Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
er fort. »Jetzt suchen wir Alcarasán und machen uns auf den Weg zurück nach Runland.«
»Wie – wie wollen wir das denn zuwege bringen?«, fragte Neria. Sie hörte sich noch immer verwirrt an, der Blick ihrer Augen weit offen, als fiele es ihr schwer, das Grauen der Schlacht um sie herum zu realisieren.
»Ich weiß es nicht – Jahanila, willst du uns endlich sagen, was du vorhast?«
»Sobald wir Alcarasán gefunden haben. – Ah, ich spüre ihn. Er ist schwer verletzt!«
Mit letzter Kraft segelte die Drachenfrau über das Heer der Angreifer hinweg, das die Verteidiger eingekesselt hatte. Sie versuchte, sich so weit wie möglich von den Dron’marr fernzuhalten, die wie Belagerungstürme über die Reihen der Maugrim emporragten. Ihre säulenartige Form änderte sich ständig wie dichter, schwarzer Rauch, wenn sie versuchte, sie direkt in Augenschein zu nehmen. Enris und Neria sahen unter sich die glänzenden Rückenpanzer der riesigen Käfer, so dicht, dass sich die Wolfsfrau angsterfüllt fragte, was geschehen mochte, wenn einer von ihnen den Blick nach oben richtete. Diese Ungeheuer waren bestimmt dazu in der Lage, mit einem gewagten Sprung Jahanilas Schwanz oder ihre Füße zu erreichen.
Ein Schwarm Clar’catt kam von vorn auf Jahanila zugeschossen. Die summenden Pfeile schwirrten auf ihren Kopf nieder. Ein Feuerstrahl schoss aus dem Rachen der Drachenfrau und verbrannte den größten Teil von ihnen sofort zu Asche, doch er war bei weitem nicht mehr stark genug, um alle erwischen zu können. Einige der Rieseninsekten waren nur versengt. Wütend tauchten sie unter den Flammen, die aus Jahanilas Maul kamen, hindurch und sausten rechts und links an ihrem Kopf vorbei, um sie in den Nacken zu stechen. Einer der Clar’catt hatte ihr kaum seinen Stachel ins Fleisch gebohrt, als Neria ihn bereits mit ihrer flachen Hand wegstieß und mit einem festen Schlag auf Jahanilas schuppiger Haut zerdrückte. Dunkles Blut und Teile der silbrig glänzenden Flügel blieben in ihrer Handfläche kleben. Zwei weitere Clar’catt schwirrten um Enris’ Kopf. Er schüttelte sich angewidert und schlug einen von ihnen fort. Der andere tauchte unter seiner Hand hinweg und bohrte seinen Stachel in das Fleisch der Drachenfrau, die schmerzerfüllt aufstöhnte. Enris erschlug das Insekt und stieß einen erschrockenen Schrei aus, als er mit einem Mal nach vorne und gegen Nerias Rücken rutschte. Der Boden, diesmal bedeckt von einer Vielzahl toter Maugrim und Serephinkrieger, kam ihm so schnell entgegen, dass er glaubte, sein Herz würde aussetzen. Dann fiel er von Jahanilas Rücken und schlug hart im Gras auf. Schmerz schoss durch seine Hüfte. Neben sich sah er den zerfetzten Leichnam eines Serephinkriegers liegen. Der Tote hielt noch immer eine schlanke Schwertklinge in seiner Hand.
Enris rappelte sich auf, und weiterer Schmerz fuhr durch seine linke Seite. Mehrere Clar’catt sausten pfeilschnell auf ihn zu, doch bevor sie ihn erreichen konnten, schnappte Jahanilas Rachen dicht vor ihm zu und fing sie im Flug. Mit einem malmenden Geräusch ihrer Kiefer zerquetschte sie die sich wild wehrenden Maugrim und spie sie angewidert aus. Enris bemerkte, dass ihre Hinterbeine eingeknickt waren. Ihr Schwanz lag beinahe völlig abgetrennt hinter ihr auf dem Boden. Neria kniete neben ihr. Um die Serephinfrau und die beiden Temari herum fochten die übrig gebliebenen Krieger mit dem Mut der Verzweiflung gegen die weiter anstürmenden Maugrimkäfer an.
»Da ist Alcarasán!«, schrie Jahanila mit dröhnend tiefer Stimme. Ihr Hals streckte sich weit vor, und sie versuchte, sich gänzlich vom Boden zu erheben, aber es wollte ihr nicht glücken. Enris fuhr herum und sah in die Richtung, in die Jahanila blickte. Sofort erkannte er den Feuerpriester, der ihm noch vor kurzem nach dem Leben getrachtet hatte. Ein Maugrim drückte ihn mit einem seiner Beine zu Boden. Alcarasáns Arme ruderten hilflos durch die Luft. Keiner der Serephin in seiner Nähe achtete auf ihn, alle waren damit beschäftigt, sich weitere Angreifer vom Leib zu halten.
Enris handelte ohne lange nachzudenken. Seine Angst vor den unheimlichen Wesen hatte einer harten Entschlossenheit Platz gemacht, die er seit dem Kampf in der Zisterne erworben hatte, und die ihm bisher kaum bewusst geworden war. Egal wie entsetzlich diese riesigen Käfer aussehen mochten – sie waren keine Götter. Man konnte ihnen Wunden zufügen. Man konnte sie töten. Er packte das Schwert des toten Serephin zu
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