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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und reagierte auf seine ganz eigene
Weise darauf.
»Verzeiht, Sir«, sagte Sean.
»Ich bin es, der um Verzeihung bitten muss«, erwiderte
Lancelot, und diese Worte waren keine leere Floskel. Er
versuchte zu lächeln. »Wir haben beide Fehler gemacht.
Vergessen wir es und denken lieber darüber nach, wie es
weitergeht.«
»Wie gesagt«, antwortete der Ire, »es gibt ein kleines
Dorf nicht weit von hier. Nur eine Hand voll Häuser, tief
im Wald. Kaum jemand weiß überhaupt von seiner Existenz. Wir könnten dort Unterschlupf finden – aber ich
weiß nicht, ob wir dort sicher wären.«
Lancelot überlegte einen Moment. Da war etwas, was
ihn schon die ganze Zeit über beschäftigt hatte, ohne dass
es ihm bisher gelungen wäre, den Gedanken wirklich in
Worte zu fassen. Jetzt, als oder vielleicht gerade weil Sean
diese Frage stellte, wurde es ihm plötzlich klar. »Dieser
Fremde, der euch beauftragt hat, nach uns zu suchen und
uns zu diesem Gasthaus zu bringen … Beschreibe ihn.«
»Da gibt es nicht viel zu beschreiben«, antwortete der
Ire. »Er hatte ein durchschnittliches Gesicht, an dem nichts
auffällig war, ein Vertrauen erweckender Mann … irgendwie edel.«
»Das meine ich nicht«, antwortete Lancelot. »Hatte er
blaue Augen oder grüne? Eine schmale Nase oder eine
breite? Dünne Lippen, gute oder schlechte Zähne?«
»Was soll das?«, fragte Sean. »Er sah ganz normal aus.«
»Du willst damit sagen, du kannst dich nicht an ihn erinnern.«
»Unsinn!«, widersprach Sean. »Es ist nur …« Er brach
ab, blickte Lancelot einen Moment lang verwirrt an und
runzelte dann die Stirn, um eine geraume Weile sichtlich
angestrengt nachzudenken. »Ihr habt Recht«, murmelte er
schließlich. »Ich kann mich tatsächlich nicht auf sein Gesicht besinnen.«
»So wie bei mir«, sagte Lancelot.
Sean antwortete erst nach einer ganzen Weile und in einem verstörten, fast ängstlich klingenden Tonfall. »In der
Tat. Ich weiß, wer du …« Er verbesserte sich. »Verzeiht,
ich weiß, wer Ihr seid, aber …«
»Bleib ruhig beim du«, unterbrach ihn Lancelot. »Du
könntest durcheinander kommen, wenn du jedes Mal erst
überlegen musst, auf welche Weise du mich ansprichst.«
»Ich weiß, wer du bist«, sagte Sean gehorsam, obwohl
Lancelot das sichere Gefühl hatte, dass es dem Iren in diesem Moment unangenehm war, ihn auf diese vertrauliche
Weise anzusprechen. »Und dennoch erkenne ich dich
nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht ist jetzt doch
der Moment gekommen, in dem ich anfangen sollte an
Zauberei zu glauben.«
»Es muss einer von unserem Volk gewesen sein.« Lancelot hatte nicht gehört, dass Gwinneth herangekommen
war und den letzten Teil ihrer Unterhaltung offensichtlich
mit angehört hatte. Er drehte sich halb im Sattel herum
und fügte mit einem Nicken in Gwinneths Richtung hinzu:
»Und Morgaine ist vielleicht ihm gefolgt, nicht uns«, sagte
er nachdenklich.
»Einer von eurem Volk?«, wiederholte Sean misstrauisch. »Was soll das sein? Ein Volk von Zauberern und
Hexen?«
»Ich wünschte, es wäre so einfach«, murmelte Lancelot,
mehr an sich selbst gewandt als an den Iren. »Ich fürchte,
ich weiß die Antwort selbst nicht. Jedenfalls noch nicht.«
Er schwieg einen kurzen Moment und fuhr dann in verändertem Ton fort: »Aber wenn es so ist, wie Gwinneth
vermutet, dann stehen unsere Chancen vielleicht besser,
als ich dachte. Wo genau, sagtest du, ist dieses Dorf?«
»Nicht weit entfernt«, antwortete Sean. »Wir können es
bis Sonnenaufgang erreichen.«
»Nein!«, widersprach Gwinneth heftig.
Nicht nur Lancelot drehte sich überrascht zu ihr herum,
auch die beiden Iren sahen sie fragend an.
»Aber Sean hat Recht«, sagte Lancelot. »Selbst wenn es
anstrengender sein mag, ist es im Moment vermutlich viel
sicherer, in der Nacht zu reiten und uns tagsüber verborgen zu halten.«
Gwinneth schüttelte nur energisch den Kopf. »Nein!«,
wiederholte sie in noch entschlossenerem Ton. »Und wenn
ich im Sattel schlafen muss: Wir werden niemanden mehr
in Gefahr bringen, nur weil wir ihn um eine warme Suppe
oder einen Platz am Feuer bitten.«
»Ich fürchte, das werden wir müssen, Mylady«, sagte
Sean ernst. »Der Weg nach Tintagel ist nicht weit, aber
schwierig, zumal es besser wäre, wenn wir alle größeren
Ortschaften und selbst die Straßen und Wege meiden. Es
könnte zu viel für Euch sein.«
»Mach dir um mich keine Sorgen.« Gwinneth warf einen
kurzen Seitenblick auf

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