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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nur ein einziges denkbares Ziel.
»Pikten?«, fragte er müde.
    Patrick hob die Schultern. Sein Gesicht verschwand halb
hinter einem Vorhang aus grauem Dampf, als er in Lancelots Richtung gewandt antwortete, was ihm fast noch mehr
von seiner Menschlichkeit zu nehmen schien als die weiße
Maske, die er zuvor getragen hatte. »Ich bin nicht sicher.
Ich konnte nicht nahe genug an ihr Lager heran, um sie zu
erkennen. Sie haben Wachen aufgestellt«, fügte er mit
einem fast um Verzeihung heischend wirkenden Blick in
Richtung seines Bruders hinzu.
    »Wer soll es sonst sein?«, grollte Sean. »Artus würde
sich nicht die Mühe machen, uns hier draußen aufzulauern.«
    »Sondern Tintagel schlichtweg stürmen und uns drinnen
erwarten«, pflichtete ihm Gwinneth bei. Es waren die ersten Worte, die sie sprach, seit sie hier am Waldrand Halt
gemacht hatten und Patrick wie üblich als Kundschafter
vorausgegangen war, und obwohl sie in den letzten Tagen
immer schweigsamer und verschlossener geworden war,
wünschte sich Lancelot doch fast, sie hätte auch jetzt geschwiegen. Es war nicht das, was sie gesagt hatte. Damit
hatte sie vermutlich vollkommen Recht. Was sich wie ein
dünnes, glühendes Messer tief in seine Brust grub, das war
die Art, wie sie es sagte. Ihre Stimme war so flach, dass
sie kaum noch wie die eines Menschen klang.
    Auch in Seans Blick erschien für einen Moment ein
Ausdruck tiefer Besorgnis, ja fast Schreckens, aber dann
zuckte er nur andeutungsweise mit den Schultern, ging zu
seinem Pferd und begann sich an den Satteltaschen zu
schaffen zu machen; zweifellos aus keinem anderen Grund
als dem, seine Hände zu beschäftigen. Sie hatten die Tiere
weder abgezäumt noch etwas wie ein Lager aufgeschlagen, sondern sich nur – jeder für sich – einen halbwegs
trockenen Platz gesucht, um sich niederzulassen und auf
Patricks Rückkehr zu warten.
    »Dann müssen wir uns wohl einen anderen Weg suchen.«
»Es gibt nur diesen einen«, sagte Gwinneth leise. »Tintagel liegt direkt an der Steilküste. Die Felsen im Norden
sind bei dieser Witterung unüberwindbar.«
»Ein Boot?«, schlug Sean vor, ohne mit seinem sinnlosen Tun innezuhalten oder auch nur zu Gwinneth zurückzublicken.
»Das hätte keinen Sinn«, erwiderte Gwinneth. »Der
nächste Ort, in dem wir ein Boot bekommen könnten, ist
einen Tagesritt entfernt, schon bei gutem Wetter. Und die
See ist zu dieser Jahreszeit viel zu stürmisch, als dass man
sich mit einem Boot hinauswagen könnte.«
»Ganz davon abgesehen dass Morgaine nicht dumm ist«,
fügte Lancelot hinzu. »Sie wird sich ausrechnen können,
was in unseren Köpfen vorgeht.«
»Ja, vermutlich«, sagte Sean. Er hörte endlich auf, vollkommen sinnlos in seinen Satteltaschen herumzuwühlen,
und begann stattdessen den Hals seines prachtvollen
schwarzen Hengstes zu streicheln. Das Tier schnaubte, als
wäre ihm die Berührung unangenehm, doch als Sean die
Hand sinken ließ, stupste es ihn sanft, aber nachdrücklich
mit dem Schädel an, sodass der Ire den Arm ausstreckte
und fortfuhr mit den Fingern durch die schwarze Mähne
des Hengstes zu streichen.
»Also bleibt uns nur, abzuwarten und auf ein Wunder zu
hoffen?«
Und genau das war es, was sie nicht konnten. Ihr Vorrat
an Wundern war schon längst aufgebraucht und die Zeit,
die ihnen noch blieb, beinahe ebenfalls. Lancelot fühlte
sich unendlich müde und so erschöpft wie nie zuvor in
seinem Leben und er war sich darüber im Klaren, dass es
allein die Kraft der Zauberrüstung war, mit der er sich
noch auf den Beinen hielt, längst nicht mehr seine eigene.
Den beiden Iren erging es eher noch schlechter und wie
Gwinneth die Strapazen der zurückliegenden Nächte überstanden hatte, wagte er sich nicht einmal vorzustellen. Sie
war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Irgendwie hatte sie
es geschafft, aufzustehen und sich die paar Schritte heranzuschleppen, als Patrick zurückgekommen war, aber sie
wankte sichtlich und Lancelot war unauffällig hinter sie
getreten um sie aufzufangen, sollte sie zusammenbrechen.
Natürlich hatte Sean Recht, von seinem Standpunkt aus:
Schon sehr bald würde die Sonne aufgehen und sie konnten nichts Vernünftigeres tun, als im Schutz des Waldes
auf den Einbruch der nächsten Nacht zu warten und die
Zeit dazwischen dafür zu nutzen, einen Plan zu ersinnen
oder nach einem anderen Weg zu suchen.
Aber die vernünftigste Lösung war nicht immer die, die
das Schicksal zuließ.

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