wieder hoch- und herumfahren, erreichte damit aber nicht
mehr, als dass Sean ihn ein zweites Mal und noch derber
auf den Sitz zurückstieß.
»Hör mit dem Unsinn auf, Junge«, sagte der Ire streng.
»Dazu fehlt mir im Moment wirklich die Geduld.«
»Überleg dir, was du tust«, drohte Dulac. »Ich bin eine
solche Behandlung nicht gewöhnt.«
Der Ire verzog verächtlich die Lippen. »Dann ist es jetzt
wohl an der Zeit dafür, junger Herr«, sagte er spöttisch,
wurde aber sofort wieder ernst und fügte etwas leiser hinzu: »Aber diese Entscheidung liegt ganz bei dir, mein Junge.«
»Und hör auf mich mein Junge zu nennen«, grollte Dulac. »Ich habe einen Namen.«
Sean setzte zu einer geharnischten Antwort an, doch in
diesem Moment wurde die Tür hinter der Theke aufgestoßen und der Wirt stürmte herein. Er wirkte aufgelöst und
leicht verwirrt; ein Mensch, der jäh aus tiefstem Schlaf
gerissen worden war und noch nicht genau wusste, was
überhaupt vorging, sich aber sehr wohl bewusst war, dass
etwas nicht stimmte. Er hielt ein langes Fleischermesser in
der linken und – ein Anblick, der zu gleichen Teilen albern wie auch fast rührend wirkte – eine gusseiserne Pfanne in der rechten Hand.
»Was geht hier vor?« Völlig verwirrt blickte er der Reihe nach die Iren und dann Dulac an. Aber jede Benommenheit und alle Verwirrung wichen aus seinem Blick, als
er Gwinneth bemerkte und Patrick, der in einer eindeutig
drohenden Haltung hinter ihr stand.
»Mylady!«, keuchte er. »Was hat man mit Euch …?«
»Nichts«, unterbrach ihn Sean. »Und wir werden Eurer
Königin auch nichts tun. Es gab eine kleine Meinungsverschiedenheit, das ist alles.« Er lächelte bei diesen Worten
und seine Stimme hatte einen durchaus überzeugenden
leichten Klang – doch er machte auch eine kaum sichtbare
Geste mit der linken Hand, woraufhin einer seiner Brüder
unauffällig aber sehr schnell hinter den Wirt trat, um ihn
im Notfall zu packen und seiner Waffen berauben zu können.
»Es ist alles in Ordnung«, behauptete Gwinneth, der das
Manöver des Iren so wenig entgangen war wie Dulac.
»Macht Euch keine Sorgen. Wir haben nur … etwas zu
besprechen.«
Der Wirt war nicht überzeugt und er war weder dumm
noch blind. Aber er begriff wohl auch, wie wenig er im
Moment ausrichten konnte, denn er sah Gwinneth nur
noch einen kurzen Moment lang fast hilflos an, dann ließ

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